Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
60.
Am besten thust du, still Lehrmeinungen zu hören,
Ohn' im Gedankengang den Meinenden zu stören.
Die innre Wahrheit macht dein Einwurf nur zunicht,
Die jede Lehre hat und jegliches Gedicht.
Die Fäden hinderst du, lebendig sich zu schlingen,
Zusammenhangendes Geweb hervorzubringen.
Doch bildender für dich, als an sich selbst die Meinung,
Ist des Zusammenhangs erfreuliche Erscheinung.

61.
Entweder Oder ist der Waffen, der zweischneidigen,
Geschickteste, womit Streitredner sich vertheidigen.
Entweder, oder; eins von beiden mußt du doch;
Nun welches willst du? sag! Ich sage: weder, noch.
Wenn keins von beiden mir gefällt, ist das mein Brauch;
Und ist mir beides recht, sag' ich: sowohl alsauch.

60.
Am beſten thuſt du, ſtill Lehrmeinungen zu hoͤren,
Ohn' im Gedankengang den Meinenden zu ſtoͤren.
Die innre Wahrheit macht dein Einwurf nur zunicht,
Die jede Lehre hat und jegliches Gedicht.
Die Faͤden hinderſt du, lebendig ſich zu ſchlingen,
Zuſammenhangendes Geweb hervorzubringen.
Doch bildender fuͤr dich, als an ſich ſelbſt die Meinung,
Iſt des Zuſammenhangs erfreuliche Erſcheinung.

61.
Entweder Oder iſt der Waffen, der zweiſchneidigen,
Geſchickteſte, womit Streitredner ſich vertheidigen.
Entweder, oder; eins von beiden mußt du doch;
Nun welches willſt du? ſag! Ich ſage: weder, noch.
Wenn keins von beiden mir gefaͤllt, iſt das mein Brauch;
Und iſt mir beides recht, ſag' ich: ſowohl alsauch.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0159" n="149"/>
        <div n="2">
          <head>60.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Am be&#x017F;ten thu&#x017F;t du, &#x017F;till Lehrmeinungen zu ho&#x0364;ren,</l><lb/>
              <l>Ohn' im Gedankengang den Meinenden zu &#x017F;to&#x0364;ren.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Die innre Wahrheit macht dein Einwurf nur zunicht,</l><lb/>
              <l>Die jede Lehre hat und jegliches Gedicht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Die Fa&#x0364;den hinder&#x017F;t du, lebendig &#x017F;ich zu &#x017F;chlingen,</l><lb/>
              <l>Zu&#x017F;ammenhangendes Geweb hervorzubringen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Doch bildender fu&#x0364;r dich, als an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t die Meinung,</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t des Zu&#x017F;ammenhangs erfreuliche Er&#x017F;cheinung.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>61.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Entweder Oder i&#x017F;t der Waffen, der zwei&#x017F;chneidigen,</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;chickte&#x017F;te, womit Streitredner &#x017F;ich vertheidigen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Entweder, oder; eins von beiden mußt du doch;</l><lb/>
              <l>Nun welches will&#x017F;t du? &#x017F;ag! Ich &#x017F;age: weder, noch.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wenn keins von beiden mir gefa&#x0364;llt, i&#x017F;t das mein Brauch;</l><lb/>
              <l>Und i&#x017F;t mir beides recht, &#x017F;ag' ich: &#x017F;owohl alsauch.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0159] 60. Am beſten thuſt du, ſtill Lehrmeinungen zu hoͤren, Ohn' im Gedankengang den Meinenden zu ſtoͤren. Die innre Wahrheit macht dein Einwurf nur zunicht, Die jede Lehre hat und jegliches Gedicht. Die Faͤden hinderſt du, lebendig ſich zu ſchlingen, Zuſammenhangendes Geweb hervorzubringen. Doch bildender fuͤr dich, als an ſich ſelbſt die Meinung, Iſt des Zuſammenhangs erfreuliche Erſcheinung. 61. Entweder Oder iſt der Waffen, der zweiſchneidigen, Geſchickteſte, womit Streitredner ſich vertheidigen. Entweder, oder; eins von beiden mußt du doch; Nun welches willſt du? ſag! Ich ſage: weder, noch. Wenn keins von beiden mir gefaͤllt, iſt das mein Brauch; Und iſt mir beides recht, ſag' ich: ſowohl alsauch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/159
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/159>, abgerufen am 24.11.2024.