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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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ihre Höfe angelegt, weshalb die Kunst bey ihnen weder durch
Sitte, noch durch Lebenseinrichtung begünstigt wurde, ja nicht
einmal durch religiöse Meinungen, da sie bekanntlich größeren-
theils der Lehre des Arius anhingen, welche dem kirchlichen
Besitz und Glanze ungünstig war. Es ist daher so unwahr-
scheinlich als unbekundet, daß sie unmittelbar nach der Ero-
berung die Künste bey ihren römischen Unterthanen befördert
haben, deren Lage damals, wie man immer die bekannte
Stelle Paul Warnefrieds auslegen wolle, doch sicher von
der Art war, daß sie freywillig schwerlich mehr, als das
höchst Nothdürftige unternommen. Pavia indeß ward unver-
sehrt in Besitz genommen *), der Palast Theodorichs, als Re-
sidenz der longobardischen Könige, so wohl unterhalten, daß
Agnello **) noch in den Zeiten Karl des Großen das
Wandgemälde Theoderichs darin beschauen konnte; woher zu
schließen, daß die neuen Einwanderer, wenigstens ihre Beherr-
scher, sich früh an italisches Gemach gewöhnt haben. Gewiß
ward späterhin, gegen die Mitte der longobardischen Herr-
schaft, zu Pavia manches neue Bauwerk errichtet ***), deren

gen, was Muratori aus seinem histor. Standpunkt, der jenem
fehlte, behauptet hatte.
*) Paul. Diac. de gestis Long. lib. 11. c. 27.
**) Agnell. l. c. vita Petri Sen. c. 2.
***) S. Paul. Diac. lib. IV. cap. 22. 23; lib. V. c. 33. 34.
36, 50; lib. VI. c
. 1. 17. 35. 58. Diese Angaben betreffen einzig die
königl. Residenzstätten, sind nur gelegentliche Erwähnungen, lassen
mithin Raum für die Vermuthung, daß überall ein Gleiches statt
gefunden, was hie und da aus Urkunden und Inschriften erweislich
ist. Die Inschrift zu Citta nuova bey Muratori (antt. It. Diss.
21); ein Bruchstück aus König Cuniperts Zeit bey Bava (Diss.
istoriche, ragion
. 2) und die wichtigere bey Pizzetti (antt. Tos-

ihre Hoͤfe angelegt, weshalb die Kunſt bey ihnen weder durch
Sitte, noch durch Lebenseinrichtung beguͤnſtigt wurde, ja nicht
einmal durch religioͤſe Meinungen, da ſie bekanntlich groͤßeren-
theils der Lehre des Arius anhingen, welche dem kirchlichen
Beſitz und Glanze unguͤnſtig war. Es iſt daher ſo unwahr-
ſcheinlich als unbekundet, daß ſie unmittelbar nach der Ero-
berung die Kuͤnſte bey ihren roͤmiſchen Unterthanen befoͤrdert
haben, deren Lage damals, wie man immer die bekannte
Stelle Paul Warnefrieds auslegen wolle, doch ſicher von
der Art war, daß ſie freywillig ſchwerlich mehr, als das
hoͤchſt Nothduͤrftige unternommen. Pavia indeß ward unver-
ſehrt in Beſitz genommen *), der Palaſt Theodorichs, als Re-
ſidenz der longobardiſchen Koͤnige, ſo wohl unterhalten, daß
Agnello **) noch in den Zeiten Karl des Großen das
Wandgemaͤlde Theoderichs darin beſchauen konnte; woher zu
ſchließen, daß die neuen Einwanderer, wenigſtens ihre Beherr-
ſcher, ſich fruͤh an italiſches Gemach gewoͤhnt haben. Gewiß
ward ſpaͤterhin, gegen die Mitte der longobardiſchen Herr-
ſchaft, zu Pavia manches neue Bauwerk errichtet ***), deren

gen, was Muratori aus ſeinem hiſtor. Standpunkt, der jenem
fehlte, behauptet hatte.
*) Paul. Diac. de gestis Long. lib. 11. c. 27.
**) Agnell. l. c. vita Petri Sen. c. 2.
***) S. Paul. Diac. lib. IV. cap. 22. 23; lib. V. c. 33. 34.
36, 50; lib. VI. c
. 1. 17. 35. 58. Dieſe Angaben betreffen einzig die
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mithin Raum fuͤr die Vermuthung, daß uͤberall ein Gleiches ſtatt
gefunden, was hie und da aus Urkunden und Inſchriften erweislich
iſt. Die Inſchrift zu Citta nuova bey Muratori (antt. It. Diss.
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istoriche, ragion
. 2) und die wichtigere bey Pizzetti (antt. Tos-
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[187/0205] ihre Hoͤfe angelegt, weshalb die Kunſt bey ihnen weder durch Sitte, noch durch Lebenseinrichtung beguͤnſtigt wurde, ja nicht einmal durch religioͤſe Meinungen, da ſie bekanntlich groͤßeren- theils der Lehre des Arius anhingen, welche dem kirchlichen Beſitz und Glanze unguͤnſtig war. Es iſt daher ſo unwahr- ſcheinlich als unbekundet, daß ſie unmittelbar nach der Ero- berung die Kuͤnſte bey ihren roͤmiſchen Unterthanen befoͤrdert haben, deren Lage damals, wie man immer die bekannte Stelle Paul Warnefrieds auslegen wolle, doch ſicher von der Art war, daß ſie freywillig ſchwerlich mehr, als das hoͤchſt Nothduͤrftige unternommen. Pavia indeß ward unver- ſehrt in Beſitz genommen *), der Palaſt Theodorichs, als Re- ſidenz der longobardiſchen Koͤnige, ſo wohl unterhalten, daß Agnello **) noch in den Zeiten Karl des Großen das Wandgemaͤlde Theoderichs darin beſchauen konnte; woher zu ſchließen, daß die neuen Einwanderer, wenigſtens ihre Beherr- ſcher, ſich fruͤh an italiſches Gemach gewoͤhnt haben. Gewiß ward ſpaͤterhin, gegen die Mitte der longobardiſchen Herr- ſchaft, zu Pavia manches neue Bauwerk errichtet ***), deren **) *) Paul. Diac. de gestis Long. lib. 11. c. 27. **) Agnell. l. c. vita Petri Sen. c. 2. ***) S. Paul. Diac. lib. IV. cap. 22. 23; lib. V. c. 33. 34. 36, 50; lib. VI. c. 1. 17. 35. 58. Dieſe Angaben betreffen einzig die koͤnigl. Reſidenzſtaͤtten, ſind nur gelegentliche Erwaͤhnungen, laſſen mithin Raum fuͤr die Vermuthung, daß uͤberall ein Gleiches ſtatt gefunden, was hie und da aus Urkunden und Inſchriften erweislich iſt. Die Inſchrift zu Citta nuova bey Muratori (antt. It. Diss. 21); ein Bruchſtuͤck aus Koͤnig Cuniperts Zeit bey Bava (Diss. istoriche, ragion. 2) und die wichtigere bey Pizzetti (antt. Tos- **) gen, was Muratori aus ſeinem hiſtor. Standpunkt, der jenem fehlte, behauptet hatte.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/205>, abgerufen am 19.05.2024.