Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.15. Hast du den Wunsch erreicht, daß er nicht mehr entweicht, O jauchze nicht! ein Weh lauscht hinter ihm vielleicht. Denn siehst du? sticht der Dorn des Knaben Finger nicht Gerad im Augenblick, wo er die Rose bricht? 16. Gleich einer Herberg' ist die Welt, in der am Abend Ein Reiter kehret ein, am Morgen weiter trabend. Gleich einer Blume ist die Luft der Welt, die frühe Erblühet, und nicht ahnt, daß sie vor Nacht verblühe. 17. Was diese Welt dir giebt, was diese Welt dir nahm; Macht dir das eine Lust, macht dir das andre Gram? Was sie dir gab, davon mußt du einst Rechnung legen; Was sie dir nimmt, dein Lohn dafür ist Gottes Segen. 15. Haſt du den Wunſch erreicht, daß er nicht mehr entweicht, O jauchze nicht! ein Weh lauſcht hinter ihm vielleicht. Denn ſiehſt du? ſticht der Dorn des Knaben Finger nicht Gerad im Augenblick, wo er die Roſe bricht? 16. Gleich einer Herberg' iſt die Welt, in der am Abend Ein Reiter kehret ein, am Morgen weiter trabend. Gleich einer Blume iſt die Luft der Welt, die fruͤhe Erbluͤhet, und nicht ahnt, daß ſie vor Nacht verbluͤhe. 17. Was dieſe Welt dir giebt, was dieſe Welt dir nahm; Macht dir das eine Luſt, macht dir das andre Gram? Was ſie dir gab, davon mußt du einſt Rechnung legen; Was ſie dir nimmt, dein Lohn dafuͤr iſt Gottes Segen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0020" n="10"/> <div n="2"> <head>15.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Haſt du den Wunſch erreicht, daß er nicht mehr entweicht,</l><lb/> <l>O jauchze nicht! ein Weh lauſcht hinter ihm vielleicht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Denn ſiehſt du? ſticht der Dorn des Knaben Finger nicht</l><lb/> <l>Gerad im Augenblick, wo er die Roſe bricht?</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>16.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Gleich einer Herberg' iſt die Welt, in der am Abend</l><lb/> <l>Ein Reiter kehret ein, am Morgen weiter trabend.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Gleich einer Blume iſt die Luft der Welt, die fruͤhe</l><lb/> <l>Erbluͤhet, und nicht ahnt, daß ſie vor Nacht verbluͤhe.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>17.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was dieſe Welt dir giebt, was dieſe Welt dir nahm;</l><lb/> <l>Macht dir das eine Luſt, macht dir das andre Gram?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Was ſie dir gab, davon mußt du einſt Rechnung legen;</l><lb/> <l>Was ſie dir nimmt, dein Lohn dafuͤr iſt Gottes Segen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [10/0020]
15.
Haſt du den Wunſch erreicht, daß er nicht mehr entweicht,
O jauchze nicht! ein Weh lauſcht hinter ihm vielleicht.
Denn ſiehſt du? ſticht der Dorn des Knaben Finger nicht
Gerad im Augenblick, wo er die Roſe bricht?
16.
Gleich einer Herberg' iſt die Welt, in der am Abend
Ein Reiter kehret ein, am Morgen weiter trabend.
Gleich einer Blume iſt die Luft der Welt, die fruͤhe
Erbluͤhet, und nicht ahnt, daß ſie vor Nacht verbluͤhe.
17.
Was dieſe Welt dir giebt, was dieſe Welt dir nahm;
Macht dir das eine Luſt, macht dir das andre Gram?
Was ſie dir gab, davon mußt du einſt Rechnung legen;
Was ſie dir nimmt, dein Lohn dafuͤr iſt Gottes Segen.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/20>, abgerufen am 16.02.2025. |