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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

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69.
Das Ewige, das ganz genoßen Göttersöhne,
Ward Menschen dreigetheilt das Wahre, Gute, Schöne.
Denn käm' es ungetheilt, des Menschen schwache Sinnen
Riss' überwältigend das Ew'ge ganz von hinnen.
Drum hat es sich getheilt, nur in verschiedner Weise
Den Sinn zum Ewigen vorzubereiten leise.
Das Wahre wird gewahrt vom geist'gen Sinn, dem Sinnen;
Das Gute wohnt verhüllt dem Sinn des Guten innen.
Nur zu erscheinen hat das Schöne sich getraut
Dem äußern Sinne selbst, das Schöne wird geschaut.
Die beiden wollten auch durchs dritte sichtbar werden,
Zum Schönen sprachen sie mit flehenden Geberden:
Versprich uns, nie zu gehn ins Menschenaug' allein,
Ohn' uns in Geist und Herz zu führen mit hinein.
Sonst wird der blöde Geist das Wahre kaum gewahr,
Und nicht dem Herzen wird das Gute göttlich klar.
69.
Das Ewige, das ganz genoßen Goͤtterſoͤhne,
Ward Menſchen dreigetheilt das Wahre, Gute, Schoͤne.
Denn kaͤm' es ungetheilt, des Menſchen ſchwache Sinnen
Riſſ' uͤberwaͤltigend das Ew'ge ganz von hinnen.
Drum hat es ſich getheilt, nur in verſchiedner Weiſe
Den Sinn zum Ewigen vorzubereiten leiſe.
Das Wahre wird gewahrt vom geiſt'gen Sinn, dem Sinnen;
Das Gute wohnt verhuͤllt dem Sinn des Guten innen.
Nur zu erſcheinen hat das Schoͤne ſich getraut
Dem aͤußern Sinne ſelbſt, das Schoͤne wird geſchaut.
Die beiden wollten auch durchs dritte ſichtbar werden,
Zum Schoͤnen ſprachen ſie mit flehenden Geberden:
Verſprich uns, nie zu gehn ins Menſchenaug' allein,
Ohn' uns in Geiſt und Herz zu fuͤhren mit hinein.
Sonſt wird der bloͤde Geiſt das Wahre kaum gewahr,
Und nicht dem Herzen wird das Gute goͤttlich klar.
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[70/0080] 69. Das Ewige, das ganz genoßen Goͤtterſoͤhne, Ward Menſchen dreigetheilt das Wahre, Gute, Schoͤne. Denn kaͤm' es ungetheilt, des Menſchen ſchwache Sinnen Riſſ' uͤberwaͤltigend das Ew'ge ganz von hinnen. Drum hat es ſich getheilt, nur in verſchiedner Weiſe Den Sinn zum Ewigen vorzubereiten leiſe. Das Wahre wird gewahrt vom geiſt'gen Sinn, dem Sinnen; Das Gute wohnt verhuͤllt dem Sinn des Guten innen. Nur zu erſcheinen hat das Schoͤne ſich getraut Dem aͤußern Sinne ſelbſt, das Schoͤne wird geſchaut. Die beiden wollten auch durchs dritte ſichtbar werden, Zum Schoͤnen ſprachen ſie mit flehenden Geberden: Verſprich uns, nie zu gehn ins Menſchenaug' allein, Ohn' uns in Geiſt und Herz zu fuͤhren mit hinein. Sonſt wird der bloͤde Geiſt das Wahre kaum gewahr, Und nicht dem Herzen wird das Gute goͤttlich klar.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/80>, abgerufen am 29.11.2024.