Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite



vor welchem sich alle erziehende Menschen, die
der Sache mit Seele und Sinn ergeben sind, wohl
zu verwahren haben, weil es den, welcher es
bringt, arm macht, ohne die zu bereichern, denen
es gebracht wird; ja, müssen nicht eben diese von
der Geistesbeschränkung, von der Nichtliberalität
ihrer Bilder nothwendig am meisten leiden? Und
wenn ich in diesem Sinne mehr geopfert, als ich
selbst weiß, so bitte ich, mich weder dafür zu lo-
ben, noch zu tadeln, sondern -- freundlich zu be-
dauern. Bedauern? -- nein auch das nicht: denn
wie reichlich wird uns alles vergolten, und wo ist
ein schöneres Leben für das weibliche Herz als un-
ter Kindern? Wie labt und erquickt uns der Gar-
ten der Unschuld und Freude, den wir, wir selbst
besorgen. Spreche mir also keins mehr von den
Opfern, die ich wissend oder unwissend bringe.
Tausend und tausend duftende Blüthen lohnen der
Gärtnerin sorgende Liebe. Ob Elvire mich ganz
begriff, weiß ich nicht. Du, theure Emma, verste-
hest mich ganz, deß bin ich gewiß: auch Dein Le-
bensstrom fließt ja durch diese Paradiesesauen.

Jch darf heute nichts mehr hinzusetzen. Näch-



vor welchem ſich alle erziehende Menſchen, die
der Sache mit Seele und Sinn ergeben ſind, wohl
zu verwahren haben, weil es den, welcher es
bringt, arm macht, ohne die zu bereichern, denen
es gebracht wird; ja, müſſen nicht eben dieſe von
der Geiſtesbeſchränkung, von der Nichtliberalität
ihrer Bilder nothwendig am meiſten leiden? Und
wenn ich in dieſem Sinne mehr geopfert, als ich
ſelbſt weiß, ſo bitte ich, mich weder dafür zu lo-
ben, noch zu tadeln, ſondern — freundlich zu be-
dauern. Bedauern? — nein auch das nicht: denn
wie reichlich wird uns alles vergolten, und wo iſt
ein ſchöneres Leben für das weibliche Herz als un-
ter Kindern? Wie labt und erquickt uns der Gar-
ten der Unſchuld und Freude, den wir, wir ſelbſt
beſorgen. Spreche mir alſo keins mehr von den
Opfern, die ich wiſſend oder unwiſſend bringe.
Tauſend und tauſend duftende Blüthen lohnen der
Gärtnerin ſorgende Liebe. Ob Elvire mich ganz
begriff, weiß ich nicht. Du, theure Emma, verſte-
heſt mich ganz, deß bin ich gewiß: auch Dein Le-
bensſtrom fließt ja durch dieſe Paradieſesauen.

Jch darf heute nichts mehr hinzuſetzen. Näch-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0261" n="253"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
vor welchem &#x017F;ich alle erziehende Men&#x017F;chen, die<lb/>
der Sache mit Seele und Sinn ergeben &#x017F;ind, wohl<lb/>
zu verwahren haben, weil es den, welcher es<lb/>
bringt, arm macht, ohne die zu bereichern, denen<lb/>
es gebracht wird; ja, mü&#x017F;&#x017F;en nicht eben die&#x017F;e von<lb/>
der Gei&#x017F;tesbe&#x017F;chränkung, von der Nichtliberalität<lb/>
ihrer Bilder nothwendig am mei&#x017F;ten leiden? Und<lb/>
wenn ich in die&#x017F;em Sinne mehr geopfert, als ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t weiß, &#x017F;o bitte ich, mich weder dafür zu lo-<lb/>
ben, noch zu tadeln, &#x017F;ondern &#x2014; freundlich zu be-<lb/>
dauern. Bedauern? &#x2014; nein auch das nicht: denn<lb/>
wie reichlich wird uns alles vergolten, und wo i&#x017F;t<lb/>
ein &#x017F;chöneres Leben für das weibliche Herz als un-<lb/>
ter Kindern? Wie labt und erquickt uns der Gar-<lb/>
ten der Un&#x017F;chuld und Freude, den wir, wir &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
be&#x017F;orgen. Spreche mir al&#x017F;o keins mehr von den<lb/>
Opfern, die ich wi&#x017F;&#x017F;end oder unwi&#x017F;&#x017F;end bringe.<lb/>
Tau&#x017F;end und tau&#x017F;end duftende Blüthen lohnen der<lb/>
Gärtnerin &#x017F;orgende Liebe. Ob Elvire mich ganz<lb/>
begriff, weiß ich nicht. Du, theure Emma, ver&#x017F;te-<lb/>
he&#x017F;t mich ganz, deß bin ich gewiß: auch Dein Le-<lb/>
bens&#x017F;trom fließt ja durch die&#x017F;e Paradie&#x017F;esauen.</p><lb/>
          <p>Jch darf heute nichts mehr hinzu&#x017F;etzen. Näch-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0261] vor welchem ſich alle erziehende Menſchen, die der Sache mit Seele und Sinn ergeben ſind, wohl zu verwahren haben, weil es den, welcher es bringt, arm macht, ohne die zu bereichern, denen es gebracht wird; ja, müſſen nicht eben dieſe von der Geiſtesbeſchränkung, von der Nichtliberalität ihrer Bilder nothwendig am meiſten leiden? Und wenn ich in dieſem Sinne mehr geopfert, als ich ſelbſt weiß, ſo bitte ich, mich weder dafür zu lo- ben, noch zu tadeln, ſondern — freundlich zu be- dauern. Bedauern? — nein auch das nicht: denn wie reichlich wird uns alles vergolten, und wo iſt ein ſchöneres Leben für das weibliche Herz als un- ter Kindern? Wie labt und erquickt uns der Gar- ten der Unſchuld und Freude, den wir, wir ſelbſt beſorgen. Spreche mir alſo keins mehr von den Opfern, die ich wiſſend oder unwiſſend bringe. Tauſend und tauſend duftende Blüthen lohnen der Gärtnerin ſorgende Liebe. Ob Elvire mich ganz begriff, weiß ich nicht. Du, theure Emma, verſte- heſt mich ganz, deß bin ich gewiß: auch Dein Le- bensſtrom fließt ja durch dieſe Paradieſesauen. Jch darf heute nichts mehr hinzuſetzen. Näch-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/261
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/261>, abgerufen am 21.11.2024.