Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.4. Du hast es einmal brav gemacht, und meinest nun, Du könnt'st ein andermal auch etwas minder thun. Mitnichten kauft man sich mit Pflichten los von Pflichten, Du mußt, was du einmal entrichtet, stets entrichten. Wers einmal gut gemacht hat fürder keine Wahl, Als daß er besser noch es mach' ein andermal. 5. Schon wieder hast du nicht, was ich gewollt, gethan, Schon wieder hast du, was du nicht gesollt, gethan. "Gesündigt hab' ich wol, allein vernimm die Gründe Der Unterlassung dort, hier der Begehungsünde." Und Sünden meinest du mit Sünden abgethan? Die Gründe gehn mich nichts, mich gehn die Sünden an. Wer sich auf Gründe wollt' einlassen aller Sünden, Auf einen schönen Grund wär jede wol zu gründen. 4. Du haſt es einmal brav gemacht, und meineſt nun, Du koͤnnt'ſt ein andermal auch etwas minder thun. Mitnichten kauft man ſich mit Pflichten los von Pflichten, Du mußt, was du einmal entrichtet, ſtets entrichten. Wers einmal gut gemacht hat fuͤrder keine Wahl, Als daß er beſſer noch es mach' ein andermal. 5. Schon wieder haſt du nicht, was ich gewollt, gethan, Schon wieder haſt du, was du nicht geſollt, gethan. „Geſuͤndigt hab' ich wol, allein vernimm die Gruͤnde Der Unterlaſſung dort, hier der Begehungſuͤnde.“ Und Suͤnden meineſt du mit Suͤnden abgethan? Die Gruͤnde gehn mich nichts, mich gehn die Suͤnden an. Wer ſich auf Gruͤnde wollt' einlaſſen aller Suͤnden, Auf einen ſchoͤnen Grund waͤr jede wol zu gruͤnden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0192" n="182"/> <div n="2"> <head>4.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Du haſt es einmal brav gemacht, und meineſt nun,</l><lb/> <l>Du koͤnnt'ſt ein andermal auch etwas minder thun.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Mitnichten kauft man ſich mit Pflichten los von Pflichten,</l><lb/> <l>Du mußt, was du einmal entrichtet, ſtets entrichten.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wers einmal gut gemacht hat fuͤrder keine Wahl,</l><lb/> <l>Als daß er beſſer noch es mach' ein andermal.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>5.</head><lb/> <lg type="poem"> <l/> <lg n="1"> <l>Schon wieder haſt du nicht, was ich gewollt, gethan,</l><lb/> <l>Schon wieder haſt du, was du nicht geſollt, gethan.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>„Geſuͤndigt hab' ich wol, allein vernimm die Gruͤnde</l><lb/> <l>Der Unterlaſſung dort, hier der Begehungſuͤnde.“</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und Suͤnden meineſt du mit Suͤnden abgethan?</l><lb/> <l>Die Gruͤnde gehn mich nichts, mich gehn die Suͤnden an.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wer ſich auf Gruͤnde wollt' einlaſſen aller Suͤnden,</l><lb/> <l>Auf einen ſchoͤnen Grund waͤr jede wol zu gruͤnden.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [182/0192]
4.
Du haſt es einmal brav gemacht, und meineſt nun,
Du koͤnnt'ſt ein andermal auch etwas minder thun.
Mitnichten kauft man ſich mit Pflichten los von Pflichten,
Du mußt, was du einmal entrichtet, ſtets entrichten.
Wers einmal gut gemacht hat fuͤrder keine Wahl,
Als daß er beſſer noch es mach' ein andermal.
5.
Schon wieder haſt du nicht, was ich gewollt, gethan,
Schon wieder haſt du, was du nicht geſollt, gethan.
„Geſuͤndigt hab' ich wol, allein vernimm die Gruͤnde
Der Unterlaſſung dort, hier der Begehungſuͤnde.“
Und Suͤnden meineſt du mit Suͤnden abgethan?
Die Gruͤnde gehn mich nichts, mich gehn die Suͤnden an.
Wer ſich auf Gruͤnde wollt' einlaſſen aller Suͤnden,
Auf einen ſchoͤnen Grund waͤr jede wol zu gruͤnden.
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