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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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Jch erzählte ihr nun, wie nach dem Regen noch
viel schönere Blumen aufblühen würden, und wie
nun alles wieder frisch würde, was gestern welk
und traurig herabhing. Das Kind ward so hei-
ter, als ob es sich selbst mit der ganzen Natur er-
quickt fühlte. Es holte sein kleines Spielzeug,
setzte sich ganz ruhig damit zu mir, und verlangte
nicht mehr nach dem Garten, bis die Nachmit-
tagssonne alle Regenwolken aus Westen vertrieben
hatte. Wir gingen hinaus. Da stand nun in
Osten ein Regenbogen, so herrlich als ich je einen
gesehen. Seraphine lief zu allen Blumen, als
wollte sie mit einer jeden reden. Mutter, liebe
Mutter, wie schön sind die Blumen aufgeblühet!
Jch überließ das Kind ganz sich selbst, und winkte
auch den andern, zu ihrer Freude nichts hinzuzu-
thun, damit sie rein ihr Eigenthum bleibe, und
nichts Gegebenes würde. Bald fiel Seraphinens
Blick auf den Himmel, und sie sah den gewalti-
gen Bogen. O Mutter! Mutter! sieh, ein gros-
ses buntes Thor am Himmel! Seraphine gern da-
hinein will, rief das Kind. Deine erste Mutter
ist dahinein gegangen, sprach ich, des Kindes

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Jch erzählte ihr nun, wie nach dem Regen noch
viel ſchönere Blumen aufblühen würden, und wie
nun alles wieder friſch würde, was geſtern welk
und traurig herabhing. Das Kind ward ſo hei-
ter, als ob es ſich ſelbſt mit der ganzen Natur er-
quickt fühlte. Es holte ſein kleines Spielzeug,
ſetzte ſich ganz ruhig damit zu mir, und verlangte
nicht mehr nach dem Garten, bis die Nachmit-
tagsſonne alle Regenwolken aus Weſten vertrieben
hatte. Wir gingen hinaus. Da ſtand nun in
Oſten ein Regenbogen, ſo herrlich als ich je einen
geſehen. Seraphine lief zu allen Blumen, als
wollte ſie mit einer jeden reden. Mutter, liebe
Mutter, wie ſchön ſind die Blumen aufgeblühet!
Jch überließ das Kind ganz ſich ſelbſt, und winkte
auch den andern, zu ihrer Freude nichts hinzuzu-
thun, damit ſie rein ihr Eigenthum bleibe, und
nichts Gegebenes würde. Bald fiel Seraphinens
Blick auf den Himmel, und ſie ſah den gewalti-
gen Bogen. O Mutter! Mutter! ſieh, ein groſ-
ſes buntes Thor am Himmel! Seraphine gern da-
hinein will, rief das Kind. Deine erſte Mutter
iſt dahinein gegangen, ſprach ich, des Kindes

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[249/0257] Jch erzählte ihr nun, wie nach dem Regen noch viel ſchönere Blumen aufblühen würden, und wie nun alles wieder friſch würde, was geſtern welk und traurig herabhing. Das Kind ward ſo hei- ter, als ob es ſich ſelbſt mit der ganzen Natur er- quickt fühlte. Es holte ſein kleines Spielzeug, ſetzte ſich ganz ruhig damit zu mir, und verlangte nicht mehr nach dem Garten, bis die Nachmit- tagsſonne alle Regenwolken aus Weſten vertrieben hatte. Wir gingen hinaus. Da ſtand nun in Oſten ein Regenbogen, ſo herrlich als ich je einen geſehen. Seraphine lief zu allen Blumen, als wollte ſie mit einer jeden reden. Mutter, liebe Mutter, wie ſchön ſind die Blumen aufgeblühet! Jch überließ das Kind ganz ſich ſelbſt, und winkte auch den andern, zu ihrer Freude nichts hinzuzu- thun, damit ſie rein ihr Eigenthum bleibe, und nichts Gegebenes würde. Bald fiel Seraphinens Blick auf den Himmel, und ſie ſah den gewalti- gen Bogen. O Mutter! Mutter! ſieh, ein groſ- ſes buntes Thor am Himmel! Seraphine gern da- hinein will, rief das Kind. Deine erſte Mutter iſt dahinein gegangen, ſprach ich, des Kindes (32)

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/257>, abgerufen am 21.11.2024.