Sie freuen mäßig sich am bunten Schattenspiel, Und wissen doch davon den Grund nicht noch das Ziel.
Nun aber ist ein Geist zu einem hergekommen, Der hat die Fesseln ihm, die Trägheit abgenommen.
Geblieben sind geschnürt die andern unberührt, Ihn aber hat der Geist befreiet und entführt.
Sein Angesicht zum Licht wandt' er mit schneller Wendung, Da traf sein Angesicht vom Licht zuerst die Blendung.
Doch aufwerts zog er ihn die hehre schwere Kluft, Und ihm entgegen kam zur Stärkung Himmelsluft.
Und als er draußen war, erstaunt' er nicht geringe, Daß er nun offenbar statt Schatten sah die Dinge.
Sein Auge war noch schwach für die Gewalt des Schönen, Er mußte nach und nach sich an den Glanz gewöhnen.
Er sah der Sonne Bild zuerst im Spiegelteich; Sie war noch nicht sie selbst, doch schon sich selber gleich.
Dann aber konnt' er ihr ins Auge blicken frei, Beseligt, daß ihr Blick in seinem Auge sei.
Sie freuen maͤßig ſich am bunten Schattenſpiel, Und wiſſen doch davon den Grund nicht noch das Ziel.
Nun aber iſt ein Geiſt zu einem hergekommen, Der hat die Feſſeln ihm, die Traͤgheit abgenommen.
Geblieben ſind geſchnuͤrt die andern unberuͤhrt, Ihn aber hat der Geiſt befreiet und entfuͤhrt.
Sein Angeſicht zum Licht wandt' er mit ſchneller Wendung, Da traf ſein Angeſicht vom Licht zuerſt die Blendung.
Doch aufwerts zog er ihn die hehre ſchwere Kluft, Und ihm entgegen kam zur Staͤrkung Himmelsluft.
Und als er draußen war, erſtaunt' er nicht geringe, Daß er nun offenbar ſtatt Schatten ſah die Dinge.
Sein Auge war noch ſchwach fuͤr die Gewalt des Schoͤnen, Er mußte nach und nach ſich an den Glanz gewoͤhnen.
Er ſah der Sonne Bild zuerſt im Spiegelteich; Sie war noch nicht ſie ſelbſt, doch ſchon ſich ſelber gleich.
Dann aber konnt' er ihr ins Auge blicken frei, Beſeligt, daß ihr Blick in ſeinem Auge ſei.
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Sie freuen maͤßig ſich am bunten Schattenſpiel,
Und wiſſen doch davon den Grund nicht noch das Ziel.
Nun aber iſt ein Geiſt zu einem hergekommen,
Der hat die Feſſeln ihm, die Traͤgheit abgenommen.
Geblieben ſind geſchnuͤrt die andern unberuͤhrt,
Ihn aber hat der Geiſt befreiet und entfuͤhrt.
Sein Angeſicht zum Licht wandt' er mit ſchneller Wendung,
Da traf ſein Angeſicht vom Licht zuerſt die Blendung.
Doch aufwerts zog er ihn die hehre ſchwere Kluft,
Und ihm entgegen kam zur Staͤrkung Himmelsluft.
Und als er draußen war, erſtaunt' er nicht geringe,
Daß er nun offenbar ſtatt Schatten ſah die Dinge.
Sein Auge war noch ſchwach fuͤr die Gewalt des Schoͤnen,
Er mußte nach und nach ſich an den Glanz gewoͤhnen.
Er ſah der Sonne Bild zuerſt im Spiegelteich;
Sie war noch nicht ſie ſelbſt, doch ſchon ſich ſelber gleich.
Dann aber konnt' er ihr ins Auge blicken frei,
Beſeligt, daß ihr Blick in ſeinem Auge ſei.
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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/120>, abgerufen am 22.02.2025.
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