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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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die jüngste Zeit herab sich erhalten haben. Allein nachdem
der kurze Rausch der Rückeroberung Italiens sich gelegt hatte,
als man, schon auf einzelne Provinzen und Städte beschränkt,
auch diese nur mühseelig behauptete, verminderten sich noth-
wendig auch die Bauunternehmungen; man hatte zu Rom,
wie zu Ravenna, in den letzten Zeiten der schwersten Bedräng-
niß durch die Longobarden wohl kaum die Mittel, das Vor-
handene nothdürftig zu unterhalten, wie aus den zahlreichen
Wiederherstellungen alter Bauwerke erhellt, welche die Päpste
beschäftigten, unmittelbar nachdem sie durch Karl den Großen,
zum Theil schon durch Pipin, Sicherheit erlangt und neue
Hülfsquellen erworben hatten.

Die Longobarden dagegen, welche, als Germanen, sicher
weder eine eigene Kunst hinzubrachten *), noch deren Werke
zu würdigen wußten, hatten, wie ihre Gesetze darlegen, ihre
nordteutsche Hofeinrichtung nach Italien verpflanzt, und hie
und da, wie Urkunden zeigen **), inmitten verwüsteter Städte

Nachrichten von Stiftungen der Päpste. Die Bedrängnisse beider
Hauptstädte des westlichen Reiches begannen eben damals zur Zeit
Gregor des Großen (ep. Gr. M. lib. 2. ep. 32.).
*) Leges Rotharis (LL. Long.) 288. Si quis de lignamine adu-
nato in curte aut in platea ad casam faciendam lignum furatus fue-
rit, componat sol. VI. cf. c
. 287. 290. 308. -- Vergl. K. G. An-
ton
, Geschichte der teutschen Landwirthsch. Th. 1. Görlitz 1799.
S. 86 ff. (Gebäude) S. 95. (Ackerbau).
**) Zu Verona, s. Maffei Ver. ill.; auch zu Chiusi, welches,
wie Siena, im früheren MA. ein offener Flecken war, mit einigen
Burgen zur Schutzwehr und Zuflucht. -- Tiraboschi, stor. lett.
To. V. lib. II. c. 1. §. V. ff
., sucht gegen Muratori darzulegen,
daß die Longobarden Italien nicht eben beglückt haben; zu diesem
Zwecke vereinigt er bis §. X. eine Menge Beweisstellen, welche al-
lerdings von großem Unglück zeugen, doch nicht eigentlich widerle-

die juͤngſte Zeit herab ſich erhalten haben. Allein nachdem
der kurze Rauſch der Ruͤckeroberung Italiens ſich gelegt hatte,
als man, ſchon auf einzelne Provinzen und Staͤdte beſchraͤnkt,
auch dieſe nur muͤhſeelig behauptete, verminderten ſich noth-
wendig auch die Bauunternehmungen; man hatte zu Rom,
wie zu Ravenna, in den letzten Zeiten der ſchwerſten Bedraͤng-
niß durch die Longobarden wohl kaum die Mittel, das Vor-
handene nothduͤrftig zu unterhalten, wie aus den zahlreichen
Wiederherſtellungen alter Bauwerke erhellt, welche die Paͤpſte
beſchaͤftigten, unmittelbar nachdem ſie durch Karl den Großen,
zum Theil ſchon durch Pipin, Sicherheit erlangt und neue
Huͤlfsquellen erworben hatten.

Die Longobarden dagegen, welche, als Germanen, ſicher
weder eine eigene Kunſt hinzubrachten *), noch deren Werke
zu wuͤrdigen wußten, hatten, wie ihre Geſetze darlegen, ihre
nordteutſche Hofeinrichtung nach Italien verpflanzt, und hie
und da, wie Urkunden zeigen **), inmitten verwuͤſteter Staͤdte

Nachrichten von Stiftungen der Paͤpſte. Die Bedraͤngniſſe beider
Hauptſtaͤdte des weſtlichen Reiches begannen eben damals zur Zeit
Gregor des Großen (ep. Gr. M. lib. 2. ep. 32.).
*) Leges Rotharis (LL. Long.) 288. Si quis de lignamine adu-
nato in curte aut in platea ad casam faciendam lignum furatus fue-
rit, componat sol. VI. cf. c
. 287. 290. 308. — Vergl. K. G. An-
ton
, Geſchichte der teutſchen Landwirthſch. Th. 1. Goͤrlitz 1799.
S. 86 ff. (Gebaͤude) S. 95. (Ackerbau).
**) Zu Verona, ſ. Maffei Ver. ill.; auch zu Chiuſi, welches,
wie Siena, im fruͤheren MA. ein offener Flecken war, mit einigen
Burgen zur Schutzwehr und Zuflucht. — Tiraboschi, stor. lett.
To. V. lib. II. c. 1. §. V. ff
., ſucht gegen Muratori darzulegen,
daß die Longobarden Italien nicht eben begluͤckt haben; zu dieſem
Zwecke vereinigt er bis §. X. eine Menge Beweisſtellen, welche al-
lerdings von großem Ungluͤck zeugen, doch nicht eigentlich widerle-
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[186/0204] die juͤngſte Zeit herab ſich erhalten haben. Allein nachdem der kurze Rauſch der Ruͤckeroberung Italiens ſich gelegt hatte, als man, ſchon auf einzelne Provinzen und Staͤdte beſchraͤnkt, auch dieſe nur muͤhſeelig behauptete, verminderten ſich noth- wendig auch die Bauunternehmungen; man hatte zu Rom, wie zu Ravenna, in den letzten Zeiten der ſchwerſten Bedraͤng- niß durch die Longobarden wohl kaum die Mittel, das Vor- handene nothduͤrftig zu unterhalten, wie aus den zahlreichen Wiederherſtellungen alter Bauwerke erhellt, welche die Paͤpſte beſchaͤftigten, unmittelbar nachdem ſie durch Karl den Großen, zum Theil ſchon durch Pipin, Sicherheit erlangt und neue Huͤlfsquellen erworben hatten. Die Longobarden dagegen, welche, als Germanen, ſicher weder eine eigene Kunſt hinzubrachten *), noch deren Werke zu wuͤrdigen wußten, hatten, wie ihre Geſetze darlegen, ihre nordteutſche Hofeinrichtung nach Italien verpflanzt, und hie und da, wie Urkunden zeigen **), inmitten verwuͤſteter Staͤdte ***) *) Leges Rotharis (LL. Long.) 288. Si quis de lignamine adu- nato in curte aut in platea ad casam faciendam lignum furatus fue- rit, componat sol. VI. cf. c. 287. 290. 308. — Vergl. K. G. An- ton, Geſchichte der teutſchen Landwirthſch. Th. 1. Goͤrlitz 1799. S. 86 ff. (Gebaͤude) S. 95. (Ackerbau). **) Zu Verona, ſ. Maffei Ver. ill.; auch zu Chiuſi, welches, wie Siena, im fruͤheren MA. ein offener Flecken war, mit einigen Burgen zur Schutzwehr und Zuflucht. — Tiraboschi, stor. lett. To. V. lib. II. c. 1. §. V. ff., ſucht gegen Muratori darzulegen, daß die Longobarden Italien nicht eben begluͤckt haben; zu dieſem Zwecke vereinigt er bis §. X. eine Menge Beweisſtellen, welche al- lerdings von großem Ungluͤck zeugen, doch nicht eigentlich widerle- ***) Nachrichten von Stiftungen der Paͤpſte. Die Bedraͤngniſſe beider Hauptſtaͤdte des weſtlichen Reiches begannen eben damals zur Zeit Gregor des Großen (ep. Gr. M. lib. 2. ep. 32.).

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/204>, abgerufen am 19.05.2024.