Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
Darum nur Ich bin Ich sag' ewig, o Brahman,
Weil ewig Ich bin Ich dir Brahma sagt voran.
Was sagt Bruwann Aham? Es saget: Sagend Ich
Und davon, o Brahman, gekürzt nennt Brahma sich.

52.
Wer etwas weiß, der ist darum kein Weiser noch,
Ein Wisser ist er nur; was ist ein Weiser doch?
Der ist ein Weiser, wem sich Wesenheit gewiesen
In allen Weisen, voll Gewisheit, unbewiesen.
Der ist ein Weiser, wer der Weisheit hohen Geist
An seinem Wesen selbst in eigner Weise weis't.

53.
Ich wußte nichts, da glaubt' ich etwas doch zu wissen;
Nun weiß ich etwas, und der Wahn ist mir entrissen.
Konnt' ich um solchen Preiß nicht sparen meinen Fleiß?
Das Wissen all weiß nichts, und nur der Glaube weiß.

Darum nur Ich bin Ich ſag' ewig, o Brahman,
Weil ewig Ich bin Ich dir Brahma ſagt voran.
Was ſagt Bruwann Aham? Es ſaget: Sagend Ich
Und davon, o Brahman, gekuͤrzt nennt Brahma ſich.

52.
Wer etwas weiß, der iſt darum kein Weiſer noch,
Ein Wiſſer iſt er nur; was iſt ein Weiſer doch?
Der iſt ein Weiſer, wem ſich Weſenheit gewieſen
In allen Weiſen, voll Gewisheit, unbewieſen.
Der iſt ein Weiſer, wer der Weisheit hohen Geiſt
An ſeinem Weſen ſelbſt in eigner Weiſe weiſ't.

53.
Ich wußte nichts, da glaubt' ich etwas doch zu wiſſen;
Nun weiß ich etwas, und der Wahn iſt mir entriſſen.
Konnt' ich um ſolchen Preiß nicht ſparen meinen Fleiß?
Das Wiſſen all weiß nichts, und nur der Glaube weiß.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0165" n="155"/>
            <lg n="13">
              <l>Darum nur Ich bin Ich &#x017F;ag' ewig, o Brahman,</l><lb/>
              <l>Weil ewig Ich bin Ich dir Brahma &#x017F;agt voran.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="14">
              <l>Was &#x017F;agt Bruwann Aham? Es &#x017F;aget: Sagend Ich</l><lb/>
              <l>Und davon, o Brahman, geku&#x0364;rzt nennt Brahma &#x017F;ich.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>52.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wer etwas weiß, der i&#x017F;t darum kein Wei&#x017F;er noch,</l><lb/>
              <l>Ein Wi&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t er nur; was i&#x017F;t ein Wei&#x017F;er doch?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Der i&#x017F;t ein Wei&#x017F;er, wem &#x017F;ich We&#x017F;enheit gewie&#x017F;en</l><lb/>
              <l>In allen Wei&#x017F;en, voll Gewisheit, unbewie&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Der i&#x017F;t ein Wei&#x017F;er, wer der Weisheit hohen Gei&#x017F;t</l><lb/>
              <l>An &#x017F;einem We&#x017F;en &#x017F;elb&#x017F;t in eigner Wei&#x017F;e wei&#x017F;'t.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>53.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ich wußte nichts, da glaubt' ich etwas doch zu wi&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
              <l>Nun weiß ich etwas, und der Wahn i&#x017F;t mir entri&#x017F;&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Konnt' ich um &#x017F;olchen Preiß nicht &#x017F;paren meinen Fleiß?</l><lb/>
              <l>Das Wi&#x017F;&#x017F;en all weiß nichts, und nur der Glaube weiß.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0165] Darum nur Ich bin Ich ſag' ewig, o Brahman, Weil ewig Ich bin Ich dir Brahma ſagt voran. Was ſagt Bruwann Aham? Es ſaget: Sagend Ich Und davon, o Brahman, gekuͤrzt nennt Brahma ſich. 52. Wer etwas weiß, der iſt darum kein Weiſer noch, Ein Wiſſer iſt er nur; was iſt ein Weiſer doch? Der iſt ein Weiſer, wem ſich Weſenheit gewieſen In allen Weiſen, voll Gewisheit, unbewieſen. Der iſt ein Weiſer, wer der Weisheit hohen Geiſt An ſeinem Weſen ſelbſt in eigner Weiſe weiſ't. 53. Ich wußte nichts, da glaubt' ich etwas doch zu wiſſen; Nun weiß ich etwas, und der Wahn iſt mir entriſſen. Konnt' ich um ſolchen Preiß nicht ſparen meinen Fleiß? Das Wiſſen all weiß nichts, und nur der Glaube weiß.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/165
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/165>, abgerufen am 21.11.2024.