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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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stungen Schritt zu halten, sogar sie zu übertreffen. Und da
er sich eben dort mit einem fränkischen Namen, Ingobertus,
nennt, so werden wir berechtigt seyn, diese Miniaturmalereyen
als eine Verjüngung italienischer Ueberlieferungen durch den
frischeren Lebensmuth des herrschenden Volkes zu betrachten.
Auch in anderen zufällig erhaltenen Handschriften der karolin-
gischen Zeit melden sich Künstler mit deutschen Namen, aus
welchen wir abnehmen können, sowohl daß jene fränkische
Hofschule zahlreich war, als daß ihre Zöglinge von einer för-
derlichen Ruhmbegier beseelt wurden *).

Bey Schriftstellern über fränkische Alterthümer **), in
bibliographischen und diplomatischen Werken findet sich die
Nachweisung anderer Handschriften des achten und neunten
Jahrhunderts, welche mit kunstreichen Deckeln und zierlichen
Miniaturen versehen sind, gleich dem Evangeliarium Karls
des Kahlen
, ehemals im Reichsstifte S. Emmeram, gegen-
wärtig in der Hofbibliothek zu München. Das wichtigste
Blatt dieses Buches hat allerdings, wahrscheinlich bey jener
Ausbesserung, welche auf der inneren Seite des Einbandes

Quem tibi, quemque tuis rex Carolus ore serenus
Offert, XPE, --
Ejus ad imperium devoti pectoris artus
Ingobertus eram referens et scriba fidelis
Graphidas Ausonios aequans superansve tenore
.
*) Im Codex von Toulouse (Bouquet T. c. p. 401.), wel-
cher bey der Taufe des ehem. Königs von Rom dem dam. Herrscher
dargebracht worden (s. Jen. Lit. Zeitung 1811. col. 508.), nennt
sich der Calligraph und Maler Godescalcus; im Psalter der Kk.
Hofbibl. zu Wien ein anderer: Dagulf. Vgl. den Prolog anderer
HSS. d. Z. bey Bouquet, T. c. p. 404 und 410.
**) z. B. bey Montfaucon, l. et T. c. p. 301 s.
I. 15

ſtungen Schritt zu halten, ſogar ſie zu uͤbertreffen. Und da
er ſich eben dort mit einem fraͤnkiſchen Namen, Ingobertus,
nennt, ſo werden wir berechtigt ſeyn, dieſe Miniaturmalereyen
als eine Verjuͤngung italieniſcher Ueberlieferungen durch den
friſcheren Lebensmuth des herrſchenden Volkes zu betrachten.
Auch in anderen zufaͤllig erhaltenen Handſchriften der karolin-
giſchen Zeit melden ſich Kuͤnſtler mit deutſchen Namen, aus
welchen wir abnehmen koͤnnen, ſowohl daß jene fraͤnkiſche
Hofſchule zahlreich war, als daß ihre Zoͤglinge von einer foͤr-
derlichen Ruhmbegier beſeelt wurden *).

Bey Schriftſtellern uͤber fraͤnkiſche Alterthuͤmer **), in
bibliographiſchen und diplomatiſchen Werken findet ſich die
Nachweiſung anderer Handſchriften des achten und neunten
Jahrhunderts, welche mit kunſtreichen Deckeln und zierlichen
Miniaturen verſehen ſind, gleich dem Evangeliarium Karls
des Kahlen
, ehemals im Reichsſtifte S. Emmeram, gegen-
waͤrtig in der Hofbibliothek zu Muͤnchen. Das wichtigſte
Blatt dieſes Buches hat allerdings, wahrſcheinlich bey jener
Ausbeſſerung, welche auf der inneren Seite des Einbandes

Quem tibi, quemque tuis rex Carolus ore serenus
Offert, XPE, —
Ejus ad imperium devoti pectoris artus
Ingobertus eram referens et scriba fidelis
Graphidas Ausonios aequans superansve tenore
.
*) Im Codex von Toulouſe (Bouquet T. c. p. 401.), wel-
cher bey der Taufe des ehem. Koͤnigs von Rom dem dam. Herrſcher
dargebracht worden (ſ. Jen. Lit. Zeitung 1811. col. 508.), nennt
ſich der Calligraph und Maler Godescalcus; im Pſalter der Kk.
Hofbibl. zu Wien ein anderer: Dagulf. Vgl. den Prolog anderer
HSS. d. Z. bey Bouquet, T. c. p. 404 und 410.
**) z. B. bey Montfaucon, l. et T. c. p. 301 s.
I. 15
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[225/0243] ſtungen Schritt zu halten, ſogar ſie zu uͤbertreffen. Und da er ſich eben dort mit einem fraͤnkiſchen Namen, Ingobertus, nennt, ſo werden wir berechtigt ſeyn, dieſe Miniaturmalereyen als eine Verjuͤngung italieniſcher Ueberlieferungen durch den friſcheren Lebensmuth des herrſchenden Volkes zu betrachten. Auch in anderen zufaͤllig erhaltenen Handſchriften der karolin- giſchen Zeit melden ſich Kuͤnſtler mit deutſchen Namen, aus welchen wir abnehmen koͤnnen, ſowohl daß jene fraͤnkiſche Hofſchule zahlreich war, als daß ihre Zoͤglinge von einer foͤr- derlichen Ruhmbegier beſeelt wurden *). Bey Schriftſtellern uͤber fraͤnkiſche Alterthuͤmer **), in bibliographiſchen und diplomatiſchen Werken findet ſich die Nachweiſung anderer Handſchriften des achten und neunten Jahrhunderts, welche mit kunſtreichen Deckeln und zierlichen Miniaturen verſehen ſind, gleich dem Evangeliarium Karls des Kahlen, ehemals im Reichsſtifte S. Emmeram, gegen- waͤrtig in der Hofbibliothek zu Muͤnchen. Das wichtigſte Blatt dieſes Buches hat allerdings, wahrſcheinlich bey jener Ausbeſſerung, welche auf der inneren Seite des Einbandes *) *) Im Codex von Toulouſe (Bouquet T. c. p. 401.), wel- cher bey der Taufe des ehem. Koͤnigs von Rom dem dam. Herrſcher dargebracht worden (ſ. Jen. Lit. Zeitung 1811. col. 508.), nennt ſich der Calligraph und Maler Godescalcus; im Pſalter der Kk. Hofbibl. zu Wien ein anderer: Dagulf. Vgl. den Prolog anderer HSS. d. Z. bey Bouquet, T. c. p. 404 und 410. **) z. B. bey Montfaucon, l. et T. c. p. 301 s. *) Quem tibi, quemque tuis rex Carolus ore serenus Offert, XPE, — Ejus ad imperium devoti pectoris artus Ingobertus eram referens et scriba fidelis Graphidas Ausonios aequans superansve tenore. I. 15

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/243>, abgerufen am 19.05.2024.