Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Ich aber freue mich, nach Lust hervorzuholen,
Und fürchte nicht, zuletzt zu finden taube Kohlen.
Und was ich selber Lust nicht hab' hervorzuholen,
Sei einem lustigern Geschlecht von mir empfohlen.
Noch lange wird die Axt den Urwald nicht ausreuten,
Noch lange Bienenfleiß den Frühling nicht ausbeuten:
Solang in Gott und Welt sich Herzen still ausfreuten,
Und Maienglocken sacht des Lenzes Sieg ausbeuten:
Solang wird frohe Kunst die Wunder nur ausdeuten,
Die eines Künstlers Händ' auf die Natur ausstreuten.
Er gebe Leben mir, Gesundheit, innre Lust!
Denn noch zur Hälft' ist nicht der Schatz in meiner Brust.
Nicht längstes Leben reicht ihn vollends auszubeuten,
Ob Tochtertöchter ich ausstattete zu Bräuten.
Weh, Reim, du hast im Klang ein Bild mir aufgedrungen,
Durch dessen Weh sind hier die Saiten abgesprungen.

Ich aber freue mich, nach Luſt hervorzuholen,
Und fuͤrchte nicht, zuletzt zu finden taube Kohlen.
Und was ich ſelber Luſt nicht hab' hervorzuholen,
Sei einem luſtigern Geſchlecht von mir empfohlen.
Noch lange wird die Axt den Urwald nicht ausreuten,
Noch lange Bienenfleiß den Fruͤhling nicht ausbeuten:
Solang in Gott und Welt ſich Herzen ſtill ausfreuten,
Und Maienglocken ſacht des Lenzes Sieg ausbeuten:
Solang wird frohe Kunſt die Wunder nur ausdeuten,
Die eines Kuͤnſtlers Haͤnd' auf die Natur ausſtreuten.
Er gebe Leben mir, Geſundheit, innre Luſt!
Denn noch zur Haͤlft' iſt nicht der Schatz in meiner Bruſt.
Nicht laͤngſtes Leben reicht ihn vollends auszubeuten,
Ob Tochtertoͤchter ich ausſtattete zu Braͤuten.
Weh, Reim, du haſt im Klang ein Bild mir aufgedrungen,
Durch deſſen Weh ſind hier die Saiten abgeſprungen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0040" n="30"/>
            <lg n="9">
              <l>Ich aber freue mich, nach Lu&#x017F;t hervorzuholen,</l><lb/>
              <l>Und fu&#x0364;rchte nicht, zuletzt zu finden taube Kohlen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="10">
              <l>Und was ich &#x017F;elber Lu&#x017F;t nicht hab' hervorzuholen,</l><lb/>
              <l>Sei einem lu&#x017F;tigern Ge&#x017F;chlecht von mir empfohlen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>Noch lange wird die Axt den Urwald nicht ausreuten,</l><lb/>
              <l>Noch lange Bienenfleiß den Fru&#x0364;hling nicht ausbeuten:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l>Solang in Gott und Welt &#x017F;ich Herzen &#x017F;till ausfreuten,</l><lb/>
              <l>Und Maienglocken &#x017F;acht des Lenzes Sieg ausbeuten:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="13">
              <l>Solang wird frohe Kun&#x017F;t die Wunder nur ausdeuten,</l><lb/>
              <l>Die eines Ku&#x0364;n&#x017F;tlers Ha&#x0364;nd' auf die Natur aus&#x017F;treuten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="14">
              <l>Er gebe Leben mir, Ge&#x017F;undheit, innre Lu&#x017F;t!</l><lb/>
              <l>Denn noch zur Ha&#x0364;lft' i&#x017F;t nicht der Schatz in meiner Bru&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="15">
              <l>Nicht la&#x0364;ng&#x017F;tes Leben reicht ihn vollends auszubeuten,</l><lb/>
              <l>Ob Tochterto&#x0364;chter ich aus&#x017F;tattete zu Bra&#x0364;uten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="16">
              <l>Weh, Reim, du ha&#x017F;t im Klang ein Bild mir aufgedrungen,</l><lb/>
              <l>Durch de&#x017F;&#x017F;en Weh &#x017F;ind hier die Saiten abge&#x017F;prungen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0040] Ich aber freue mich, nach Luſt hervorzuholen, Und fuͤrchte nicht, zuletzt zu finden taube Kohlen. Und was ich ſelber Luſt nicht hab' hervorzuholen, Sei einem luſtigern Geſchlecht von mir empfohlen. Noch lange wird die Axt den Urwald nicht ausreuten, Noch lange Bienenfleiß den Fruͤhling nicht ausbeuten: Solang in Gott und Welt ſich Herzen ſtill ausfreuten, Und Maienglocken ſacht des Lenzes Sieg ausbeuten: Solang wird frohe Kunſt die Wunder nur ausdeuten, Die eines Kuͤnſtlers Haͤnd' auf die Natur ausſtreuten. Er gebe Leben mir, Geſundheit, innre Luſt! Denn noch zur Haͤlft' iſt nicht der Schatz in meiner Bruſt. Nicht laͤngſtes Leben reicht ihn vollends auszubeuten, Ob Tochtertoͤchter ich ausſtattete zu Braͤuten. Weh, Reim, du haſt im Klang ein Bild mir aufgedrungen, Durch deſſen Weh ſind hier die Saiten abgeſprungen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/40
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/40>, abgerufen am 21.11.2024.