Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Nur wer auf Gottes Welt nichts bessres kennt als sich,
Nichts bessres weiß noch will, ist unverbesserlich.
Du bist der beste nicht! das treibet dich zum Besten;
Wer sich den besten glaubt, der hat sich selbst zum Besten.

61.
Du hast gewis dein Theil von Lust, was du genossen,
Vergessen, daß du nun dreinblickest so verdrossen.
Erinnre dich, wie schön einmal die Welt dir war!
So ist sie andern jetzt, so ist sie immerdar.
So ist sie immerdar, nur immer andern Augen,
Für die sie grade taugt, die für sie grade taugen.
Und taugt sie dir nicht mehr, so taugt sie andern noch;
Und taugst du selbst ihr nicht, so taugst du anderm doch.
Die Welt ist ewig schön, die Welt ist ewig jung,
Nicht im Genusse, nur in der Erinnerung.

Nur wer auf Gottes Welt nichts beſſres kennt als ſich,
Nichts beſſres weiß noch will, iſt unverbeſſerlich.
Du biſt der beſte nicht! das treibet dich zum Beſten;
Wer ſich den beſten glaubt, der hat ſich ſelbſt zum Beſten.

61.
Du haſt gewis dein Theil von Luſt, was du genoſſen,
Vergeſſen, daß du nun dreinblickeſt ſo verdroſſen.
Erinnre dich, wie ſchoͤn einmal die Welt dir war!
So iſt ſie andern jetzt, ſo iſt ſie immerdar.
So iſt ſie immerdar, nur immer andern Augen,
Fuͤr die ſie grade taugt, die fuͤr ſie grade taugen.
Und taugt ſie dir nicht mehr, ſo taugt ſie andern noch;
Und taugſt du ſelbſt ihr nicht, ſo taugſt du anderm doch.
Die Welt iſt ewig ſchoͤn, die Welt iſt ewig jung,
Nicht im Genuſſe, nur in der Erinnerung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0312" n="302"/>
            </l>
            <lg n="2">
              <l>Nur wer auf Gottes Welt nichts be&#x017F;&#x017F;res kennt als &#x017F;ich,</l><lb/>
              <l>Nichts be&#x017F;&#x017F;res weiß noch will, i&#x017F;t unverbe&#x017F;&#x017F;erlich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Du bi&#x017F;t der be&#x017F;te nicht! das treibet dich zum Be&#x017F;ten;</l><lb/>
              <l>Wer &#x017F;ich den be&#x017F;ten glaubt, der hat &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zum Be&#x017F;ten.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>61.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Du ha&#x017F;t gewis dein Theil von Lu&#x017F;t, was du geno&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Verge&#x017F;&#x017F;en, daß du nun dreinblicke&#x017F;t &#x017F;o verdro&#x017F;&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Erinnre dich, wie &#x017F;cho&#x0364;n einmal die Welt dir war!</l><lb/>
              <l>So i&#x017F;t &#x017F;ie andern jetzt, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie immerdar.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>So i&#x017F;t &#x017F;ie immerdar, nur immer andern Augen,</l><lb/>
              <l>Fu&#x0364;r die &#x017F;ie grade taugt, die fu&#x0364;r &#x017F;ie grade taugen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und taugt &#x017F;ie dir nicht mehr, &#x017F;o taugt &#x017F;ie andern noch;</l><lb/>
              <l>Und taug&#x017F;t du &#x017F;elb&#x017F;t ihr nicht, &#x017F;o taug&#x017F;t du anderm doch.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Die Welt i&#x017F;t ewig &#x017F;cho&#x0364;n, die Welt i&#x017F;t ewig jung,</l><lb/>
              <l>Nicht im Genu&#x017F;&#x017F;e, nur in der Erinnerung.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0312] Nur wer auf Gottes Welt nichts beſſres kennt als ſich, Nichts beſſres weiß noch will, iſt unverbeſſerlich. Du biſt der beſte nicht! das treibet dich zum Beſten; Wer ſich den beſten glaubt, der hat ſich ſelbſt zum Beſten. 61. Du haſt gewis dein Theil von Luſt, was du genoſſen, Vergeſſen, daß du nun dreinblickeſt ſo verdroſſen. Erinnre dich, wie ſchoͤn einmal die Welt dir war! So iſt ſie andern jetzt, ſo iſt ſie immerdar. So iſt ſie immerdar, nur immer andern Augen, Fuͤr die ſie grade taugt, die fuͤr ſie grade taugen. Und taugt ſie dir nicht mehr, ſo taugt ſie andern noch; Und taugſt du ſelbſt ihr nicht, ſo taugſt du anderm doch. Die Welt iſt ewig ſchoͤn, die Welt iſt ewig jung, Nicht im Genuſſe, nur in der Erinnerung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/312
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/312>, abgerufen am 23.11.2024.