bender. Für solche gibt es außer dem Schicksale keine Erzieher. Jm Kampfe mit diesem müssen seine Kräfte ringen, und entweder siegen oder untergehen. Jetzt hoffe ich von der kleinen Ama- zone noch alles. Lebe wohl, Emma!
Sechs und achtzigster Brief.
Die sechs glücklichen Menschen wollen Dir selbst ein Stück aus ihrem Triumphgesange vorsingen. Mögen sie schreiben, wenn sie können! Tags wenn es schön ist, schweifen die drei Pärchen um- her, Mittags und Abends sammeln sie sich wieder bei mir, um -- in unser aller Gesellschaft des vollkommensten Alleinseyns zu genießen. Gespeis't wird im Nu, und dann meynen sie etwas recht's gethan zu haben, wenn sie, tief in einander ver- loren, bei uns sitzen bleiben. Hertha meynte, sie wollte in ihrem Leben so nicht lieben, daß alle andere Menschen dabei zu kurz kämen. "Kann man doch kaum alle Tage einen gnädigen Blick
(47)
bender. Für ſolche gibt es außer dem Schickſale keine Erzieher. Jm Kampfe mit dieſem müſſen ſeine Kräfte ringen, und entweder ſiegen oder untergehen. Jetzt hoffe ich von der kleinen Ama- zone noch alles. Lebe wohl, Emma!
Sechs und achtzigſter Brief.
Die ſechs glücklichen Menſchen wollen Dir ſelbſt ein Stück aus ihrem Triumphgeſange vorſingen. Mögen ſie ſchreiben, wenn ſie können! Tags wenn es ſchön iſt, ſchweifen die drei Pärchen um- her, Mittags und Abends ſammeln ſie ſich wieder bei mir, um — in unſer aller Geſellſchaft des vollkommenſten Alleinſeyns zu genießen. Geſpeiſ’t wird im Nu, und dann meynen ſie etwas recht’s gethan zu haben, wenn ſie, tief in einander ver- loren, bei uns ſitzen bleiben. Hertha meynte, ſie wollte in ihrem Leben ſo nicht lieben, daß alle andere Menſchen dabei zu kurz kämen. „Kann man doch kaum alle Tage einen gnädigen Blick
(47)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0377"n="369"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
bender. Für ſolche gibt es außer dem Schickſale<lb/>
keine Erzieher. Jm Kampfe mit dieſem müſſen<lb/>ſeine Kräfte ringen, und entweder ſiegen oder<lb/>
untergehen. Jetzt hoffe ich von der kleinen Ama-<lb/>
zone noch alles. Lebe wohl, Emma!</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#g">Sechs und achtzigſter Brief</hi>.</head><lb/><p>Die ſechs glücklichen Menſchen wollen Dir ſelbſt<lb/>
ein Stück aus ihrem Triumphgeſange vorſingen.<lb/>
Mögen ſie ſchreiben, wenn ſie können! Tags<lb/>
wenn es ſchön iſt, ſchweifen die drei Pärchen um-<lb/>
her, Mittags und Abends ſammeln ſie ſich wieder<lb/>
bei mir, um — in unſer aller Geſellſchaft des<lb/>
vollkommenſten Alleinſeyns zu genießen. Geſpeiſ’t<lb/>
wird im Nu, und dann meynen ſie etwas recht’s<lb/>
gethan zu haben, wenn ſie, tief in einander ver-<lb/>
loren, bei uns ſitzen bleiben. Hertha meynte,<lb/>ſie wollte in ihrem Leben ſo nicht lieben, daß<lb/>
alle andere Menſchen dabei zu kurz kämen. „Kann<lb/>
man doch kaum alle Tage <hirendition="#g">einen</hi> gnädigen Blick<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(47)</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[369/0377]
bender. Für ſolche gibt es außer dem Schickſale
keine Erzieher. Jm Kampfe mit dieſem müſſen
ſeine Kräfte ringen, und entweder ſiegen oder
untergehen. Jetzt hoffe ich von der kleinen Ama-
zone noch alles. Lebe wohl, Emma!
Sechs und achtzigſter Brief.
Die ſechs glücklichen Menſchen wollen Dir ſelbſt
ein Stück aus ihrem Triumphgeſange vorſingen.
Mögen ſie ſchreiben, wenn ſie können! Tags
wenn es ſchön iſt, ſchweifen die drei Pärchen um-
her, Mittags und Abends ſammeln ſie ſich wieder
bei mir, um — in unſer aller Geſellſchaft des
vollkommenſten Alleinſeyns zu genießen. Geſpeiſ’t
wird im Nu, und dann meynen ſie etwas recht’s
gethan zu haben, wenn ſie, tief in einander ver-
loren, bei uns ſitzen bleiben. Hertha meynte,
ſie wollte in ihrem Leben ſo nicht lieben, daß
alle andere Menſchen dabei zu kurz kämen. „Kann
man doch kaum alle Tage einen gnädigen Blick
(47)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/377>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.