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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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den wir dem trefflichen, doch ungelehrten Künstler diese Täu-
schungen nachsehen dürfen; minder jedoch den Vasari ent-
schuldigen können, daß er bey so viel höherem Stande der
historischen Forschung und Gelehrsamkeit, bey eigener, anschau-
licher Bekanntschaft mit so mancherley Denkmalen des frühe-
ren Mittelalters, dennoch jene groben Irrthümer nachgeschrie-
ben; gleichsam gegen sein besseres Wissen, so daß der Argwohn
sich aufdrängt, er habe entweder nur einen bequemen Eingang
gesucht, oder die eben nicht anziehende Untersuchung und Dar-
stellung des dunkleren Mittelalters rund abschneiden wollen.

Ueber diese Seite der oben übertragenen Stelle ist denn
nun allerdings kein Wort mehr zu verlieren, da sie in unseren
Tagen für Niemand verfänglich seyn, Niemand so leicht noch
verleiten wird. Wichtiger indeß ist, was Ghiberti über die
Malerey der neueren oder mittelalterlichen Griechen anmerkt,
weil hierin der eigentliche Grund der Geringschätzung neugrie-
chischer Kunstarbeiten verborgen liegt, welche durch das Mit-
telglied der älteren Malerleben des Vasari besonders bey den
italienischen Forschern sich festgesetzt hat. Bemerken wir auch
hier die Flüchtigkeit, mit welcher Vasari die Quellen der älte-
ren Kunsthistorie zu benutzen gewohnt war. Ghiberti nem-
lich setzt allerdings die Kunstfähigkeit der neueren Griechen in
Vergleich der alten ziemlich tief; und wem könnte es wohl in
den Sinn kommen, die eine Kunstepoche der anderen gleichzu-
stellen? Doch erhellt schon aus den Lobsprüchen, welche er
dem Duccio von Siena *) ertheilt, einem Maler, dem er,

*) Ghiberti, cod. c. fo. 9. a tergo. -- "Fu in Siena ancora
Duccio, el quale fu nobilissimo. Tenne la maniera Greca. E di
sua mano la tovola maggiore del Duomo di Siena. -- Questa ta-

den wir dem trefflichen, doch ungelehrten Kuͤnſtler dieſe Taͤu-
ſchungen nachſehen duͤrfen; minder jedoch den Vaſari ent-
ſchuldigen koͤnnen, daß er bey ſo viel hoͤherem Stande der
hiſtoriſchen Forſchung und Gelehrſamkeit, bey eigener, anſchau-
licher Bekanntſchaft mit ſo mancherley Denkmalen des fruͤhe-
ren Mittelalters, dennoch jene groben Irrthuͤmer nachgeſchrie-
ben; gleichſam gegen ſein beſſeres Wiſſen, ſo daß der Argwohn
ſich aufdraͤngt, er habe entweder nur einen bequemen Eingang
geſucht, oder die eben nicht anziehende Unterſuchung und Dar-
ſtellung des dunkleren Mittelalters rund abſchneiden wollen.

Ueber dieſe Seite der oben uͤbertragenen Stelle iſt denn
nun allerdings kein Wort mehr zu verlieren, da ſie in unſeren
Tagen fuͤr Niemand verfaͤnglich ſeyn, Niemand ſo leicht noch
verleiten wird. Wichtiger indeß iſt, was Ghiberti uͤber die
Malerey der neueren oder mittelalterlichen Griechen anmerkt,
weil hierin der eigentliche Grund der Geringſchaͤtzung neugrie-
chiſcher Kunſtarbeiten verborgen liegt, welche durch das Mit-
telglied der aͤlteren Malerleben des Vaſari beſonders bey den
italieniſchen Forſchern ſich feſtgeſetzt hat. Bemerken wir auch
hier die Fluͤchtigkeit, mit welcher Vaſari die Quellen der aͤlte-
ren Kunſthiſtorie zu benutzen gewohnt war. Ghiberti nem-
lich ſetzt allerdings die Kunſtfaͤhigkeit der neueren Griechen in
Vergleich der alten ziemlich tief; und wem koͤnnte es wohl in
den Sinn kommen, die eine Kunſtepoche der anderen gleichzu-
ſtellen? Doch erhellt ſchon aus den Lobſpruͤchen, welche er
dem Duccio von Siena *) ertheilt, einem Maler, dem er,

*) Ghiberti, cod. c. fo. 9. a tergo. — „Fu in Siena ancora
Duccio, el quale fu nobilissimo. Tenne la maniera Greca. E di
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[292/0310] den wir dem trefflichen, doch ungelehrten Kuͤnſtler dieſe Taͤu- ſchungen nachſehen duͤrfen; minder jedoch den Vaſari ent- ſchuldigen koͤnnen, daß er bey ſo viel hoͤherem Stande der hiſtoriſchen Forſchung und Gelehrſamkeit, bey eigener, anſchau- licher Bekanntſchaft mit ſo mancherley Denkmalen des fruͤhe- ren Mittelalters, dennoch jene groben Irrthuͤmer nachgeſchrie- ben; gleichſam gegen ſein beſſeres Wiſſen, ſo daß der Argwohn ſich aufdraͤngt, er habe entweder nur einen bequemen Eingang geſucht, oder die eben nicht anziehende Unterſuchung und Dar- ſtellung des dunkleren Mittelalters rund abſchneiden wollen. Ueber dieſe Seite der oben uͤbertragenen Stelle iſt denn nun allerdings kein Wort mehr zu verlieren, da ſie in unſeren Tagen fuͤr Niemand verfaͤnglich ſeyn, Niemand ſo leicht noch verleiten wird. Wichtiger indeß iſt, was Ghiberti uͤber die Malerey der neueren oder mittelalterlichen Griechen anmerkt, weil hierin der eigentliche Grund der Geringſchaͤtzung neugrie- chiſcher Kunſtarbeiten verborgen liegt, welche durch das Mit- telglied der aͤlteren Malerleben des Vaſari beſonders bey den italieniſchen Forſchern ſich feſtgeſetzt hat. Bemerken wir auch hier die Fluͤchtigkeit, mit welcher Vaſari die Quellen der aͤlte- ren Kunſthiſtorie zu benutzen gewohnt war. Ghiberti nem- lich ſetzt allerdings die Kunſtfaͤhigkeit der neueren Griechen in Vergleich der alten ziemlich tief; und wem koͤnnte es wohl in den Sinn kommen, die eine Kunſtepoche der anderen gleichzu- ſtellen? Doch erhellt ſchon aus den Lobſpruͤchen, welche er dem Duccio von Siena *) ertheilt, einem Maler, dem er, *) Ghiberti, cod. c. fo. 9. a tergo. — „Fu in Siena ancora Duccio, el quale fu nobilissimo. Tenne la maniera Greca. E di sua mano la tovola maggiore del Duomo di Siena. — Questa ta-

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/310>, abgerufen am 27.11.2024.