Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
109.
Ohn' einen höchsten Gott und ohn' ein künft'ges Leben,
Sagst du, sei kein Gesetz der Sittlichkeit gegeben.
Doch die Geschichte sagt, daß, in die Brust geprägt,
Das sittliche Gesetz sich selber hält und trägt.
Wer dort es eingeprägt, kann freilich Gott nur seyn,
Und für dis Leben nicht ists eingeprägt allein.
Doch kann vergessen seyn, wozu er es gegeben,
Vergessen, der es gab, und das Gesetz doch leben.
So sind von Gott bedacht, auch die ihn nicht erkennen,
Und ehren seine Macht, auch wenn sie's anders nennen.

109.
Ohn' einen hoͤchſten Gott und ohn' ein kuͤnft'ges Leben,
Sagſt du, ſei kein Geſetz der Sittlichkeit gegeben.
Doch die Geſchichte ſagt, daß, in die Bruſt gepraͤgt,
Das ſittliche Geſetz ſich ſelber haͤlt und traͤgt.
Wer dort es eingepraͤgt, kann freilich Gott nur ſeyn,
Und fuͤr dis Leben nicht iſts eingepraͤgt allein.
Doch kann vergeſſen ſeyn, wozu er es gegeben,
Vergeſſen, der es gab, und das Geſetz doch leben.
So ſind von Gott bedacht, auch die ihn nicht erkennen,
Und ehren ſeine Macht, auch wenn ſie's anders nennen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0080" n="70"/>
        <div n="2">
          <head>109.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ohn' einen ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gott und ohn' ein ku&#x0364;nft'ges Leben,</l><lb/>
              <l>Sag&#x017F;t du, &#x017F;ei kein Ge&#x017F;etz der Sittlichkeit gegeben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Doch die Ge&#x017F;chichte &#x017F;agt, daß, in die Bru&#x017F;t gepra&#x0364;gt,</l><lb/>
              <l>Das &#x017F;ittliche Ge&#x017F;etz &#x017F;ich &#x017F;elber ha&#x0364;lt und tra&#x0364;gt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wer dort es eingepra&#x0364;gt, kann freilich Gott nur &#x017F;eyn,</l><lb/>
              <l>Und fu&#x0364;r dis Leben nicht i&#x017F;ts eingepra&#x0364;gt allein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Doch kann verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn, wozu er es gegeben,</l><lb/>
              <l>Verge&#x017F;&#x017F;en, der es gab, und das Ge&#x017F;etz doch leben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>So &#x017F;ind von Gott bedacht, auch die ihn nicht erkennen,</l><lb/>
              <l>Und ehren &#x017F;eine Macht, auch wenn &#x017F;ie's anders nennen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0080] 109. Ohn' einen hoͤchſten Gott und ohn' ein kuͤnft'ges Leben, Sagſt du, ſei kein Geſetz der Sittlichkeit gegeben. Doch die Geſchichte ſagt, daß, in die Bruſt gepraͤgt, Das ſittliche Geſetz ſich ſelber haͤlt und traͤgt. Wer dort es eingepraͤgt, kann freilich Gott nur ſeyn, Und fuͤr dis Leben nicht iſts eingepraͤgt allein. Doch kann vergeſſen ſeyn, wozu er es gegeben, Vergeſſen, der es gab, und das Geſetz doch leben. So ſind von Gott bedacht, auch die ihn nicht erkennen, Und ehren ſeine Macht, auch wenn ſie's anders nennen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/80
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/80>, abgerufen am 27.11.2024.