Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.Sie fragen sich bestürzt: wo kam er her geflogen? Dort von den Mauern, um den dunkeln Hof gezogen. Wer sitzt in jenem Hof? Ein Fremdling, jüngst gefangen. Schnell, spricht der Königssohn, laßt ihn hieher gelangen. Er wird herbei geführt, und glaubt zum Tod zu gehn; Inzwischen hat den Pfeil der Königssohn besehn. Den Pfeil in seiner Hand, spricht er zu dem Verbannten: Du hattest, Fürst, in Dienst einst einen Unbekannten. Der Unbekannte war ein fremder Fürstensohn, Der seines Vaters Zucht im Jugendmuth entflohn. Erkenne mich, wie ich dich kenn', an diesem Pfeile, Der uns verhängnisvoll berührt am gleichen Theile. Du rächtest nicht, daß er von mir dein Ohr verletzt, Doch sieh, der Himmel rächt's zur guten Stunde jetzt. Durch welch Geschick du bist aus Land und Reich gefallen, Komm, das erzähle dort in meines Vaters Hallen! Heut ruhen wir darin, doch morgen ziehn wir aus, Und führen dich zurück mit Heermacht in dein Haus. Sie fragen ſich beſtuͤrzt: wo kam er her geflogen? Dort von den Mauern, um den dunkeln Hof gezogen. Wer ſitzt in jenem Hof? Ein Fremdling, juͤngſt gefangen. Schnell, ſpricht der Koͤnigsſohn, laßt ihn hieher gelangen. Er wird herbei gefuͤhrt, und glaubt zum Tod zu gehn; Inzwiſchen hat den Pfeil der Koͤnigsſohn beſehn. Den Pfeil in ſeiner Hand, ſpricht er zu dem Verbannten: Du hatteſt, Fuͤrſt, in Dienſt einſt einen Unbekannten. Der Unbekannte war ein fremder Fuͤrſtenſohn, Der ſeines Vaters Zucht im Jugendmuth entflohn. Erkenne mich, wie ich dich kenn', an dieſem Pfeile, Der uns verhaͤngnisvoll beruͤhrt am gleichen Theile. Du raͤchteſt nicht, daß er von mir dein Ohr verletzt, Doch ſieh, der Himmel raͤcht's zur guten Stunde jetzt. Durch welch Geſchick du biſt aus Land und Reich gefallen, Komm, das erzaͤhle dort in meines Vaters Hallen! Heut ruhen wir darin, doch morgen ziehn wir aus, Und fuͤhren dich zuruͤck mit Heermacht in dein Haus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0100" n="90"/> <lg n="26"> <l>Sie fragen ſich beſtuͤrzt: wo kam er her geflogen?</l><lb/> <l>Dort von den Mauern, um den dunkeln Hof gezogen.</l> </lg><lb/> <lg n="27"> <l>Wer ſitzt in jenem Hof? Ein Fremdling, juͤngſt gefangen.</l><lb/> <l>Schnell, ſpricht der Koͤnigsſohn, laßt ihn hieher gelangen.</l> </lg><lb/> <lg n="28"> <l>Er wird herbei gefuͤhrt, und glaubt zum Tod zu gehn;</l><lb/> <l>Inzwiſchen hat den Pfeil der Koͤnigsſohn beſehn.</l> </lg><lb/> <lg n="29"> <l>Den Pfeil in ſeiner Hand, ſpricht er zu dem Verbannten:</l><lb/> <l>Du hatteſt, Fuͤrſt, in Dienſt einſt einen Unbekannten.</l> </lg><lb/> <lg n="30"> <l>Der Unbekannte war ein fremder Fuͤrſtenſohn,</l><lb/> <l>Der ſeines Vaters Zucht im Jugendmuth entflohn.</l> </lg><lb/> <lg n="31"> <l>Erkenne mich, wie ich dich kenn', an dieſem Pfeile,</l><lb/> <l>Der uns verhaͤngnisvoll beruͤhrt am gleichen Theile.</l> </lg><lb/> <lg n="32"> <l>Du raͤchteſt nicht, daß er von mir dein Ohr verletzt,</l><lb/> <l>Doch ſieh, der Himmel raͤcht's zur guten Stunde jetzt.</l> </lg><lb/> <lg n="33"> <l>Durch welch Geſchick du biſt aus Land und Reich gefallen,</l><lb/> <l>Komm, das erzaͤhle dort in meines Vaters Hallen!</l> </lg><lb/> <lg n="34"> <l>Heut ruhen wir darin, doch morgen ziehn wir aus,</l><lb/> <l>Und fuͤhren dich zuruͤck mit Heermacht in dein Haus.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [90/0100]
Sie fragen ſich beſtuͤrzt: wo kam er her geflogen?
Dort von den Mauern, um den dunkeln Hof gezogen.
Wer ſitzt in jenem Hof? Ein Fremdling, juͤngſt gefangen.
Schnell, ſpricht der Koͤnigsſohn, laßt ihn hieher gelangen.
Er wird herbei gefuͤhrt, und glaubt zum Tod zu gehn;
Inzwiſchen hat den Pfeil der Koͤnigsſohn beſehn.
Den Pfeil in ſeiner Hand, ſpricht er zu dem Verbannten:
Du hatteſt, Fuͤrſt, in Dienſt einſt einen Unbekannten.
Der Unbekannte war ein fremder Fuͤrſtenſohn,
Der ſeines Vaters Zucht im Jugendmuth entflohn.
Erkenne mich, wie ich dich kenn', an dieſem Pfeile,
Der uns verhaͤngnisvoll beruͤhrt am gleichen Theile.
Du raͤchteſt nicht, daß er von mir dein Ohr verletzt,
Doch ſieh, der Himmel raͤcht's zur guten Stunde jetzt.
Durch welch Geſchick du biſt aus Land und Reich gefallen,
Komm, das erzaͤhle dort in meines Vaters Hallen!
Heut ruhen wir darin, doch morgen ziehn wir aus,
Und fuͤhren dich zuruͤck mit Heermacht in dein Haus.
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