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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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Nun Bruder, das Feuer soll also auf Erden
bleiben, und wir wollen ihm nichts als das nöthi-
ge Brennholz so nahe legen, daß es zünden könne.
Jetzt kam der Lehrer der Physik, und es traf heute
gerade den Anfang der Lehre vom Feuer. Das
ward heute eine besonders interessante Stunde;
wie denn die Physik überhaupt unser junges Völk-
lein sehr anzieht. Fast eben so lieb ist ihnen die
Antropologie, die derselbe Lehrer seit einigen Mo-
naten vorträgt. Aber welche Geistesübung würde
diesem Häuflein nicht zur Freude? O komm doch
und hilf uns glücklich seyn!

Noch gab es keinen kleinen Unfall in unserm Le-
ben, der nicht Quelle des Vergnügens geworden
wäre. Aber wie gnädig haben auch die Himmli-
schen uns mit jedem größern Übel verschont! O in
der Zeit der allgemeinen Bedrängniß ist es oft, als
sollte man sich schämen, so glücklich zu seyn! We-
nigstens soll man sich und die Seinen stark machen,
und wohl bewaffnen gegen alles, was kommen
kann. Wer hat das festeste Schild gegen alles,
als der, der das Leben und seine Freuden nicht



Nun Bruder, das Feuer ſoll alſo auf Erden
bleiben, und wir wollen ihm nichts als das nöthi-
ge Brennholz ſo nahe legen, daß es zünden könne.
Jetzt kam der Lehrer der Phyſik, und es traf heute
gerade den Anfang der Lehre vom Feuer. Das
ward heute eine beſonders intereſſante Stunde;
wie denn die Phyſik überhaupt unſer junges Völk-
lein ſehr anzieht. Faſt eben ſo lieb iſt ihnen die
Antropologie, die derſelbe Lehrer ſeit einigen Mo-
naten vorträgt. Aber welche Geiſtesübung würde
dieſem Häuflein nicht zur Freude? O komm doch
und hilf uns glücklich ſeyn!

Noch gab es keinen kleinen Unfall in unſerm Le-
ben, der nicht Quelle des Vergnügens geworden
wäre. Aber wie gnädig haben auch die Himmli-
ſchen uns mit jedem größern Übel verſchont! O in
der Zeit der allgemeinen Bedrängniß iſt es oft, als
ſollte man ſich ſchämen, ſo glücklich zu ſeyn! We-
nigſtens ſoll man ſich und die Seinen ſtark machen,
und wohl bewaffnen gegen alles, was kommen
kann. Wer hat das feſteſte Schild gegen alles,
als der, der das Leben und ſeine Freuden nicht

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[276/0284] Nun Bruder, das Feuer ſoll alſo auf Erden bleiben, und wir wollen ihm nichts als das nöthi- ge Brennholz ſo nahe legen, daß es zünden könne. Jetzt kam der Lehrer der Phyſik, und es traf heute gerade den Anfang der Lehre vom Feuer. Das ward heute eine beſonders intereſſante Stunde; wie denn die Phyſik überhaupt unſer junges Völk- lein ſehr anzieht. Faſt eben ſo lieb iſt ihnen die Antropologie, die derſelbe Lehrer ſeit einigen Mo- naten vorträgt. Aber welche Geiſtesübung würde dieſem Häuflein nicht zur Freude? O komm doch und hilf uns glücklich ſeyn! Noch gab es keinen kleinen Unfall in unſerm Le- ben, der nicht Quelle des Vergnügens geworden wäre. Aber wie gnädig haben auch die Himmli- ſchen uns mit jedem größern Übel verſchont! O in der Zeit der allgemeinen Bedrängniß iſt es oft, als ſollte man ſich ſchämen, ſo glücklich zu ſeyn! We- nigſtens ſoll man ſich und die Seinen ſtark machen, und wohl bewaffnen gegen alles, was kommen kann. Wer hat das feſteſte Schild gegen alles, als der, der das Leben und ſeine Freuden nicht

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/284>, abgerufen am 21.11.2024.