Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.Du sollst das Wahre ihm bewähren, ja gewähren, Das Gute sollst du ihm verklären, ja verklären. Und dir, o Schönes, ist der Vorzug mit geschenkt, Daß er als Gutes selbst dich fühlt, als Wahres denkt. Nur wenn wir so in ihm ergänzend uns vereinen, Wird ganz das Ewige im Endlichen erscheinen. 70. Dem Weisheitdurstenden hat nie so recht von Grund Den Durst gestillt ein Buch, wie eines Lehrers Mund. Lebendig ist der Trieb nur des gesprochnen Wortes, Und das beschriebne Blatt vom Baum ist ein verdorrtes. Selbst jenes Wort, das Erd' erschuf und Himmel dort, War ein gesprochenes, nicht ein geschriebnes Wort. Und dem gesprochnen Wort verblieb der Lehrberuf, Zu schaffen immerfort, wie es zuerst erschuf. Und selber Gottes Schrift in Schrift und in Natur, Wird immer neu belebt durch Schriftauslegung nur. Du ſollſt das Wahre ihm bewaͤhren, ja gewaͤhren, Das Gute ſollſt du ihm verklaͤren, ja verklaͤren. Und dir, o Schoͤnes, iſt der Vorzug mit geſchenkt, Daß er als Gutes ſelbſt dich fuͤhlt, als Wahres denkt. Nur wenn wir ſo in ihm ergaͤnzend uns vereinen, Wird ganz das Ewige im Endlichen erſcheinen. 70. Dem Weisheitdurſtenden hat nie ſo recht von Grund Den Durſt geſtillt ein Buch, wie eines Lehrers Mund. Lebendig iſt der Trieb nur des geſprochnen Wortes, Und das beſchriebne Blatt vom Baum iſt ein verdorrtes. Selbſt jenes Wort, das Erd' erſchuf und Himmel dort, War ein geſprochenes, nicht ein geſchriebnes Wort. Und dem geſprochnen Wort verblieb der Lehrberuf, Zu ſchaffen immerfort, wie es zuerſt erſchuf. Und ſelber Gottes Schrift in Schrift und in Natur, Wird immer neu belebt durch Schriftauslegung nur. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0081" n="71"/> <lg n="9"> <l>Du ſollſt das Wahre ihm bewaͤhren, ja gewaͤhren,</l><lb/> <l>Das Gute ſollſt du ihm verklaͤren, ja verklaͤren.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Und dir, o Schoͤnes, iſt der Vorzug mit geſchenkt,</l><lb/> <l>Daß er als Gutes ſelbſt dich fuͤhlt, als Wahres denkt.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Nur wenn wir ſo in ihm ergaͤnzend uns vereinen,</l><lb/> <l>Wird ganz das Ewige im Endlichen erſcheinen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>70.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Dem Weisheitdurſtenden hat nie ſo recht von Grund</l><lb/> <l>Den Durſt geſtillt ein Buch, wie eines Lehrers Mund.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Lebendig iſt der Trieb nur des geſprochnen Wortes,</l><lb/> <l>Und das beſchriebne Blatt vom Baum iſt ein verdorrtes.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Selbſt jenes Wort, das Erd' erſchuf und Himmel dort,</l><lb/> <l>War ein geſprochenes, nicht ein geſchriebnes Wort.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und dem geſprochnen Wort verblieb der Lehrberuf,</l><lb/> <l>Zu ſchaffen immerfort, wie es zuerſt erſchuf.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Und ſelber Gottes Schrift in Schrift und in Natur,</l><lb/> <l>Wird immer neu belebt durch Schriftauslegung nur.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0081]
Du ſollſt das Wahre ihm bewaͤhren, ja gewaͤhren,
Das Gute ſollſt du ihm verklaͤren, ja verklaͤren.
Und dir, o Schoͤnes, iſt der Vorzug mit geſchenkt,
Daß er als Gutes ſelbſt dich fuͤhlt, als Wahres denkt.
Nur wenn wir ſo in ihm ergaͤnzend uns vereinen,
Wird ganz das Ewige im Endlichen erſcheinen.
70.
Dem Weisheitdurſtenden hat nie ſo recht von Grund
Den Durſt geſtillt ein Buch, wie eines Lehrers Mund.
Lebendig iſt der Trieb nur des geſprochnen Wortes,
Und das beſchriebne Blatt vom Baum iſt ein verdorrtes.
Selbſt jenes Wort, das Erd' erſchuf und Himmel dort,
War ein geſprochenes, nicht ein geſchriebnes Wort.
Und dem geſprochnen Wort verblieb der Lehrberuf,
Zu ſchaffen immerfort, wie es zuerſt erſchuf.
Und ſelber Gottes Schrift in Schrift und in Natur,
Wird immer neu belebt durch Schriftauslegung nur.
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