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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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vollkommen zutreffend, neugriechische Manier beylegt, daß er
die letzte nur verhältnißmäßig, und keinesweges unbedingt ge-
ring schätzte. Vasari aber riß Ghiberti's Worte aus ihrer
Verbindung, und gab ihnen hiedurch einen neuen Sinn; worin
Andere ihm wiederum blindlings nachgefolgt sind, ohne jemals
von neuem zu untersuchen, wie sich wohl die Kunstfertigkeit
der mittleren Griechen zu jener der westlichen Europäer dersel-
ben Jahrhunderte verhalten möge.

Die gedoppelte Frage, ob die neueren Griechen jemals
auf die Kunst der Italiener eingewirkt, worin diese Einwirkung
bestanden, welche Förderung, oder auch welcher Aufenthalt der
neueren Kunstentwickelung daraus erwachsen sey, ist doch nicht
wohl so ganz zu erledigen und zur Entscheidung zu bringen,
ehe wir die eigenthümlichen Vorstellungen, Manieren und
Handhabungen der neueren Griechen um etwas schärfer aufge-
faßt haben, als gewöhnlich von denen geschieht, welche den
Einfluß der Byzantiner annehmen oder bestreiten. Denn die
italienischen Forscher, welche Nationaleitelkeit, nicht selten wohl
auch die unbewußte Nachwirkung kirchlicher Gegensätze und
Feindseligkeiten, gegen alles Griechische im Voraus einnimmt,
pflegen griechisch zu nennen, was ihnen unter den Denkmalen
des höheren Mittelalters über alles Maß hinaus roh zu seyn
scheint, und eben daher, aus Gründen, welche ich bereits
ausgeführt habe, voraussetzlich immer italienisch ist. In
Deutschland dagegen liebt man Jegliches byzantinisch zu nen-
nen, worin die späteren, erst in den bildnerischen Verzierungen
der gothischen Baukunst entwickelten, Eigenthümlichkeiten der

vola fu fatta molto eccellentemente, e doctamente; e magnifiea cosa
e (egli) fu nobilissimo pittore."

vollkommen zutreffend, neugriechiſche Manier beylegt, daß er
die letzte nur verhaͤltnißmaͤßig, und keinesweges unbedingt ge-
ring ſchaͤtzte. Vaſari aber riß Ghiberti’s Worte aus ihrer
Verbindung, und gab ihnen hiedurch einen neuen Sinn; worin
Andere ihm wiederum blindlings nachgefolgt ſind, ohne jemals
von neuem zu unterſuchen, wie ſich wohl die Kunſtfertigkeit
der mittleren Griechen zu jener der weſtlichen Europaͤer derſel-
ben Jahrhunderte verhalten moͤge.

Die gedoppelte Frage, ob die neueren Griechen jemals
auf die Kunſt der Italiener eingewirkt, worin dieſe Einwirkung
beſtanden, welche Foͤrderung, oder auch welcher Aufenthalt der
neueren Kunſtentwickelung daraus erwachſen ſey, iſt doch nicht
wohl ſo ganz zu erledigen und zur Entſcheidung zu bringen,
ehe wir die eigenthuͤmlichen Vorſtellungen, Manieren und
Handhabungen der neueren Griechen um etwas ſchaͤrfer aufge-
faßt haben, als gewoͤhnlich von denen geſchieht, welche den
Einfluß der Byzantiner annehmen oder beſtreiten. Denn die
italieniſchen Forſcher, welche Nationaleitelkeit, nicht ſelten wohl
auch die unbewußte Nachwirkung kirchlicher Gegenſaͤtze und
Feindſeligkeiten, gegen alles Griechiſche im Voraus einnimmt,
pflegen griechiſch zu nennen, was ihnen unter den Denkmalen
des hoͤheren Mittelalters uͤber alles Maß hinaus roh zu ſeyn
ſcheint, und eben daher, aus Gruͤnden, welche ich bereits
ausgefuͤhrt habe, vorausſetzlich immer italieniſch iſt. In
Deutſchland dagegen liebt man Jegliches byzantiniſch zu nen-
nen, worin die ſpaͤteren, erſt in den bildneriſchen Verzierungen
der gothiſchen Baukunſt entwickelten, Eigenthuͤmlichkeiten der

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[293/0311] vollkommen zutreffend, neugriechiſche Manier beylegt, daß er die letzte nur verhaͤltnißmaͤßig, und keinesweges unbedingt ge- ring ſchaͤtzte. Vaſari aber riß Ghiberti’s Worte aus ihrer Verbindung, und gab ihnen hiedurch einen neuen Sinn; worin Andere ihm wiederum blindlings nachgefolgt ſind, ohne jemals von neuem zu unterſuchen, wie ſich wohl die Kunſtfertigkeit der mittleren Griechen zu jener der weſtlichen Europaͤer derſel- ben Jahrhunderte verhalten moͤge. Die gedoppelte Frage, ob die neueren Griechen jemals auf die Kunſt der Italiener eingewirkt, worin dieſe Einwirkung beſtanden, welche Foͤrderung, oder auch welcher Aufenthalt der neueren Kunſtentwickelung daraus erwachſen ſey, iſt doch nicht wohl ſo ganz zu erledigen und zur Entſcheidung zu bringen, ehe wir die eigenthuͤmlichen Vorſtellungen, Manieren und Handhabungen der neueren Griechen um etwas ſchaͤrfer aufge- faßt haben, als gewoͤhnlich von denen geſchieht, welche den Einfluß der Byzantiner annehmen oder beſtreiten. Denn die italieniſchen Forſcher, welche Nationaleitelkeit, nicht ſelten wohl auch die unbewußte Nachwirkung kirchlicher Gegenſaͤtze und Feindſeligkeiten, gegen alles Griechiſche im Voraus einnimmt, pflegen griechiſch zu nennen, was ihnen unter den Denkmalen des hoͤheren Mittelalters uͤber alles Maß hinaus roh zu ſeyn ſcheint, und eben daher, aus Gruͤnden, welche ich bereits ausgefuͤhrt habe, vorausſetzlich immer italieniſch iſt. In Deutſchland dagegen liebt man Jegliches byzantiniſch zu nen- nen, worin die ſpaͤteren, erſt in den bildneriſchen Verzierungen der gothiſchen Baukunſt entwickelten, Eigenthuͤmlichkeiten der *) *) vola fu fatta molto eccellentemente, e doctamente; é magnifiea cosa e (egli) fu nobilissimo pittore.“

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/311>, abgerufen am 27.11.2024.