Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
107.
Du bist der Widerspruch, den Widersprüche loben,
Und jeder Widerspruch ist in dir aufgehoben.
Die Widersprüch', in die sich die Vernunft verstrickt,
Zergehn, und sie zergeht, wo dich der Geist erblickt.
Die Welt ist nicht in dir, und du bist nicht in ihr;
Nur du bist in der Welt, die Welt ist nur in dir.

108.
Ein herrliches Gefühl ist es, in sich empfinden,
Wie Lichter tauchen auf, und dunkle Wolken schwinden;
Obauch der Lichter Glanz nicht mag zu sehn gestatten,
Und von den Wolken noch geblieben sind die Schatten:
Du kniest am Heiligthum der halbenthüllten Wahrheit,
Und siehst vertrauenvoll entgegen voller Klarheit.

107.
Du biſt der Widerſpruch, den Widerſpruͤche loben,
Und jeder Widerſpruch iſt in dir aufgehoben.
Die Widerſpruͤch', in die ſich die Vernunft verſtrickt,
Zergehn, und ſie zergeht, wo dich der Geiſt erblickt.
Die Welt iſt nicht in dir, und du biſt nicht in ihr;
Nur du biſt in der Welt, die Welt iſt nur in dir.

108.
Ein herrliches Gefuͤhl iſt es, in ſich empfinden,
Wie Lichter tauchen auf, und dunkle Wolken ſchwinden;
Obauch der Lichter Glanz nicht mag zu ſehn geſtatten,
Und von den Wolken noch geblieben ſind die Schatten:
Du knieſt am Heiligthum der halbenthuͤllten Wahrheit,
Und ſiehſt vertrauenvoll entgegen voller Klarheit.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0079" n="69"/>
        <div n="2">
          <head>107.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Du bi&#x017F;t der Wider&#x017F;pruch, den Wider&#x017F;pru&#x0364;che loben,</l><lb/>
              <l>Und jeder Wider&#x017F;pruch i&#x017F;t in dir aufgehoben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die Wider&#x017F;pru&#x0364;ch', in die &#x017F;ich die Vernunft ver&#x017F;trickt,</l><lb/>
              <l>Zergehn, und &#x017F;ie zergeht, wo dich der Gei&#x017F;t erblickt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Die Welt i&#x017F;t nicht in dir, und du bi&#x017F;t nicht in ihr;</l><lb/>
              <l>Nur du bi&#x017F;t in der Welt, die Welt i&#x017F;t nur in dir.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>108.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ein herrliches Gefu&#x0364;hl i&#x017F;t es, in &#x017F;ich empfinden,</l><lb/>
              <l>Wie Lichter tauchen auf, und dunkle Wolken &#x017F;chwinden;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Obauch der Lichter Glanz nicht mag zu &#x017F;ehn ge&#x017F;tatten,</l><lb/>
              <l>Und von den Wolken noch geblieben &#x017F;ind die Schatten:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Du knie&#x017F;t am Heiligthum der halbenthu&#x0364;llten Wahrheit,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ieh&#x017F;t vertrauenvoll entgegen voller Klarheit.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0079] 107. Du biſt der Widerſpruch, den Widerſpruͤche loben, Und jeder Widerſpruch iſt in dir aufgehoben. Die Widerſpruͤch', in die ſich die Vernunft verſtrickt, Zergehn, und ſie zergeht, wo dich der Geiſt erblickt. Die Welt iſt nicht in dir, und du biſt nicht in ihr; Nur du biſt in der Welt, die Welt iſt nur in dir. 108. Ein herrliches Gefuͤhl iſt es, in ſich empfinden, Wie Lichter tauchen auf, und dunkle Wolken ſchwinden; Obauch der Lichter Glanz nicht mag zu ſehn geſtatten, Und von den Wolken noch geblieben ſind die Schatten: Du knieſt am Heiligthum der halbenthuͤllten Wahrheit, Und ſiehſt vertrauenvoll entgegen voller Klarheit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/79
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/79>, abgerufen am 26.11.2024.