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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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Er muß aus seinem Land, dem Aufruhr weichend, fliehn,
Und heimlich im Gewand der Pfeil begleitet ihn.
Es ist der Reue Pfeil, der ihm am Herzen nagt,
Doch ihm auch einzig Trost in der Verbannung sagt.
Zuletzt in fernem Land, wo zu Gefangenschaft
Man jeden Fremdling bringt, wird er gebracht in Haft.
Im dunkeln Königshof liegt er am Tag gefangen,
Wo Sonnenstralen matt hoch über Mauern drangen.
Da hört er frohen Hall von Stimmen aus der Ferne,
Und denkt an laute Jagd, wobei er wäre gerne.
Er zieht den Pfeil hervor mit ahnungsschwerem Sinn,
Der ihm bisher gereicht zu nichts denn Ungewinn.
Ein Königsreiher schwebt hoch über ihm gemach;
Und schnell aus freier Hand wirft er den Pfeil danach.
Den Vogel fehlt der Schuß, doch ist er nicht gefallen
Vergebens draußen, wo die frohen Stimmen hallen.
Dort steht der Königssohn im stolzen Jägerchor,
Da fliegt der Pfeil heran, und streift sein linkes Ohr.
Er muß aus ſeinem Land, dem Aufruhr weichend, fliehn,
Und heimlich im Gewand der Pfeil begleitet ihn.
Es iſt der Reue Pfeil, der ihm am Herzen nagt,
Doch ihm auch einzig Troſt in der Verbannung ſagt.
Zuletzt in fernem Land, wo zu Gefangenſchaft
Man jeden Fremdling bringt, wird er gebracht in Haft.
Im dunkeln Koͤnigshof liegt er am Tag gefangen,
Wo Sonnenſtralen matt hoch uͤber Mauern drangen.
Da hoͤrt er frohen Hall von Stimmen aus der Ferne,
Und denkt an laute Jagd, wobei er waͤre gerne.
Er zieht den Pfeil hervor mit ahnungsſchwerem Sinn,
Der ihm bisher gereicht zu nichts denn Ungewinn.
Ein Koͤnigsreiher ſchwebt hoch uͤber ihm gemach;
Und ſchnell aus freier Hand wirft er den Pfeil danach.
Den Vogel fehlt der Schuß, doch iſt er nicht gefallen
Vergebens draußen, wo die frohen Stimmen hallen.
Dort ſteht der Koͤnigsſohn im ſtolzen Jaͤgerchor,
Da fliegt der Pfeil heran, und ſtreift ſein linkes Ohr.
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[89/0099] Er muß aus ſeinem Land, dem Aufruhr weichend, fliehn, Und heimlich im Gewand der Pfeil begleitet ihn. Es iſt der Reue Pfeil, der ihm am Herzen nagt, Doch ihm auch einzig Troſt in der Verbannung ſagt. Zuletzt in fernem Land, wo zu Gefangenſchaft Man jeden Fremdling bringt, wird er gebracht in Haft. Im dunkeln Koͤnigshof liegt er am Tag gefangen, Wo Sonnenſtralen matt hoch uͤber Mauern drangen. Da hoͤrt er frohen Hall von Stimmen aus der Ferne, Und denkt an laute Jagd, wobei er waͤre gerne. Er zieht den Pfeil hervor mit ahnungsſchwerem Sinn, Der ihm bisher gereicht zu nichts denn Ungewinn. Ein Koͤnigsreiher ſchwebt hoch uͤber ihm gemach; Und ſchnell aus freier Hand wirft er den Pfeil danach. Den Vogel fehlt der Schuß, doch iſt er nicht gefallen Vergebens draußen, wo die frohen Stimmen hallen. Dort ſteht der Koͤnigsſohn im ſtolzen Jaͤgerchor, Da fliegt der Pfeil heran, und ſtreift ſein linkes Ohr.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/99>, abgerufen am 03.05.2024.