aus den Proportionen und Eintheilungen, welche nicht den erwähnten Neuerungen, sondern dem spätrömischen Alterthume entsprechen, theils aus den Deckenverzierungen selbst, welche denen der ravennatischen Kirchen im Ganzen ähnlich sind, doch, wie mir scheint, die gegenwärtig vorhandenen durch- hin übertreffen.
Die Decke des Umganges besteht in seiner ganzen Länge aus flachen, kuppelförmigen Gewölben, deren Verbindungen und Uebergänge viel Eigenthümliches haben. In jeder dieser sanft ausgewölbten Scheiben sind Geschichten des alten Testa- ments in Figuren von mittelmäßiger Größe ausgeführt; sie stehen auf weißem Grunde, wie die musivischen Verzierungen des inneren Umganges der Kirche S. Costanza, außerhalb Rom; ihre Beywerke sind untergeordnet, etwa wie in halber- hobenen Arbeiten; innerhalb jedes Kreises findet keine Abson- derung statt; sie sind endlich in kleineren Glasstiften, und nicht ohne Zierlichkeit und verhältnißmäßiges Kunstgefühl aus- geführt. Nehmen wir hinzu, daß in keiner dieser Darstellun- gen einige Spur mittelalterlicher Trachten und Baulichkeiten vorkommt, daß sie durchaus, bis in ihre äußersten Beywerke herab, mit geringen Modificationen antik sind; daß diese Mo- dificationen keine andere sind, als solche, welche vom vierten bis achten Jahrhundert überall sich geltend machen, so dürfte es nicht zu gewagt scheinen, wenn ich das Werk eben diesen Zeiten beymesse, und vermuthe, daß solches aus der Schule von Ravenna entsprossen sey, zu dessen Behörden das damals schon nicht unbedeutende Venedig im nächsten Verbande stand.
Ich enthalte mich, dieses Hauptwerk unter den altchrist- lichen Malereyen zu zergliedern; die Schönheiten der Anord- nung und Auffassung, welche darüber reichlich verbreitet sind,
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aus den Proportionen und Eintheilungen, welche nicht den erwaͤhnten Neuerungen, ſondern dem ſpaͤtroͤmiſchen Alterthume entſprechen, theils aus den Deckenverzierungen ſelbſt, welche denen der ravennatiſchen Kirchen im Ganzen aͤhnlich ſind, doch, wie mir ſcheint, die gegenwaͤrtig vorhandenen durch- hin uͤbertreffen.
Die Decke des Umganges beſteht in ſeiner ganzen Laͤnge aus flachen, kuppelfoͤrmigen Gewoͤlben, deren Verbindungen und Uebergaͤnge viel Eigenthuͤmliches haben. In jeder dieſer ſanft ausgewoͤlbten Scheiben ſind Geſchichten des alten Teſta- ments in Figuren von mittelmaͤßiger Groͤße ausgefuͤhrt; ſie ſtehen auf weißem Grunde, wie die muſiviſchen Verzierungen des inneren Umganges der Kirche S. Coſtanza, außerhalb Rom; ihre Beywerke ſind untergeordnet, etwa wie in halber- hobenen Arbeiten; innerhalb jedes Kreiſes findet keine Abſon- derung ſtatt; ſie ſind endlich in kleineren Glasſtiften, und nicht ohne Zierlichkeit und verhaͤltnißmaͤßiges Kunſtgefuͤhl aus- gefuͤhrt. Nehmen wir hinzu, daß in keiner dieſer Darſtellun- gen einige Spur mittelalterlicher Trachten und Baulichkeiten vorkommt, daß ſie durchaus, bis in ihre aͤußerſten Beywerke herab, mit geringen Modificationen antik ſind; daß dieſe Mo- dificationen keine andere ſind, als ſolche, welche vom vierten bis achten Jahrhundert uͤberall ſich geltend machen, ſo duͤrfte es nicht zu gewagt ſcheinen, wenn ich das Werk eben dieſen Zeiten beymeſſe, und vermuthe, daß ſolches aus der Schule von Ravenna entſproſſen ſey, zu deſſen Behoͤrden das damals ſchon nicht unbedeutende Venedig im naͤchſten Verbande ſtand.
Ich enthalte mich, dieſes Hauptwerk unter den altchriſt- lichen Malereyen zu zergliedern; die Schoͤnheiten der Anord- nung und Auffaſſung, welche daruͤber reichlich verbreitet ſind,
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aus den Proportionen und Eintheilungen, welche nicht den
erwaͤhnten Neuerungen, ſondern dem ſpaͤtroͤmiſchen Alterthume
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denen der ravennatiſchen Kirchen im Ganzen aͤhnlich ſind,
doch, wie mir ſcheint, die gegenwaͤrtig vorhandenen durch-
hin uͤbertreffen.
Die Decke des Umganges beſteht in ſeiner ganzen Laͤnge
aus flachen, kuppelfoͤrmigen Gewoͤlben, deren Verbindungen
und Uebergaͤnge viel Eigenthuͤmliches haben. In jeder dieſer
ſanft ausgewoͤlbten Scheiben ſind Geſchichten des alten Teſta-
ments in Figuren von mittelmaͤßiger Groͤße ausgefuͤhrt; ſie
ſtehen auf weißem Grunde, wie die muſiviſchen Verzierungen
des inneren Umganges der Kirche S. Coſtanza, außerhalb
Rom; ihre Beywerke ſind untergeordnet, etwa wie in halber-
hobenen Arbeiten; innerhalb jedes Kreiſes findet keine Abſon-
derung ſtatt; ſie ſind endlich in kleineren Glasſtiften, und
nicht ohne Zierlichkeit und verhaͤltnißmaͤßiges Kunſtgefuͤhl aus-
gefuͤhrt. Nehmen wir hinzu, daß in keiner dieſer Darſtellun-
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vorkommt, daß ſie durchaus, bis in ihre aͤußerſten Beywerke
herab, mit geringen Modificationen antik ſind; daß dieſe Mo-
dificationen keine andere ſind, als ſolche, welche vom vierten
bis achten Jahrhundert uͤberall ſich geltend machen, ſo duͤrfte
es nicht zu gewagt ſcheinen, wenn ich das Werk eben dieſen
Zeiten beymeſſe, und vermuthe, daß ſolches aus der Schule
von Ravenna entſproſſen ſey, zu deſſen Behoͤrden das damals
ſchon nicht unbedeutende Venedig im naͤchſten Verbande ſtand.
Ich enthalte mich, dieſes Hauptwerk unter den altchriſt-
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nung und Auffaſſung, welche daruͤber reichlich verbreitet ſind,
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/194>, abgerufen am 16.02.2025.
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