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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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richten, thätigen Beweisen für die Vermuthung, daß er den
Gebrauch, in nassem Thon zu modelliren, vielleicht in der
vollen Größe seiner halberhobenen Arbeiten, wiederum in die
Bildnerey eingeführt. Den Gebrauch sage ich, nicht die Er-
findung; denn, obwohl die Güsse in Erz damals nur in klei-
neren Theilen, und im Ganzen nur selten beschafft wurden,
so setzen dennoch die eben vorkommenden die Fortübung des
Modellirens in Thon voraus; also nur von der Anwendung
dieses Kunstgriffes auf Vorbilder des Meißels kann hier, wenn
jene Vermuthung sonst zulässig, die Rede seyn.

Daß jene alten Künstler des zwölften Jahrhunderts bey
einiger Verbesserung ihrer Hand- und Kunstgriffe ganz Ande-
res hätten leisten können, ergäbe sich aus jenem, angeblich
in Weinstock geschnitzten Hauptthore der Kirche S. Sabina zu
Rom, wenn anders mit Sicherheit auszumachen wäre, daß
dieses Werk, wie Umstände wahrscheinlich machen, um das
Jahr 1200 entstanden sey.

Da man durch die Seitenthüre einzugehen pflegt, so wer-
den diese Thore, welche gegenwärtig zum Garten gekehrt sind,
und von innen her geöffnet werden müssen, sehr häufig von
den Reisenden übersehen, obwohl sie der Beachtung werth sind.
Denn in den niedrig gehaltenen Figuren der Füllungen, selbst
in den Gründen und Beywerken, nähern sie sich dem Spät-
römischen oder Altchristlichen, so daß ich anfangs veranlaßt
wurde, in den Leben älterer Päpste nach ihrer Stiftung zu
suchen. Doch bey wiederholter Besichtigung entdeckte ich an
der inneren Seite Verzierungen, welche bereits das Antike
verlassen und Verhältnisse und Formen annehmen, welche im
zwölften Jahrhundert die Annäherung jenes Bau- und Ver-
zierungsgeschmackes ankündigen, den man den gothischen nennt.

I. 18

richten, thaͤtigen Beweiſen fuͤr die Vermuthung, daß er den
Gebrauch, in naſſem Thon zu modelliren, vielleicht in der
vollen Groͤße ſeiner halberhobenen Arbeiten, wiederum in die
Bildnerey eingefuͤhrt. Den Gebrauch ſage ich, nicht die Er-
findung; denn, obwohl die Guͤſſe in Erz damals nur in klei-
neren Theilen, und im Ganzen nur ſelten beſchafft wurden,
ſo ſetzen dennoch die eben vorkommenden die Fortuͤbung des
Modellirens in Thon voraus; alſo nur von der Anwendung
dieſes Kunſtgriffes auf Vorbilder des Meißels kann hier, wenn
jene Vermuthung ſonſt zulaͤſſig, die Rede ſeyn.

Daß jene alten Kuͤnſtler des zwoͤlften Jahrhunderts bey
einiger Verbeſſerung ihrer Hand- und Kunſtgriffe ganz Ande-
res haͤtten leiſten koͤnnen, ergaͤbe ſich aus jenem, angeblich
in Weinſtock geſchnitzten Hauptthore der Kirche S. Sabina zu
Rom, wenn anders mit Sicherheit auszumachen waͤre, daß
dieſes Werk, wie Umſtaͤnde wahrſcheinlich machen, um das
Jahr 1200 entſtanden ſey.

Da man durch die Seitenthuͤre einzugehen pflegt, ſo wer-
den dieſe Thore, welche gegenwaͤrtig zum Garten gekehrt ſind,
und von innen her geoͤffnet werden muͤſſen, ſehr haͤufig von
den Reiſenden uͤberſehen, obwohl ſie der Beachtung werth ſind.
Denn in den niedrig gehaltenen Figuren der Fuͤllungen, ſelbſt
in den Gruͤnden und Beywerken, naͤhern ſie ſich dem Spaͤt-
roͤmiſchen oder Altchriſtlichen, ſo daß ich anfangs veranlaßt
wurde, in den Leben aͤlterer Paͤpſte nach ihrer Stiftung zu
ſuchen. Doch bey wiederholter Beſichtigung entdeckte ich an
der inneren Seite Verzierungen, welche bereits das Antike
verlaſſen und Verhaͤltniſſe und Formen annehmen, welche im
zwoͤlften Jahrhundert die Annaͤherung jenes Bau- und Ver-
zierungsgeſchmackes ankuͤndigen, den man den gothiſchen nennt.

I. 18
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[273/0291] richten, thaͤtigen Beweiſen fuͤr die Vermuthung, daß er den Gebrauch, in naſſem Thon zu modelliren, vielleicht in der vollen Groͤße ſeiner halberhobenen Arbeiten, wiederum in die Bildnerey eingefuͤhrt. Den Gebrauch ſage ich, nicht die Er- findung; denn, obwohl die Guͤſſe in Erz damals nur in klei- neren Theilen, und im Ganzen nur ſelten beſchafft wurden, ſo ſetzen dennoch die eben vorkommenden die Fortuͤbung des Modellirens in Thon voraus; alſo nur von der Anwendung dieſes Kunſtgriffes auf Vorbilder des Meißels kann hier, wenn jene Vermuthung ſonſt zulaͤſſig, die Rede ſeyn. Daß jene alten Kuͤnſtler des zwoͤlften Jahrhunderts bey einiger Verbeſſerung ihrer Hand- und Kunſtgriffe ganz Ande- res haͤtten leiſten koͤnnen, ergaͤbe ſich aus jenem, angeblich in Weinſtock geſchnitzten Hauptthore der Kirche S. Sabina zu Rom, wenn anders mit Sicherheit auszumachen waͤre, daß dieſes Werk, wie Umſtaͤnde wahrſcheinlich machen, um das Jahr 1200 entſtanden ſey. Da man durch die Seitenthuͤre einzugehen pflegt, ſo wer- den dieſe Thore, welche gegenwaͤrtig zum Garten gekehrt ſind, und von innen her geoͤffnet werden muͤſſen, ſehr haͤufig von den Reiſenden uͤberſehen, obwohl ſie der Beachtung werth ſind. Denn in den niedrig gehaltenen Figuren der Fuͤllungen, ſelbſt in den Gruͤnden und Beywerken, naͤhern ſie ſich dem Spaͤt- roͤmiſchen oder Altchriſtlichen, ſo daß ich anfangs veranlaßt wurde, in den Leben aͤlterer Paͤpſte nach ihrer Stiftung zu ſuchen. Doch bey wiederholter Beſichtigung entdeckte ich an der inneren Seite Verzierungen, welche bereits das Antike verlaſſen und Verhaͤltniſſe und Formen annehmen, welche im zwoͤlften Jahrhundert die Annaͤherung jenes Bau- und Ver- zierungsgeſchmackes ankuͤndigen, den man den gothiſchen nennt. I. 18

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/291>, abgerufen am 21.11.2024.