Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.97. Den Spruch: Erkenne dich! sollst du nicht übertreiben; Laß immer unbekannt dir in dir etwas bleiben. Den Grund, aus welchem quillt dein Daseyn, mußt du fühlen; Zerstören wirst du ihn, wenn du ihn auf willst wühlen. Die reine Quelle wird, frech aufgewühlt, ein Sumpf; Nicht wer sie nicht erkennt, wer sich nicht fühlt ist dumpf. 98. In deines Herzen Haus- und Festkalender mag Nur auch gezeichnet seyn ein Allerseelentag. Gezeichnet soll er seyn nicht mit zu düstern Farben, Doch auch zu helle sind für die nicht die da starben. Mit sanftern Lichtern sei und leisem Schattenschlag Gezeichnet in dein Herz dein Allerseelentag. Ein Allerseelentag, wo du vereint in Frieden Mit allen Seelen bist, die von dir sind geschieden; 97. Den Spruch: Erkenne dich! ſollſt du nicht uͤbertreiben; Laß immer unbekannt dir in dir etwas bleiben. Den Grund, aus welchem quillt dein Daſeyn, mußt du fuͤhlen; Zerſtoͤren wirſt du ihn, wenn du ihn auf willſt wuͤhlen. Die reine Quelle wird, frech aufgewuͤhlt, ein Sumpf; Nicht wer ſie nicht erkennt, wer ſich nicht fuͤhlt iſt dumpf. 98. In deines Herzen Haus- und Feſtkalender mag Nur auch gezeichnet ſeyn ein Allerſeelentag. Gezeichnet ſoll er ſeyn nicht mit zu duͤſtern Farben, Doch auch zu helle ſind fuͤr die nicht die da ſtarben. Mit ſanftern Lichtern ſei und leiſem Schattenſchlag Gezeichnet in dein Herz dein Allerſeelentag. Ein Allerſeelentag, wo du vereint in Frieden Mit allen Seelen biſt, die von dir ſind geſchieden; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0307" n="297"/> <div n="2"> <head>97.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Den Spruch: Erkenne dich! ſollſt du nicht uͤbertreiben;</l><lb/> <l>Laß immer unbekannt dir in dir etwas bleiben.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Den Grund, aus welchem quillt dein Daſeyn, mußt du fuͤhlen;</l><lb/> <l>Zerſtoͤren wirſt du ihn, wenn du ihn auf willſt wuͤhlen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die reine Quelle wird, frech aufgewuͤhlt, ein Sumpf;</l><lb/> <l>Nicht wer ſie nicht erkennt, wer ſich nicht fuͤhlt iſt dumpf.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>98.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>In deines Herzen Haus- und Feſtkalender mag</l><lb/> <l>Nur auch gezeichnet ſeyn ein Allerſeelentag.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Gezeichnet ſoll er ſeyn nicht mit zu duͤſtern Farben,</l><lb/> <l>Doch auch zu helle ſind fuͤr die nicht die da ſtarben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Mit ſanftern Lichtern ſei und leiſem Schattenſchlag</l><lb/> <l>Gezeichnet in dein Herz dein Allerſeelentag.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ein Allerſeelentag, wo du vereint in Frieden</l><lb/> <l>Mit allen Seelen biſt, die von dir ſind geſchieden;</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [297/0307]
97.
Den Spruch: Erkenne dich! ſollſt du nicht uͤbertreiben;
Laß immer unbekannt dir in dir etwas bleiben.
Den Grund, aus welchem quillt dein Daſeyn, mußt du fuͤhlen;
Zerſtoͤren wirſt du ihn, wenn du ihn auf willſt wuͤhlen.
Die reine Quelle wird, frech aufgewuͤhlt, ein Sumpf;
Nicht wer ſie nicht erkennt, wer ſich nicht fuͤhlt iſt dumpf.
98.
In deines Herzen Haus- und Feſtkalender mag
Nur auch gezeichnet ſeyn ein Allerſeelentag.
Gezeichnet ſoll er ſeyn nicht mit zu duͤſtern Farben,
Doch auch zu helle ſind fuͤr die nicht die da ſtarben.
Mit ſanftern Lichtern ſei und leiſem Schattenſchlag
Gezeichnet in dein Herz dein Allerſeelentag.
Ein Allerſeelentag, wo du vereint in Frieden
Mit allen Seelen biſt, die von dir ſind geſchieden;
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