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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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griechischen Kunst, wohl schon längst dahin gelangt seyn, die
ausdrückenden oder darstellenden Formen der Kunst ohne einige
Beschränkung für in der Natur gegebene, oder natürliche zu
halten. Denn abgesehn von einigen Versuchen *) der jüngsten
Zeit, den Begriff der Kunst von neuem mit dem Begriffe der
Bilderschrift zu vermengen, leuchtet es den Meisten ein, daß
jede Bezeichnung von Begriffen und Gedanken des Verstandes
durch willkührlich gewählte, nur durch Verabredung verständ-
liche Bilder, daß die Hieroglyphe, oder wie man sonst die
bildnerisch-malerischen Versuche der alten Völker benennen will,
noch lange nicht eigentliche Kunst sey. Obwohl man zugeben
muß, daß die Kunst durch die Hieroglyphe technisch vorgebil-
det; sogar in einzelnen Anwandlungen durch sich selbst ver-
ständlicher Darstellung, deren Beyspiele bey Gau **) vor-

*) Lange hatte ich vergebens gestrebt, mir zu verdeutlichen,
was denn eigentlich nach dem Sprachgebrauche der romantischen
Kunstrichtung unter symbolischer Darstellung verstanden werde. Im
weitesten Sinne wäre ja alle Darstellung der Kunst und nicht bloß
die Darstellung bestimmter Schulen symbolisch zu nennen, wenn
es überhaupt das Verständniß fördern könnte, hier ein Wort zu
gebrauchen, dessen Grundbild den Wenigsten sinnlich ist. Wenn
irgend ein Purist versuchen wollte, nach der Analogie für symbo-
lische, kerbholzmäßige Darstellung zu sagen, so dürfte diese
nackte Sächlichkeit nicht denselben Reiz haben, als der dunkle viel-
fach übertragene Sinn des Wortes Symbol. -- Wenn wir indeß
einen Aufsatz im Kunstblatte (1821. No. 45. f.) als das Organ
der Ansichten einer Mehrheit von Künstlern und Kunstgelehrten
betrachten dürften, so würde aus diesem hervorgehen, daß symbo-
lische Darstellung vielen Neueren etwa so viel heißt, als Andeu-
tung von Begriffen durch willkührlich gebildete, nur durch Verab-
redung verständliche Zeichen.
**) Denkmäler etc. Vgl. die Untersuchungen und Beobachtun-
gen anderer Reisenden in Ober-Aegypten und Nubien.

griechiſchen Kunſt, wohl ſchon laͤngſt dahin gelangt ſeyn, die
ausdruͤckenden oder darſtellenden Formen der Kunſt ohne einige
Beſchraͤnkung fuͤr in der Natur gegebene, oder natuͤrliche zu
halten. Denn abgeſehn von einigen Verſuchen *) der juͤngſten
Zeit, den Begriff der Kunſt von neuem mit dem Begriffe der
Bilderſchrift zu vermengen, leuchtet es den Meiſten ein, daß
jede Bezeichnung von Begriffen und Gedanken des Verſtandes
durch willkuͤhrlich gewaͤhlte, nur durch Verabredung verſtaͤnd-
liche Bilder, daß die Hieroglyphe, oder wie man ſonſt die
bildneriſch-maleriſchen Verſuche der alten Voͤlker benennen will,
noch lange nicht eigentliche Kunſt ſey. Obwohl man zugeben
muß, daß die Kunſt durch die Hieroglyphe techniſch vorgebil-
det; ſogar in einzelnen Anwandlungen durch ſich ſelbſt ver-
ſtaͤndlicher Darſtellung, deren Beyſpiele bey Gau **) vor-

*) Lange hatte ich vergebens geſtrebt, mir zu verdeutlichen,
was denn eigentlich nach dem Sprachgebrauche der romantiſchen
Kunſtrichtung unter ſymboliſcher Darſtellung verſtanden werde. Im
weiteſten Sinne waͤre ja alle Darſtellung der Kunſt und nicht bloß
die Darſtellung beſtimmter Schulen ſymboliſch zu nennen, wenn
es uͤberhaupt das Verſtaͤndniß foͤrdern koͤnnte, hier ein Wort zu
gebrauchen, deſſen Grundbild den Wenigſten ſinnlich iſt. Wenn
irgend ein Puriſt verſuchen wollte, nach der Analogie fuͤr ſymbo-
liſche, kerbholzmaͤßige Darſtellung zu ſagen, ſo duͤrfte dieſe
nackte Saͤchlichkeit nicht denſelben Reiz haben, als der dunkle viel-
fach uͤbertragene Sinn des Wortes Symbol. — Wenn wir indeß
einen Aufſatz im Kunſtblatte (1821. No. 45. f.) als das Organ
der Anſichten einer Mehrheit von Kuͤnſtlern und Kunſtgelehrten
betrachten duͤrften, ſo wuͤrde aus dieſem hervorgehen, daß ſymbo-
liſche Darſtellung vielen Neueren etwa ſo viel heißt, als Andeu-
tung von Begriffen durch willkuͤhrlich gebildete, nur durch Verab-
redung verſtaͤndliche Zeichen.
**) Denkmaͤler ꝛc. Vgl. die Unterſuchungen und Beobachtun-
gen anderer Reiſenden in Ober-Aegypten und Nubien.
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[24/0042] griechiſchen Kunſt, wohl ſchon laͤngſt dahin gelangt ſeyn, die ausdruͤckenden oder darſtellenden Formen der Kunſt ohne einige Beſchraͤnkung fuͤr in der Natur gegebene, oder natuͤrliche zu halten. Denn abgeſehn von einigen Verſuchen *) der juͤngſten Zeit, den Begriff der Kunſt von neuem mit dem Begriffe der Bilderſchrift zu vermengen, leuchtet es den Meiſten ein, daß jede Bezeichnung von Begriffen und Gedanken des Verſtandes durch willkuͤhrlich gewaͤhlte, nur durch Verabredung verſtaͤnd- liche Bilder, daß die Hieroglyphe, oder wie man ſonſt die bildneriſch-maleriſchen Verſuche der alten Voͤlker benennen will, noch lange nicht eigentliche Kunſt ſey. Obwohl man zugeben muß, daß die Kunſt durch die Hieroglyphe techniſch vorgebil- det; ſogar in einzelnen Anwandlungen durch ſich ſelbſt ver- ſtaͤndlicher Darſtellung, deren Beyſpiele bey Gau **) vor- *) Lange hatte ich vergebens geſtrebt, mir zu verdeutlichen, was denn eigentlich nach dem Sprachgebrauche der romantiſchen Kunſtrichtung unter ſymboliſcher Darſtellung verſtanden werde. Im weiteſten Sinne waͤre ja alle Darſtellung der Kunſt und nicht bloß die Darſtellung beſtimmter Schulen ſymboliſch zu nennen, wenn es uͤberhaupt das Verſtaͤndniß foͤrdern koͤnnte, hier ein Wort zu gebrauchen, deſſen Grundbild den Wenigſten ſinnlich iſt. Wenn irgend ein Puriſt verſuchen wollte, nach der Analogie fuͤr ſymbo- liſche, kerbholzmaͤßige Darſtellung zu ſagen, ſo duͤrfte dieſe nackte Saͤchlichkeit nicht denſelben Reiz haben, als der dunkle viel- fach uͤbertragene Sinn des Wortes Symbol. — Wenn wir indeß einen Aufſatz im Kunſtblatte (1821. No. 45. f.) als das Organ der Anſichten einer Mehrheit von Kuͤnſtlern und Kunſtgelehrten betrachten duͤrften, ſo wuͤrde aus dieſem hervorgehen, daß ſymbo- liſche Darſtellung vielen Neueren etwa ſo viel heißt, als Andeu- tung von Begriffen durch willkuͤhrlich gebildete, nur durch Verab- redung verſtaͤndliche Zeichen. **) Denkmaͤler ꝛc. Vgl. die Unterſuchungen und Beobachtun- gen anderer Reiſenden in Ober-Aegypten und Nubien.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/42>, abgerufen am 21.11.2024.