Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
54.
Es gibt der Dinge viel, von denen, statt zu wissen,
Die Weisen irgendwas zu meinen sind beflissen:
Dem Meinen hänget zwar das Irren an gemeinlich,
Und was dir halbwahr scheint, das ist halbfalsch wahrscheinlich.
Doch ohn' ein hier und dort vorläufig Ausgedachtes,
Wär' endlich nirgendwo ein wirklich Ausgemachtes.
Darum entschließe dich zu Schlüssen kurz und gut,
Und zu Vermuthungen verliere nicht den Muth.
Seis nur ein mit Vernunft nicht Unvereinliches,
Wo noch ein Wahres fehlt, steh' ein Wahrscheinliches!
Du mußt nur immer fein bereit seyn und nicht säumen,
Sobald das Wahre kommt, den Platz ihm einzuräumen.

54.
Es gibt der Dinge viel, von denen, ſtatt zu wiſſen,
Die Weiſen irgendwas zu meinen ſind befliſſen:
Dem Meinen haͤnget zwar das Irren an gemeinlich,
Und was dir halbwahr ſcheint, das iſt halbfalſch wahrſcheinlich.
Doch ohn' ein hier und dort vorlaͤufig Ausgedachtes,
Waͤr' endlich nirgendwo ein wirklich Ausgemachtes.
Darum entſchließe dich zu Schluͤſſen kurz und gut,
Und zu Vermuthungen verliere nicht den Muth.
Seis nur ein mit Vernunft nicht Unvereinliches,
Wo noch ein Wahres fehlt, ſteh' ein Wahrſcheinliches!
Du mußt nur immer fein bereit ſeyn und nicht ſaͤumen,
Sobald das Wahre kommt, den Platz ihm einzuraͤumen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0166" n="156"/>
        <div n="2">
          <head>54.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Es gibt der Dinge viel, von denen, &#x017F;tatt zu wi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Die Wei&#x017F;en irgendwas zu meinen &#x017F;ind befli&#x017F;&#x017F;en:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Dem Meinen ha&#x0364;nget zwar das Irren an gemeinlich,</l><lb/>
              <l>Und was dir halbwahr &#x017F;cheint, das i&#x017F;t halbfal&#x017F;ch wahr&#x017F;cheinlich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Doch ohn' ein hier und dort vorla&#x0364;ufig Ausgedachtes,</l><lb/>
              <l>Wa&#x0364;r' endlich nirgendwo ein wirklich Ausgemachtes.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Darum ent&#x017F;chließe dich zu Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en kurz und gut,</l><lb/>
              <l>Und zu Vermuthungen verliere nicht den Muth.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Seis nur ein mit Vernunft nicht Unvereinliches,</l><lb/>
              <l>Wo noch ein Wahres fehlt, &#x017F;teh' ein Wahr&#x017F;cheinliches!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Du mußt nur immer fein bereit &#x017F;eyn und nicht &#x017F;a&#x0364;umen,</l><lb/>
              <l>Sobald das Wahre kommt, den Platz ihm einzura&#x0364;umen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0166] 54. Es gibt der Dinge viel, von denen, ſtatt zu wiſſen, Die Weiſen irgendwas zu meinen ſind befliſſen: Dem Meinen haͤnget zwar das Irren an gemeinlich, Und was dir halbwahr ſcheint, das iſt halbfalſch wahrſcheinlich. Doch ohn' ein hier und dort vorlaͤufig Ausgedachtes, Waͤr' endlich nirgendwo ein wirklich Ausgemachtes. Darum entſchließe dich zu Schluͤſſen kurz und gut, Und zu Vermuthungen verliere nicht den Muth. Seis nur ein mit Vernunft nicht Unvereinliches, Wo noch ein Wahres fehlt, ſteh' ein Wahrſcheinliches! Du mußt nur immer fein bereit ſeyn und nicht ſaͤumen, Sobald das Wahre kommt, den Platz ihm einzuraͤumen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/166
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/166>, abgerufen am 21.11.2024.