jener Stelle, nicht, wie Lessing, für Gegenstände zu neh- men, sondern einzig für gewisse Bedingungen und Beschränkt- heiten der Darstellungsweise, der einen und der anderen Kunst- art. Noch gefährlicher indeß ist die schon berührte Vermi- schung des Gegenstandes mit den Formen, die ihn etwa be- zeichnen und künstlerisch darstellen können. Denn eben diese Verwechselung, welche aus dem Laokoon auf den größten Theil der ästhetischen Literatur der nachfolgenden Zeiten über- gegangen, erzeugte jenes Streben von außen nach ein- wärts*), welches, da man unvermeidlich bey der Aussen- seite stehen blieb, den modernen Kunstbestrebungen so nachthei- lig geworden. Wo Lessing aber den Gegenstand in einiger Annäherung an denjenigen Sinn genommen, den ich oben erklärt, versteht er ihn doch nur als eine entfernte Anregung des Geistes, als Motiv, da er dem Künstler große Frey- heit einräumt, nach den Foderungen eines vermeintlichen Ge- schmackes damit zu schalten. Hierin folgt er indeß einem ver- breiteten Irrthum, aus welchem in der modernen Kunstübung eine gewisse Untreue und Schlaffheit der Auffassung entstan- den ist, welche diese nicht eben vortheilhaft von antiker Strenge unterscheidet.
Mögen wir indeß den Gegenstand von den Formen der Darstellung absondern, oder, wie die Schönheitslehrer, ihn mit denselben vermengen, so ist er doch, wie weit oder eng wir ihn nehmen wollen, für Lessings Zweck, die Hervor- bringung des Schönen, nimmer von der Bedeutung und Wich- tigkeit, welche ihm noch immer von Vielen beygelegt wird. Zerlegen wir nun ein beliebiges Kunstwerk in Auffassung,
jener Stelle, nicht, wie Leſſing, fuͤr Gegenſtaͤnde zu neh- men, ſondern einzig fuͤr gewiſſe Bedingungen und Beſchraͤnkt- heiten der Darſtellungsweiſe, der einen und der anderen Kunſt- art. Noch gefaͤhrlicher indeß iſt die ſchon beruͤhrte Vermi- ſchung des Gegenſtandes mit den Formen, die ihn etwa be- zeichnen und kuͤnſtleriſch darſtellen koͤnnen. Denn eben dieſe Verwechſelung, welche aus dem Laokoon auf den groͤßten Theil der aͤſthetiſchen Literatur der nachfolgenden Zeiten uͤber- gegangen, erzeugte jenes Streben von außen nach ein- waͤrts*), welches, da man unvermeidlich bey der Auſſen- ſeite ſtehen blieb, den modernen Kunſtbeſtrebungen ſo nachthei- lig geworden. Wo Leſſing aber den Gegenſtand in einiger Annaͤherung an denjenigen Sinn genommen, den ich oben erklaͤrt, verſteht er ihn doch nur als eine entfernte Anregung des Geiſtes, als Motiv, da er dem Kuͤnſtler große Frey- heit einraͤumt, nach den Foderungen eines vermeintlichen Ge- ſchmackes damit zu ſchalten. Hierin folgt er indeß einem ver- breiteten Irrthum, aus welchem in der modernen Kunſtuͤbung eine gewiſſe Untreue und Schlaffheit der Auffaſſung entſtan- den iſt, welche dieſe nicht eben vortheilhaft von antiker Strenge unterſcheidet.
Moͤgen wir indeß den Gegenſtand von den Formen der Darſtellung abſondern, oder, wie die Schoͤnheitslehrer, ihn mit denſelben vermengen, ſo iſt er doch, wie weit oder eng wir ihn nehmen wollen, fuͤr Leſſings Zweck, die Hervor- bringung des Schoͤnen, nimmer von der Bedeutung und Wich- tigkeit, welche ihm noch immer von Vielen beygelegt wird. Zerlegen wir nun ein beliebiges Kunſtwerk in Auffaſſung,
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jener Stelle, nicht, wie Leſſing, fuͤr Gegenſtaͤnde zu neh-
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Verwechſelung, welche aus dem Laokoon auf den groͤßten
Theil der aͤſthetiſchen Literatur der nachfolgenden Zeiten uͤber-
gegangen, erzeugte jenes Streben von außen nach ein-
waͤrts *), welches, da man unvermeidlich bey der Auſſen-
ſeite ſtehen blieb, den modernen Kunſtbeſtrebungen ſo nachthei-
lig geworden. Wo Leſſing aber den Gegenſtand in einiger
Annaͤherung an denjenigen Sinn genommen, den ich oben
erklaͤrt, verſteht er ihn doch nur als eine entfernte Anregung
des Geiſtes, als Motiv, da er dem Kuͤnſtler große Frey-
heit einraͤumt, nach den Foderungen eines vermeintlichen Ge-
ſchmackes damit zu ſchalten. Hierin folgt er indeß einem ver-
breiteten Irrthum, aus welchem in der modernen Kunſtuͤbung
eine gewiſſe Untreue und Schlaffheit der Auffaſſung entſtan-
den iſt, welche dieſe nicht eben vortheilhaft von antiker
Strenge unterſcheidet.
Moͤgen wir indeß den Gegenſtand von den Formen der
Darſtellung abſondern, oder, wie die Schoͤnheitslehrer, ihn
mit denſelben vermengen, ſo iſt er doch, wie weit oder eng
wir ihn nehmen wollen, fuͤr Leſſings Zweck, die Hervor-
bringung des Schoͤnen, nimmer von der Bedeutung und Wich-
tigkeit, welche ihm noch immer von Vielen beygelegt wird.
Zerlegen wir nun ein beliebiges Kunſtwerk in Auffaſſung,
*) Schelling a. a. O.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/150>, abgerufen am 24.11.2024.
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