Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.zensreinheit nothdürftig deckt. Jch sage noth- dürftig -- denn ihr könnet sie nur lehren, über ihre Worte zu wachen -- und wenn ihr der Zunge solchen Zaum auch glücklich angelegt habt -- kön- net ihr auch das Schalksauge wieder zum Engels- auge umschaffen -- könnet ihr die heilige Blume der Schaam wieder aufblühen machen, wenn sie einmal welkend hinabgesunken ist? -- O Mütter! Mütter! bewahrt euren Töchtern das goldne Kleinod des Herzens! Verzeihe liebste Emma -- ich weiß ja, daß Du solches Zurufes nicht bedarfst, aber mir ist es oft auf Augenblicke, als sey ich vom Him- mel bestellt, es allen jungen Müttern zuzurufen, welch ein göttliches Leben das Leben schuldloser Jugend sey, und wie es keinen höhern Triumph des Mutterherzens geben könne, als ihre Tochter in solcher Lilienreinheit aufblühen zu sehen. Lebe wohl, theure Emma. Diesen Triumph zensreinheit nothdürftig deckt. Jch ſage noth- dürftig — denn ihr könnet ſie nur lehren, über ihre Worte zu wachen — und wenn ihr der Zunge ſolchen Zaum auch glücklich angelegt habt — kön- net ihr auch das Schalksauge wieder zum Engels- auge umſchaffen — könnet ihr die heilige Blume der Schaam wieder aufblühen machen, wenn ſie einmal welkend hinabgeſunken iſt? — O Mütter! Mütter! bewahrt euren Töchtern das goldne Kleinod des Herzens! Verzeihe liebſte Emma — ich weiß ja, daß Du ſolches Zurufes nicht bedarfſt, aber mir iſt es oft auf Augenblicke, als ſey ich vom Him- mel beſtellt, es allen jungen Müttern zuzurufen, welch ein göttliches Leben das Leben ſchuldloſer Jugend ſey, und wie es keinen höhern Triumph des Mutterherzens geben könne, als ihre Tochter in ſolcher Lilienreinheit aufblühen zu ſehen. Lebe wohl, theure Emma. Dieſen Triumph <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0222" n="214"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> zensreinheit nothdürftig deckt. Jch ſage noth-<lb/> dürftig — denn ihr könnet ſie nur lehren, über<lb/> ihre Worte zu wachen — und wenn ihr der Zunge<lb/> ſolchen Zaum auch glücklich angelegt habt — kön-<lb/> net ihr auch das Schalksauge wieder zum Engels-<lb/> auge umſchaffen — könnet ihr die heilige Blume<lb/> der Schaam wieder aufblühen machen, wenn ſie<lb/> einmal welkend hinabgeſunken iſt? — O Mütter!<lb/> Mütter! bewahrt euren Töchtern das goldne Kleinod<lb/> des Herzens! Verzeihe liebſte Emma — ich weiß ja,<lb/> daß Du ſolches Zurufes nicht bedarfſt, aber mir<lb/> iſt es oft auf Augenblicke, als ſey ich vom Him-<lb/> mel beſtellt, es allen jungen Müttern zuzurufen,<lb/> welch ein göttliches Leben das Leben ſchuldloſer<lb/> Jugend ſey, und wie es keinen höhern Triumph<lb/> des Mutterherzens geben könne, als ihre Tochter<lb/> in ſolcher Lilienreinheit aufblühen zu ſehen.</p><lb/> <p>Lebe wohl, theure Emma. Dieſen Triumph<lb/> wirſt Du haben, wenn Du Jda in Deine Arme<lb/> ſchließeſt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [214/0222]
zensreinheit nothdürftig deckt. Jch ſage noth-
dürftig — denn ihr könnet ſie nur lehren, über
ihre Worte zu wachen — und wenn ihr der Zunge
ſolchen Zaum auch glücklich angelegt habt — kön-
net ihr auch das Schalksauge wieder zum Engels-
auge umſchaffen — könnet ihr die heilige Blume
der Schaam wieder aufblühen machen, wenn ſie
einmal welkend hinabgeſunken iſt? — O Mütter!
Mütter! bewahrt euren Töchtern das goldne Kleinod
des Herzens! Verzeihe liebſte Emma — ich weiß ja,
daß Du ſolches Zurufes nicht bedarfſt, aber mir
iſt es oft auf Augenblicke, als ſey ich vom Him-
mel beſtellt, es allen jungen Müttern zuzurufen,
welch ein göttliches Leben das Leben ſchuldloſer
Jugend ſey, und wie es keinen höhern Triumph
des Mutterherzens geben könne, als ihre Tochter
in ſolcher Lilienreinheit aufblühen zu ſehen.
Lebe wohl, theure Emma. Dieſen Triumph
wirſt Du haben, wenn Du Jda in Deine Arme
ſchließeſt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/222 |
Zitationshilfe: | Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/222>, abgerufen am 16.02.2025. |