Und von dem magersten Ameischen werd' ich satt, Wie er vom fettsten Reh, wenn ers erjaget hat.
Mag er nun größern Raub und blutigern zerreißen, Was liegt daran, wenn wir doch beide Löwen heißen?
85.
Der höchsten Liebe Bild, die Henne sieh, die brütet, Wie mit der Flügel Schild sie ihre Brut behütet.
Sie hat der Küchlein viel, doch jedes ist gezählt, Und ruhig ist sie nicht, wenn ihr nur eines fehlt.
Versammeln unter sich wird sie den ganzen Haufen, Wie weit auch sich von ihr die einzelnen verlaufen.
Wie angelegen läßt sie sich es seyn, zu locken; Kanst du, verlaufne Brut, dagegen dich verstocken?
Und lockt dich nicht herbei der Mutterliebe Schrei, So schrecke dich von dort mit dem Gekreisch der Weih.
Kriech unter, und du bist vor dem Gekreisch geborgen, Und für dein Futter laß der Mutter Liebe sorgen.
Und von dem magerſten Ameischen werd' ich ſatt, Wie er vom fettſten Reh, wenn ers erjaget hat.
Mag er nun groͤßern Raub und blutigern zerreißen, Was liegt daran, wenn wir doch beide Loͤwen heißen?
85.
Der hoͤchſten Liebe Bild, die Henne ſieh, die bruͤtet, Wie mit der Fluͤgel Schild ſie ihre Brut behuͤtet.
Sie hat der Kuͤchlein viel, doch jedes iſt gezaͤhlt, Und ruhig iſt ſie nicht, wenn ihr nur eines fehlt.
Verſammeln unter ſich wird ſie den ganzen Haufen, Wie weit auch ſich von ihr die einzelnen verlaufen.
Wie angelegen laͤßt ſie ſich es ſeyn, zu locken; Kanſt du, verlaufne Brut, dagegen dich verſtocken?
Und lockt dich nicht herbei der Mutterliebe Schrei, So ſchrecke dich von dort mit dem Gekreiſch der Weih.
Kriech unter, und du biſt vor dem Gekreiſch geborgen, Und fuͤr dein Futter laß der Mutter Liebe ſorgen.
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Und von dem magerſten Ameischen werd' ich ſatt,
Wie er vom fettſten Reh, wenn ers erjaget hat.
Mag er nun groͤßern Raub und blutigern zerreißen,
Was liegt daran, wenn wir doch beide Loͤwen heißen?
85.
Der hoͤchſten Liebe Bild, die Henne ſieh, die bruͤtet,
Wie mit der Fluͤgel Schild ſie ihre Brut behuͤtet.
Sie hat der Kuͤchlein viel, doch jedes iſt gezaͤhlt,
Und ruhig iſt ſie nicht, wenn ihr nur eines fehlt.
Verſammeln unter ſich wird ſie den ganzen Haufen,
Wie weit auch ſich von ihr die einzelnen verlaufen.
Wie angelegen laͤßt ſie ſich es ſeyn, zu locken;
Kanſt du, verlaufne Brut, dagegen dich verſtocken?
Und lockt dich nicht herbei der Mutterliebe Schrei,
So ſchrecke dich von dort mit dem Gekreiſch der Weih.
Kriech unter, und du biſt vor dem Gekreiſch geborgen,
Und fuͤr dein Futter laß der Mutter Liebe ſorgen.
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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/86>, abgerufen am 19.02.2025.
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