Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.tov gesehen, scheint er sich zu bescheiden, und ich glaube oft auf seinem Gesichte zu lesen, daß er nur ihn von den Sternen begünstigt hält, Jda zu erringen. Wie hätte er sich sonst auch zu Clär- chens Begleiter anbieten können, wie er doch ge- than! Hatte er sich doch auf die Reise durch die Schweiz mit der ganzen Kolonie so lange gefreut! Jch mag ihn auch gar nicht fragen, ob er wieder zu uns kommt, oder ob er mit Freund Willich und seinen Töchtern in Genf bleibt? Jch fürchte, eine wunde Stelle zu berühren. Die Trennung Seraphinens von uns habe ich schon mehrere Ta- ge vorbereitet, daß ich sie viel mit Clärchen seyn ließ, und auch Platov bat, weniger mit ihr zu spielen, als, seit er bei uns ist, immer geschehen. Während wir reis'ten, habe ich sie abwechselnd bald in dem einen, bald in dem andern Reisewagen sitzen lassen, damit sie sich an keine Gesellschaft zu ausschließend gewöhnen möchte. Die Gründe, warum ich sie zurücksende, lassen sich dem noch zu jungen Kinde nicht begreiflich machen. Sie muß also von uns getrennt seyn, ohne es einmal zu wissen. Wenn wir morgen früh ausreisen, muß tov geſehen, ſcheint er ſich zu beſcheiden, und ich glaube oft auf ſeinem Geſichte zu leſen, daß er nur ihn von den Sternen begünſtigt hält, Jda zu erringen. Wie hätte er ſich ſonſt auch zu Clär- chens Begleiter anbieten können, wie er doch ge- than! Hatte er ſich doch auf die Reiſe durch die Schweiz mit der ganzen Kolonie ſo lange gefreut! Jch mag ihn auch gar nicht fragen, ob er wieder zu uns kommt, oder ob er mit Freund Willich und ſeinen Töchtern in Genf bleibt? Jch fürchte, eine wunde Stelle zu berühren. Die Trennung Seraphinens von uns habe ich ſchon mehrere Ta- ge vorbereitet, daß ich ſie viel mit Clärchen ſeyn ließ, und auch Platov bat, weniger mit ihr zu ſpielen, als, ſeit er bei uns iſt, immer geſchehen. Während wir reiſ’ten, habe ich ſie abwechſelnd bald in dem einen, bald in dem andern Reiſewagen ſitzen laſſen, damit ſie ſich an keine Geſellſchaft zu ausſchließend gewöhnen möchte. Die Gründe, warum ich ſie zurückſende, laſſen ſich dem noch zu jungen Kinde nicht begreiflich machen. Sie muß alſo von uns getrennt ſeyn, ohne es einmal zu wiſſen. Wenn wir morgen früh ausreiſen, muß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0307" n="299"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> tov geſehen, ſcheint er ſich zu beſcheiden, und ich<lb/> glaube oft auf ſeinem Geſichte zu leſen, daß er<lb/> nur ihn von den Sternen begünſtigt hält, Jda<lb/> zu erringen. Wie hätte er ſich ſonſt auch zu Clär-<lb/> chens Begleiter anbieten können, wie er doch ge-<lb/> than! Hatte er ſich doch auf die Reiſe durch die<lb/> Schweiz mit der ganzen Kolonie ſo lange gefreut!<lb/> Jch mag ihn auch gar nicht fragen, ob er wieder<lb/> zu uns kommt, oder ob er mit Freund Willich<lb/> und ſeinen Töchtern in Genf bleibt? Jch fürchte,<lb/> eine wunde Stelle zu berühren. Die Trennung<lb/> Seraphinens von uns habe ich ſchon mehrere Ta-<lb/> ge vorbereitet, daß ich ſie viel mit Clärchen ſeyn<lb/> ließ, und auch Platov bat, weniger mit ihr zu<lb/> ſpielen, als, ſeit er bei uns iſt, immer geſchehen.<lb/> Während wir reiſ’ten, habe ich ſie abwechſelnd bald<lb/> in dem einen, bald in dem andern Reiſewagen<lb/> ſitzen laſſen, damit ſie ſich an keine Geſellſchaft<lb/> zu ausſchließend gewöhnen möchte. Die Gründe,<lb/> warum ich ſie zurückſende, laſſen ſich dem noch zu<lb/> jungen Kinde nicht begreiflich machen. Sie muß<lb/> alſo von uns getrennt ſeyn, ohne es einmal zu<lb/> wiſſen. Wenn wir morgen früh ausreiſen, muß<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [299/0307]
tov geſehen, ſcheint er ſich zu beſcheiden, und ich
glaube oft auf ſeinem Geſichte zu leſen, daß er
nur ihn von den Sternen begünſtigt hält, Jda
zu erringen. Wie hätte er ſich ſonſt auch zu Clär-
chens Begleiter anbieten können, wie er doch ge-
than! Hatte er ſich doch auf die Reiſe durch die
Schweiz mit der ganzen Kolonie ſo lange gefreut!
Jch mag ihn auch gar nicht fragen, ob er wieder
zu uns kommt, oder ob er mit Freund Willich
und ſeinen Töchtern in Genf bleibt? Jch fürchte,
eine wunde Stelle zu berühren. Die Trennung
Seraphinens von uns habe ich ſchon mehrere Ta-
ge vorbereitet, daß ich ſie viel mit Clärchen ſeyn
ließ, und auch Platov bat, weniger mit ihr zu
ſpielen, als, ſeit er bei uns iſt, immer geſchehen.
Während wir reiſ’ten, habe ich ſie abwechſelnd bald
in dem einen, bald in dem andern Reiſewagen
ſitzen laſſen, damit ſie ſich an keine Geſellſchaft
zu ausſchließend gewöhnen möchte. Die Gründe,
warum ich ſie zurückſende, laſſen ſich dem noch zu
jungen Kinde nicht begreiflich machen. Sie muß
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wiſſen. Wenn wir morgen früh ausreiſen, muß
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