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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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Frankenreich den Mißhelligkeiten und der Ohnmacht des herr-
schenden Hauses; bis auf Pipin und Karl mußten demnach
an beiden Stellen die Mittel fehlen, dem schon erwachten
Geschmacke an kirchlicher Pracht Genüge zu leisten. Doch un-
ter Hadrian I. brach die lange Zeit zurückgehaltene, halb un-
terdrückte Neigung zu metallischem Glanze nur um so gewal-
tiger hervor, und in dem Leben Leos III., bey Anastasius,
erfüllt die Aufzählung von mancherley Weihgeschenken aus
Gold und Silber und edlem Gesteine mindestens ein Drittheil
des ganzen Raumes. Aber auch am fränkischen Hofe scheint
die Lust an solchen Kunstarbeiten ganz in demselben Verhält-
niß zuzunehmen; die Weihgeschenke, welche der große König
unter Hadrian I. der römischen Kirche darbringt, sind ungleich
karger *), als die späteren Austheilungen unter Leo III. **).
Nehmen wir hinzu, daß diese Päpste dem Könige theils mit
Beyspiel vorangegangen sind, theils ihn, wenn wir uns an

*) Anastas. (vita Hadr. I.) erwähnt nur eines einzigen Ge-
schenkes von Bedeutung, eines schon zu seiner Zeit beraubten
Kreuzes; wahrscheinlich dasselbe, für dessen Uebersendung Hadrian
(ep. 22. ap. Bouquet, recueil, T. c. p. 565.) dem Könige Dank
abstattet.
**) Anast. vit. Leo III. ed. c. p. 67. col. 2. 68. col. 1. --
"obtulit mensam argenteam
(vgl. Eginhard, vit. Car. M. c. 33.)
-- diversa vasa ex auro purissimo -- patenam auream cum gemmis
-- calicem majorem cum gemmis etc. etc. -- Verum etiam et Evan-
gelium ex auro mundissimo cum gemmis ornatum.
-- Des Tisches,
den, nach Eginhard, die Kirche zu Ravenna durch Vermächtniß
Karls des Großen erhalten, erwähnt Agnellus im Leben des
gleichzeitigen Erzbischofs. Diese silbernen Tafeln, zwey mit den
Grundrissen von Rom und Constantinopel, die eine mit dem Welt-
kreise, waren höchst wahrscheinlich niellirt, vielleicht byzantinische
Arbeit, wenigstens der Plan von Constantinopel.

Frankenreich den Mißhelligkeiten und der Ohnmacht des herr-
ſchenden Hauſes; bis auf Pipin und Karl mußten demnach
an beiden Stellen die Mittel fehlen, dem ſchon erwachten
Geſchmacke an kirchlicher Pracht Genuͤge zu leiſten. Doch un-
ter Hadrian I. brach die lange Zeit zuruͤckgehaltene, halb un-
terdruͤckte Neigung zu metalliſchem Glanze nur um ſo gewal-
tiger hervor, und in dem Leben Leos III., bey Anaſtaſius,
erfuͤllt die Aufzaͤhlung von mancherley Weihgeſchenken aus
Gold und Silber und edlem Geſteine mindeſtens ein Drittheil
des ganzen Raumes. Aber auch am fraͤnkiſchen Hofe ſcheint
die Luſt an ſolchen Kunſtarbeiten ganz in demſelben Verhaͤlt-
niß zuzunehmen; die Weihgeſchenke, welche der große Koͤnig
unter Hadrian I. der roͤmiſchen Kirche darbringt, ſind ungleich
karger *), als die ſpaͤteren Austheilungen unter Leo III. **).
Nehmen wir hinzu, daß dieſe Paͤpſte dem Koͤnige theils mit
Beyſpiel vorangegangen ſind, theils ihn, wenn wir uns an

*) Anaſtaſ. (vita Hadr. I.) erwaͤhnt nur eines einzigen Ge-
ſchenkes von Bedeutung, eines ſchon zu ſeiner Zeit beraubten
Kreuzes; wahrſcheinlich daſſelbe, fuͤr deſſen Ueberſendung Hadrian
(ep. 22. ap. Bouquet, recueil, T. c. p. 565.) dem Koͤnige Dank
abſtattet.
**) Anast. vit. Leo III. ed. c. p. 67. col. 2. 68. col. 1. —
„obtulit mensam argenteam
(vgl. Eginhard, vit. Car. M. c. 33.)
— diversa vasa ex auro purissimo — patenam auream cum gemmis
— calicem majorem cúm gemmis etc. etc. — Verum etiam et Evan-
gelium ex auro mundissimo cum gemmis ornatum.
— Des Tiſches,
den, nach Eginhard, die Kirche zu Ravenna durch Vermaͤchtniß
Karls des Großen erhalten, erwaͤhnt Agnellus im Leben des
gleichzeitigen Erzbiſchofs. Dieſe ſilbernen Tafeln, zwey mit den
Grundriſſen von Rom und Conſtantinopel, die eine mit dem Welt-
kreiſe, waren hoͤchſt wahrſcheinlich niellirt, vielleicht byzantiniſche
Arbeit, wenigſtens der Plan von Conſtantinopel.
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[219/0237] Frankenreich den Mißhelligkeiten und der Ohnmacht des herr- ſchenden Hauſes; bis auf Pipin und Karl mußten demnach an beiden Stellen die Mittel fehlen, dem ſchon erwachten Geſchmacke an kirchlicher Pracht Genuͤge zu leiſten. Doch un- ter Hadrian I. brach die lange Zeit zuruͤckgehaltene, halb un- terdruͤckte Neigung zu metalliſchem Glanze nur um ſo gewal- tiger hervor, und in dem Leben Leos III., bey Anaſtaſius, erfuͤllt die Aufzaͤhlung von mancherley Weihgeſchenken aus Gold und Silber und edlem Geſteine mindeſtens ein Drittheil des ganzen Raumes. Aber auch am fraͤnkiſchen Hofe ſcheint die Luſt an ſolchen Kunſtarbeiten ganz in demſelben Verhaͤlt- niß zuzunehmen; die Weihgeſchenke, welche der große Koͤnig unter Hadrian I. der roͤmiſchen Kirche darbringt, ſind ungleich karger *), als die ſpaͤteren Austheilungen unter Leo III. **). Nehmen wir hinzu, daß dieſe Paͤpſte dem Koͤnige theils mit Beyſpiel vorangegangen ſind, theils ihn, wenn wir uns an *) Anaſtaſ. (vita Hadr. I.) erwaͤhnt nur eines einzigen Ge- ſchenkes von Bedeutung, eines ſchon zu ſeiner Zeit beraubten Kreuzes; wahrſcheinlich daſſelbe, fuͤr deſſen Ueberſendung Hadrian (ep. 22. ap. Bouquet, recueil, T. c. p. 565.) dem Koͤnige Dank abſtattet. **) Anast. vit. Leo III. ed. c. p. 67. col. 2. 68. col. 1. — „obtulit mensam argenteam (vgl. Eginhard, vit. Car. M. c. 33.) — diversa vasa ex auro purissimo — patenam auream cum gemmis — calicem majorem cúm gemmis etc. etc. — Verum etiam et Evan- gelium ex auro mundissimo cum gemmis ornatum. — Des Tiſches, den, nach Eginhard, die Kirche zu Ravenna durch Vermaͤchtniß Karls des Großen erhalten, erwaͤhnt Agnellus im Leben des gleichzeitigen Erzbiſchofs. Dieſe ſilbernen Tafeln, zwey mit den Grundriſſen von Rom und Conſtantinopel, die eine mit dem Welt- kreiſe, waren hoͤchſt wahrſcheinlich niellirt, vielleicht byzantiniſche Arbeit, wenigſtens der Plan von Conſtantinopel.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/237>, abgerufen am 27.11.2024.