zwerghaften Säulengange eines Klosterhofes hinter der Kirche S. Johannes im Lateran. Dort steht an einem der Giebel: MAGR DEODATVS -- FECIT HOC OPVS. Diese Giebel indeß neigen sich zum Gothischen, und das Wappen Colonna in einem anderen scheint auf Erneuerungen des dreyzehnten Jahrhunderts hinzuweisen, denen dieser Name anheimfallen möchte. Deodatus kann demnach nicht derselbe seyn, den wir oben als den Bruder des Meister Gruamons kennen gelernt.
Ich komme darauf zurück, daß ein großer Theil der an- geführten Arbeiten, welche uns nun auch für Rom eine gute Zahl von Künstlernamen abgegeben haben, bloß in Bauverzie- rungen besteht, in deren verhältnißmäßig guter Ausführung die Künstler ihre Ehre gesetzt. Emsige Bearbeitung, gute Fü- gung der Marmorstücke zeigt sich gleichzeitig auch in anderen Mittelpuncten des damaligen Italiens, z. B. im Grabmal des Bischofs Rainer von Florenz, daselbst in der S. Johan- niskirche, welcher Herr nach der Inschrift im J. 113 gestor- ben. Also fand Nicolas von Pisa sein Handwerk schon vor- gebildet. Demungeachtet steht er in Ansehung seines Geistes, Styles, Natursinnes, in jener Zeit ganz einsam; und gewiß blieb in der bildnerischen Technik, da in dieser Kunstart die Technik des Alterthums früh vernachlässigt worden, noch bis in die neuesten Zeiten so mancher Handgriff aufzufinden, daß nur dem außerordentlichsten Geiste gelingen konnte, unüber- windliche Schwierigkeiten zu besiegen. Ich glaube nicht, daß die italienischen Vorgänger des Nicolas Thonmodelle gemacht haben, noch daß letzter ohne Thonmodelle so herrlich in Mar- mor habe vollenden können, als etwa die Figuren an der Kanzel zu Siena. Leider fehlt es uns an umständlichen Nach-
rich-
zwerghaften Saͤulengange eines Kloſterhofes hinter der Kirche S. Johannes im Lateran. Dort ſteht an einem der Giebel: MAG̅R̅ DEODATVS — FECIT HOC OPVS. Dieſe Giebel indeß neigen ſich zum Gothiſchen, und das Wappen Colonna in einem anderen ſcheint auf Erneuerungen des dreyzehnten Jahrhunderts hinzuweiſen, denen dieſer Name anheimfallen moͤchte. Deodatus kann demnach nicht derſelbe ſeyn, den wir oben als den Bruder des Meiſter Gruamons kennen gelernt.
Ich komme darauf zuruͤck, daß ein großer Theil der an- gefuͤhrten Arbeiten, welche uns nun auch fuͤr Rom eine gute Zahl von Kuͤnſtlernamen abgegeben haben, bloß in Bauverzie- rungen beſteht, in deren verhaͤltnißmaͤßig guter Ausfuͤhrung die Kuͤnſtler ihre Ehre geſetzt. Emſige Bearbeitung, gute Fuͤ- gung der Marmorſtuͤcke zeigt ſich gleichzeitig auch in anderen Mittelpuncten des damaligen Italiens, z. B. im Grabmal des Biſchofs Rainer von Florenz, daſelbſt in der S. Johan- niskirche, welcher Herr nach der Inſchrift im J. 113 geſtor- ben. Alſo fand Nicolas von Piſa ſein Handwerk ſchon vor- gebildet. Demungeachtet ſteht er in Anſehung ſeines Geiſtes, Styles, Naturſinnes, in jener Zeit ganz einſam; und gewiß blieb in der bildneriſchen Technik, da in dieſer Kunſtart die Technik des Alterthums fruͤh vernachlaͤſſigt worden, noch bis in die neueſten Zeiten ſo mancher Handgriff aufzufinden, daß nur dem außerordentlichſten Geiſte gelingen konnte, unuͤber- windliche Schwierigkeiten zu beſiegen. Ich glaube nicht, daß die italieniſchen Vorgaͤnger des Nicolas Thonmodelle gemacht haben, noch daß letzter ohne Thonmodelle ſo herrlich in Mar- mor habe vollenden koͤnnen, als etwa die Figuren an der Kanzel zu Siena. Leider fehlt es uns an umſtaͤndlichen Nach-
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zwerghaften Saͤulengange eines Kloſterhofes hinter der Kirche
S. Johannes im Lateran. Dort ſteht an einem der Giebel:
MAG̅R̅ DEODATVS — FECIT HOC OPVS.
Dieſe Giebel indeß neigen ſich zum Gothiſchen, und das
Wappen Colonna in einem anderen ſcheint auf Erneuerungen
des dreyzehnten Jahrhunderts hinzuweiſen, denen dieſer Name
anheimfallen moͤchte. Deodatus kann demnach nicht derſelbe
ſeyn, den wir oben als den Bruder des Meiſter Gruamons
kennen gelernt.
Ich komme darauf zuruͤck, daß ein großer Theil der an-
gefuͤhrten Arbeiten, welche uns nun auch fuͤr Rom eine gute
Zahl von Kuͤnſtlernamen abgegeben haben, bloß in Bauverzie-
rungen beſteht, in deren verhaͤltnißmaͤßig guter Ausfuͤhrung
die Kuͤnſtler ihre Ehre geſetzt. Emſige Bearbeitung, gute Fuͤ-
gung der Marmorſtuͤcke zeigt ſich gleichzeitig auch in anderen
Mittelpuncten des damaligen Italiens, z. B. im Grabmal
des Biſchofs Rainer von Florenz, daſelbſt in der S. Johan-
niskirche, welcher Herr nach der Inſchrift im J. 113 geſtor-
ben. Alſo fand Nicolas von Piſa ſein Handwerk ſchon vor-
gebildet. Demungeachtet ſteht er in Anſehung ſeines Geiſtes,
Styles, Naturſinnes, in jener Zeit ganz einſam; und gewiß
blieb in der bildneriſchen Technik, da in dieſer Kunſtart die
Technik des Alterthums fruͤh vernachlaͤſſigt worden, noch bis
in die neueſten Zeiten ſo mancher Handgriff aufzufinden, daß
nur dem außerordentlichſten Geiſte gelingen konnte, unuͤber-
windliche Schwierigkeiten zu beſiegen. Ich glaube nicht, daß
die italieniſchen Vorgaͤnger des Nicolas Thonmodelle gemacht
haben, noch daß letzter ohne Thonmodelle ſo herrlich in Mar-
mor habe vollenden koͤnnen, als etwa die Figuren an der
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/290>, abgerufen am 21.11.2024.
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