Fürs Ganze lässet sie den Geist des Ganzen sorgen, Begnügt, daß sie sich fühlt an ihrem Theil geborgen.
Sie fühlet fest sich stehn, und sieht den Himmel drehn; Was kann vereintem Sehn und Fühlen widerstehn?
Die Sonne scheint für sie am Tag, und in der Nacht Schmückt ihr das Himmelbett der Sterne goldne Pracht.
Der Geist steigt wie das Licht zu ihr im Traume nieder, Und ihr Gedanke steigt empor und ihre Lieder.
Es ist der Augenschein, kein Schein, was ihr erschienen; Sie dienet Gott, und weiß, daß ihr die Himmel dienen.
Und dienen sie ihr nicht? Es hängt in diesem Tanze Am Ganzen wol das Glied, doch auch am Glied das Ganze.
O wunderbarer Bau, o Herr des Baus und Meister! Dein Grundstein bist du selbst, Grundpfeiler deiner Geister.
Du bist der Architekt, du bist der Architrab, Der König, der sich selbst den Königsbau aufgab.
So groß, vollkommen, schön ist dein Palast, die Welt, Daß jeder Winkel sich für deinen Thronsaal hält.
Fuͤrs Ganze laͤſſet ſie den Geiſt des Ganzen ſorgen, Begnuͤgt, daß ſie ſich fuͤhlt an ihrem Theil geborgen.
Sie fuͤhlet feſt ſich ſtehn, und ſieht den Himmel drehn; Was kann vereintem Sehn und Fuͤhlen widerſtehn?
Die Sonne ſcheint fuͤr ſie am Tag, und in der Nacht Schmuͤckt ihr das Himmelbett der Sterne goldne Pracht.
Der Geiſt ſteigt wie das Licht zu ihr im Traume nieder, Und ihr Gedanke ſteigt empor und ihre Lieder.
Es iſt der Augenſchein, kein Schein, was ihr erſchienen; Sie dienet Gott, und weiß, daß ihr die Himmel dienen.
Und dienen ſie ihr nicht? Es haͤngt in dieſem Tanze Am Ganzen wol das Glied, doch auch am Glied das Ganze.
O wunderbarer Bau, o Herr des Baus und Meiſter! Dein Grundſtein biſt du ſelbſt, Grundpfeiler deiner Geiſter.
Du biſt der Architekt, du biſt der Architrab, Der Koͤnig, der ſich ſelbſt den Koͤnigsbau aufgab.
So groß, vollkommen, ſchoͤn iſt dein Palaſt, die Welt, Daß jeder Winkel ſich fuͤr deinen Thronſaal haͤlt.
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Fuͤrs Ganze laͤſſet ſie den Geiſt des Ganzen ſorgen,
Begnuͤgt, daß ſie ſich fuͤhlt an ihrem Theil geborgen.
Sie fuͤhlet feſt ſich ſtehn, und ſieht den Himmel drehn;
Was kann vereintem Sehn und Fuͤhlen widerſtehn?
Die Sonne ſcheint fuͤr ſie am Tag, und in der Nacht
Schmuͤckt ihr das Himmelbett der Sterne goldne Pracht.
Der Geiſt ſteigt wie das Licht zu ihr im Traume nieder,
Und ihr Gedanke ſteigt empor und ihre Lieder.
Es iſt der Augenſchein, kein Schein, was ihr erſchienen;
Sie dienet Gott, und weiß, daß ihr die Himmel dienen.
Und dienen ſie ihr nicht? Es haͤngt in dieſem Tanze
Am Ganzen wol das Glied, doch auch am Glied das Ganze.
O wunderbarer Bau, o Herr des Baus und Meiſter!
Dein Grundſtein biſt du ſelbſt, Grundpfeiler deiner Geiſter.
Du biſt der Architekt, du biſt der Architrab,
Der Koͤnig, der ſich ſelbſt den Koͤnigsbau aufgab.
So groß, vollkommen, ſchoͤn iſt dein Palaſt, die Welt,
Daß jeder Winkel ſich fuͤr deinen Thronſaal haͤlt.
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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/132>, abgerufen am 22.02.2025.
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