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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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das älteste bekannte Beyspiel der italienischen Auffassung und
Darstellung einer bestimmten Kunstidee, deren Ueberlieferung
in der Folge, zwar durch Nachahmung der Neugriechen einige
Zeit hindurch abgerissen, doch bald wiederum aufgenommen
und weitergebildet wird; dann aber nicht minder einen sonst
unbekannten Künstlernamen, also einen neuen Stützpunkt der
historischen Forschung. Denn am Fuße des erwähnten Kruzi-
fixes zu Spoleto befindet sich folgende, so weit ich sie gebe,
ganz erhaltene Aufschrift, in unzweydeutigen, etwas verlänger-
ten, und hie und da zusammengezogenen Majuskeln.

A. D. M. C. L. XXX. VII. MS ..
.. OPVS ALBER .......

An dem beschädigten Ausgange des Namens glaubte ich zu-
nächst die Sylbe TO, nicht TI, zu erkennen; eine Verschie-
denheit, auf welche es wenig ankommt; dann nach dem Na-
men Alberto die Buchstaben: SOTA ..., welche letzteren,
als einem unbekannten Namen angehörend, von mir falsch
gedeutet seyn könnten, weshalb ich sie nicht verbürgen will.

Die beiden anderen bereits erwähnten, bey durchgehender
Uebereinstimmung mit jenem nothwendig gleichzeitige Bilder
des Gekreuzigten befinden sich, das eine in der Kirche S.
Chiara zu Asisi *), das andere in dem Gewölbe des Kirch-
leins zu S. Giovanni d'Asso, einem Orte des sienesischen Ge-
bietes, unweit Buonconvento und Monte Uliveto Maggiore.
Diese Bilder besitzen, eben wie jene, den Vorzug einer nicht
unedlen Ausbildung des Christuskopfes, dessen Züge indeß noch

*) Lanzi kannte unter diesen drey gleichartigen Bildern nur
jenes in S. Chiara zu Asisi; es sey, sagt er (scuola Romana, epoca
prima),
nach der Tradition älter, als Giunta. Und hierin ward
er nicht irregeleitet.

das aͤlteſte bekannte Beyſpiel der italieniſchen Auffaſſung und
Darſtellung einer beſtimmten Kunſtidee, deren Ueberlieferung
in der Folge, zwar durch Nachahmung der Neugriechen einige
Zeit hindurch abgeriſſen, doch bald wiederum aufgenommen
und weitergebildet wird; dann aber nicht minder einen ſonſt
unbekannten Kuͤnſtlernamen, alſo einen neuen Stuͤtzpunkt der
hiſtoriſchen Forſchung. Denn am Fuße des erwaͤhnten Kruzi-
fixes zu Spoleto befindet ſich folgende, ſo weit ich ſie gebe,
ganz erhaltene Aufſchrift, in unzweydeutigen, etwas verlaͤnger-
ten, und hie und da zuſammengezogenen Majuskeln.

A. D. M. C. L. XXX. VII. M̅S̅ ..
.. OPVS ALBER .......

An dem beſchaͤdigten Ausgange des Namens glaubte ich zu-
naͤchſt die Sylbe TO, nicht TI, zu erkennen; eine Verſchie-
denheit, auf welche es wenig ankommt; dann nach dem Na-
men Alberto die Buchſtaben: SOTA ..., welche letzteren,
als einem unbekannten Namen angehoͤrend, von mir falſch
gedeutet ſeyn koͤnnten, weshalb ich ſie nicht verbuͤrgen will.

Die beiden anderen bereits erwaͤhnten, bey durchgehender
Uebereinſtimmung mit jenem nothwendig gleichzeitige Bilder
des Gekreuzigten befinden ſich, das eine in der Kirche S.
Chiara zu Aſiſi *), das andere in dem Gewoͤlbe des Kirch-
leins zu S. Giovanni d’Aſſo, einem Orte des ſieneſiſchen Ge-
bietes, unweit Buonconvento und Monte Uliveto Maggiore.
Dieſe Bilder beſitzen, eben wie jene, den Vorzug einer nicht
unedlen Ausbildung des Chriſtuskopfes, deſſen Zuͤge indeß noch

*) Lanzi kannte unter dieſen drey gleichartigen Bildern nur
jenes in S. Chiara zu Aſiſi; es ſey, ſagt er (scuola Romana, epoca
prima),
nach der Tradition aͤlter, als Giunta. Und hierin ward
er nicht irregeleitet.
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[281/0299] das aͤlteſte bekannte Beyſpiel der italieniſchen Auffaſſung und Darſtellung einer beſtimmten Kunſtidee, deren Ueberlieferung in der Folge, zwar durch Nachahmung der Neugriechen einige Zeit hindurch abgeriſſen, doch bald wiederum aufgenommen und weitergebildet wird; dann aber nicht minder einen ſonſt unbekannten Kuͤnſtlernamen, alſo einen neuen Stuͤtzpunkt der hiſtoriſchen Forſchung. Denn am Fuße des erwaͤhnten Kruzi- fixes zu Spoleto befindet ſich folgende, ſo weit ich ſie gebe, ganz erhaltene Aufſchrift, in unzweydeutigen, etwas verlaͤnger- ten, und hie und da zuſammengezogenen Majuskeln. A. D. M. C. L. XXX. VII. M̅S̅ .. .. OPVS ALBER ....... An dem beſchaͤdigten Ausgange des Namens glaubte ich zu- naͤchſt die Sylbe TO, nicht TI, zu erkennen; eine Verſchie- denheit, auf welche es wenig ankommt; dann nach dem Na- men Alberto die Buchſtaben: SOTA ..., welche letzteren, als einem unbekannten Namen angehoͤrend, von mir falſch gedeutet ſeyn koͤnnten, weshalb ich ſie nicht verbuͤrgen will. Die beiden anderen bereits erwaͤhnten, bey durchgehender Uebereinſtimmung mit jenem nothwendig gleichzeitige Bilder des Gekreuzigten befinden ſich, das eine in der Kirche S. Chiara zu Aſiſi *), das andere in dem Gewoͤlbe des Kirch- leins zu S. Giovanni d’Aſſo, einem Orte des ſieneſiſchen Ge- bietes, unweit Buonconvento und Monte Uliveto Maggiore. Dieſe Bilder beſitzen, eben wie jene, den Vorzug einer nicht unedlen Ausbildung des Chriſtuskopfes, deſſen Zuͤge indeß noch *) Lanzi kannte unter dieſen drey gleichartigen Bildern nur jenes in S. Chiara zu Aſiſi; es ſey, ſagt er (scuola Romana, epoca prima), nach der Tradition aͤlter, als Giunta. Und hierin ward er nicht irregeleitet.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/299>, abgerufen am 21.11.2024.