sich über dem Horizont erhoben, und ihr zerschnit- tenes Bild durch die Sommerläden von Latten zu meinem Fenster hinein schickte. Die Harfe tönte fort, die Kinder erwachten eins nach dem andern. Der Pfarrer hatte ein kleines Chor seiner besten Stimmen im Orte unter unsern Fenstern in der Laube versammelt, er selber spielte das positiv im untern Zimmer, und die Knaben sangen das Chor aus Schulz'ens Athalia: Laut durch die Welten tönt Jehova's großer Name, etc. Die Kin- der waren außer sich, und Deine Freundin mußte sich durch stilles Weinen entladen.
Wir kleideten uns schnell an, und flogen hinun- ter in den Saal, wo das Positiv steht. Der Pfarrer, Deborah und Betty erwarteten uns zu einem schönen Frübstück, das Mutter und Tochter bereitet hatten. Der Saal war mit frischen Krän- zen geziert. Die Sänger draußen wurden gleich- falls bewirthet, und unsere Kinder liefen hinaus, den Singvögeln Krumen unter die Bäume und auf den Rasen zu streuen; dann wurden unter dem andern Fenster, das auf den Hof sieht, die
ſich über dem Horizont erhoben, und ihr zerſchnit- tenes Bild durch die Sommerläden von Latten zu meinem Fenſter hinein ſchickte. Die Harfe tönte fort, die Kinder erwachten eins nach dem andern. Der Pfarrer hatte ein kleines Chor ſeiner beſten Stimmen im Orte unter unſern Fenſtern in der Laube verſammelt, er ſelber ſpielte das poſitiv im untern Zimmer, und die Knaben ſangen das Chor aus Schulz’ens Athalia: Laut durch die Welten tönt Jehova’s großer Name, ꝛc. Die Kin- der waren außer ſich, und Deine Freundin mußte ſich durch ſtilles Weinen entladen.
Wir kleideten uns ſchnell an, und flogen hinun- ter in den Saal, wo das Poſitiv ſteht. Der Pfarrer, Deborah und Betty erwarteten uns zu einem ſchönen Frübſtück, das Mutter und Tochter bereitet hatten. Der Saal war mit friſchen Krän- zen geziert. Die Sänger draußen wurden gleich- falls bewirthet, und unſere Kinder liefen hinaus, den Singvögeln Krumen unter die Bäume und auf den Raſen zu ſtreuen; dann wurden unter dem andern Fenſter, das auf den Hof ſieht, die
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ſich über dem Horizont erhoben, und ihr zerſchnit-
tenes Bild durch die Sommerläden von Latten zu
meinem Fenſter hinein ſchickte. Die Harfe tönte
fort, die Kinder erwachten eins nach dem andern.
Der Pfarrer hatte ein kleines Chor ſeiner beſten
Stimmen im Orte unter unſern Fenſtern in der
Laube verſammelt, er ſelber ſpielte das poſitiv
im untern Zimmer, und die Knaben ſangen das
Chor aus Schulz’ens Athalia: Laut durch die
Welten tönt Jehova’s großer Name, ꝛc. Die Kin-
der waren außer ſich, und Deine Freundin mußte
ſich durch ſtilles Weinen entladen.
Wir kleideten uns ſchnell an, und flogen hinun-
ter in den Saal, wo das Poſitiv ſteht. Der
Pfarrer, Deborah und Betty erwarteten uns zu
einem ſchönen Frübſtück, das Mutter und Tochter
bereitet hatten. Der Saal war mit friſchen Krän-
zen geziert. Die Sänger draußen wurden gleich-
falls bewirthet, und unſere Kinder liefen hinaus,
den Singvögeln Krumen unter die Bäume und
auf den Raſen zu ſtreuen; dann wurden unter
dem andern Fenſter, das auf den Hof ſieht, die
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/16>, abgerufen am 21.11.2024.
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