Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.den verfließen, und die mittheilende Gegenwart schon zur Vergangenheit geworden, ehe das Mit- getheilte die Freundin erreicht. Einen Vorzug hat freilich der schriftliche Gedankenaustausch, wie Du behauptest, vor dem mündlichen, nemlich das Bleibende alles Geschriebenen. "Es ist doch eine schöne Zauberey, durch die der flüchtige Geist aufs Papier gebannt wird, der im Hauch des gespro- chenen Wortes zu schnell verflattert," so lese ich in Deinem Briefe, in welchem Du das nahe Ende unsers Briefwechsels bedauerst. Jch kann Dir nicht ganz unrecht geben. Die Aufnahme welche meine Briefe bei Dir gefunden, könnte mich stolz machen, wenn ich Deine liebe Partheilichkeit für mich nicht kennte. Nur der Gedanke an den Druck dieser Briefe, welchen Dein Gemal so sehr wünscht, der Gedanke will mir noch nicht lieb werden. Euer Plan, euch hier bei uns anzu- bauen, hat meinen vollen Beifall, durch ihn wer- den fast alle meine Wünsche für die Gegenwart erfüllt. Kathinka und Virginia werden sich mit meinem Häuflein bald befreunden. Milly sogar freut sich mit Seraphine um die Wette, und kann den verfließen, und die mittheilende Gegenwart ſchon zur Vergangenheit geworden, ehe das Mit- getheilte die Freundin erreicht. Einen Vorzug hat freilich der ſchriftliche Gedankenaustauſch, wie Du behaupteſt, vor dem mündlichen, nemlich das Bleibende alles Geſchriebenen. „Es iſt doch eine ſchöne Zauberey, durch die der flüchtige Geiſt aufs Papier gebannt wird, der im Hauch des geſpro- chenen Wortes zu ſchnell verflattert,‟ ſo leſe ich in Deinem Briefe, in welchem Du das nahe Ende unſers Briefwechſels bedauerſt. Jch kann Dir nicht ganz unrecht geben. Die Aufnahme welche meine Briefe bei Dir gefunden, könnte mich ſtolz machen, wenn ich Deine liebe Partheilichkeit für mich nicht kennte. Nur der Gedanke an den Druck dieſer Briefe, welchen Dein Gemal ſo ſehr wünſcht, der Gedanke will mir noch nicht lieb werden. Euer Plan, euch hier bei uns anzu- bauen, hat meinen vollen Beifall, durch ihn wer- den faſt alle meine Wünſche für die Gegenwart erfüllt. Kathinka und Virginia werden ſich mit meinem Häuflein bald befreunden. Milly ſogar freut ſich mit Seraphine um die Wette, und kann <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0384" n="376"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> den verfließen, und die mittheilende Gegenwart<lb/> ſchon zur Vergangenheit geworden, ehe das Mit-<lb/> getheilte die Freundin erreicht. Einen Vorzug<lb/> hat freilich der ſchriftliche Gedankenaustauſch, wie<lb/> Du behaupteſt, vor dem mündlichen, nemlich das<lb/> Bleibende alles Geſchriebenen. „Es iſt doch eine<lb/> ſchöne Zauberey, durch die der flüchtige Geiſt aufs<lb/> Papier gebannt wird, der im Hauch des geſpro-<lb/> chenen Wortes zu ſchnell verflattert,‟ ſo leſe ich in<lb/> Deinem Briefe, in welchem Du das nahe Ende<lb/> unſers Briefwechſels bedauerſt. Jch kann Dir<lb/> nicht ganz unrecht geben. Die Aufnahme welche<lb/> meine Briefe bei Dir gefunden, könnte mich ſtolz<lb/> machen, wenn ich Deine liebe Partheilichkeit für<lb/> mich nicht kennte. Nur der Gedanke an den<lb/> Druck dieſer Briefe, welchen Dein Gemal ſo ſehr<lb/> wünſcht, der Gedanke will mir noch nicht lieb<lb/> werden. Euer Plan, euch hier bei uns anzu-<lb/> bauen, hat meinen vollen Beifall, durch ihn wer-<lb/> den faſt alle meine Wünſche für die Gegenwart<lb/> erfüllt. Kathinka und Virginia werden ſich mit<lb/> meinem Häuflein bald befreunden. Milly ſogar<lb/> freut ſich mit Seraphine um die Wette, und kann<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [376/0384]
den verfließen, und die mittheilende Gegenwart
ſchon zur Vergangenheit geworden, ehe das Mit-
getheilte die Freundin erreicht. Einen Vorzug
hat freilich der ſchriftliche Gedankenaustauſch, wie
Du behaupteſt, vor dem mündlichen, nemlich das
Bleibende alles Geſchriebenen. „Es iſt doch eine
ſchöne Zauberey, durch die der flüchtige Geiſt aufs
Papier gebannt wird, der im Hauch des geſpro-
chenen Wortes zu ſchnell verflattert,‟ ſo leſe ich in
Deinem Briefe, in welchem Du das nahe Ende
unſers Briefwechſels bedauerſt. Jch kann Dir
nicht ganz unrecht geben. Die Aufnahme welche
meine Briefe bei Dir gefunden, könnte mich ſtolz
machen, wenn ich Deine liebe Partheilichkeit für
mich nicht kennte. Nur der Gedanke an den
Druck dieſer Briefe, welchen Dein Gemal ſo ſehr
wünſcht, der Gedanke will mir noch nicht lieb
werden. Euer Plan, euch hier bei uns anzu-
bauen, hat meinen vollen Beifall, durch ihn wer-
den faſt alle meine Wünſche für die Gegenwart
erfüllt. Kathinka und Virginia werden ſich mit
meinem Häuflein bald befreunden. Milly ſogar
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