Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.45. Welch wunderbare Art den Läugner zu bekehren, Ihn zu behandeln als unfähig deiner Lehren! Kannst du verlangen daß dich fassen soll der Mann, Wenn du behauptest daß er dich nicht fassen kann? Beweisest ihm zuerst, daß er verstehn nicht kann; Daß er verstehn nicht will, verargest du ihm dann. Zuerst mach' es ihm klar, wie er dich fassen solle, Dann überlass es ihm, ob er dich fassen wolle. 46. Laß dich nur blenden nicht von denen die ersannen Denkformeln um darein Undenkbares zu bannen. Weil sich kein Höchstes läßt aus Höherem erklären, So lassen sie das Ding sich selbst aus sich gebären. Wenn in der That nun wird nur was schon war im Grunde, So ist das Seyn erklärt, doch ists nicht klar im Grunde. 45. Welch wunderbare Art den Laͤugner zu bekehren, Ihn zu behandeln als unfaͤhig deiner Lehren! Kannſt du verlangen daß dich faſſen ſoll der Mann, Wenn du behaupteſt daß er dich nicht faſſen kann? Beweiſeſt ihm zuerſt, daß er verſtehn nicht kann; Daß er verſtehn nicht will, verargeſt du ihm dann. Zuerſt mach' es ihm klar, wie er dich faſſen ſolle, Dann uͤberlaſſ es ihm, ob er dich faſſen wolle. 46. Laß dich nur blenden nicht von denen die erſannen Denkformeln um darein Undenkbares zu bannen. Weil ſich kein Hoͤchſtes laͤßt aus Hoͤherem erklaͤren, So laſſen ſie das Ding ſich ſelbſt aus ſich gebaͤren. Wenn in der That nun wird nur was ſchon war im Grunde, So iſt das Seyn erklaͤrt, doch iſts nicht klar im Grunde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0269" n="259"/> <div n="2"> <head>45.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Welch wunderbare Art den Laͤugner zu bekehren,</l><lb/> <l>Ihn zu behandeln als unfaͤhig deiner Lehren!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Kannſt du verlangen daß dich faſſen ſoll der Mann,</l><lb/> <l>Wenn du behaupteſt daß er dich nicht faſſen kann?</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Beweiſeſt ihm zuerſt, daß er verſtehn nicht kann;</l><lb/> <l>Daß er verſtehn nicht will, verargeſt du ihm dann.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Zuerſt mach' es ihm klar, wie er dich faſſen ſolle,</l><lb/> <l>Dann uͤberlaſſ es ihm, ob er dich faſſen wolle.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>46.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Laß dich nur blenden nicht von denen die erſannen</l><lb/> <l>Denkformeln um darein Undenkbares zu bannen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Weil ſich kein Hoͤchſtes laͤßt aus Hoͤherem erklaͤren,</l><lb/> <l>So laſſen ſie das Ding ſich ſelbſt aus ſich gebaͤren.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wenn in der That nun wird nur was ſchon war im Grunde,</l><lb/> <l>So iſt das Seyn erklaͤrt, doch iſts nicht klar im Grunde.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [259/0269]
45.
Welch wunderbare Art den Laͤugner zu bekehren,
Ihn zu behandeln als unfaͤhig deiner Lehren!
Kannſt du verlangen daß dich faſſen ſoll der Mann,
Wenn du behaupteſt daß er dich nicht faſſen kann?
Beweiſeſt ihm zuerſt, daß er verſtehn nicht kann;
Daß er verſtehn nicht will, verargeſt du ihm dann.
Zuerſt mach' es ihm klar, wie er dich faſſen ſolle,
Dann uͤberlaſſ es ihm, ob er dich faſſen wolle.
46.
Laß dich nur blenden nicht von denen die erſannen
Denkformeln um darein Undenkbares zu bannen.
Weil ſich kein Hoͤchſtes laͤßt aus Hoͤherem erklaͤren,
So laſſen ſie das Ding ſich ſelbſt aus ſich gebaͤren.
Wenn in der That nun wird nur was ſchon war im Grunde,
So iſt das Seyn erklaͤrt, doch iſts nicht klar im Grunde.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/269>, abgerufen am 16.07.2024. |