Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. Beygabe zu Bd. 1. Hamburg, 1827.welches sie wirklich (nicht bloß in der Einbildung) besitzet -- Hätte der Künstler wohl jemals mit Bewußtseyn welches ſie wirklich (nicht bloß in der Einbildung) beſitzet — Haͤtte der Kuͤnſtler wohl jemals mit Bewußtſeyn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="18"/> welches ſie <hi rendition="#g">wirklich</hi> (nicht bloß in der Einbildung) beſitzet<lb/> und inne hat; erwartete deßhalb nicht, deſſen Vorwachen zu<lb/> beunruhigen. Um ſo weniger, da ich, mit vollem Bewußt-<lb/> ſeyn der Aufrichtigkeit, unſerem, wie jedem kommenden Ge-<lb/> ſchlechte anwuͤnſche: daß es aus einem <hi rendition="#g">tiefgefuͤhlten</hi><lb/> Beduͤrfniſſe ſtets vom Kuͤnſtler, auch hinſichtlich der Aufgabe,<lb/> nichts ſeiner Unwuͤrdiges begehren moͤge; hingegen dem<lb/> Kuͤnſtler unſerer und kuͤnftiger Zeiten: daß er <hi rendition="#g">aus ſeinem<lb/> Inneren hervor</hi> ſtets die edelſte Richtung einſchlagen,<lb/> ihm dargebotene Aufgaben ſtets im beſten Sinne ergreifen,<lb/> und zur Darſtellung auch des Beſten und Hoͤchſten jederzeit<lb/> hinlaͤnglich geruͤſtet ſeyn moͤge. Ueberhaupt war ja mein<lb/> Zweck, nicht etwa dem Schoͤnen des Gegenſtandes, welches<lb/> mir wohl ſo viel gilt, als Anderen, ſeinen eigenthuͤmlichen<lb/> Werth zu entziehen; nicht etwa den Kuͤnſtler, oder den Goͤn-<lb/> ner vom Schoͤnen zum Unſchoͤnen zu verlocken (was in um-<lb/> gekehrter Richtung derſelbe Mißgriff ſeyn wuͤrde, den ich<lb/> beſtritten habe und beſtreite); vielmehr nur dieſer: die Her-<lb/> vorbringung des Schoͤnen in den bildenden Kuͤnſten vor<lb/> Hemmungen ſicher zu ſtellen, welche aus einer falſch angeleg-<lb/> ten Theorie hervorgehn.</p><lb/> <p>— Haͤtte der Kuͤnſtler wohl jemals mit Bewußtſeyn<lb/> das Unſchoͤne dem Schoͤnen vorgezogen? waͤre er wohl je-<lb/> mals, wo die Wahl ihm freygeſtanden, abſichtlich darauf aus-<lb/> gegangen, das Unſchoͤne darzuſtellen? Ich bezweifle, daß<lb/> irgend ein Kuͤnſtler, gleichſam der Abtoͤdtung willen, jemals<lb/> auf eine ſolche Grille verfallen ſey; vielmehr bin ich aus<lb/> inneren, wie auch aus hiſtoriſchen Gruͤnden davon uͤberzeugt:<lb/> daß der Kuͤnſtler uͤberall, wo er das Unſchoͤne dargeſtellt,<lb/> entweder einem aͤußern Zwange (den Foderungen ſeiner Goͤn-<lb/> ner, der Beſchraͤnktheit ſeiner Umgebungen), oder auch, ohne<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [18/0024]
welches ſie wirklich (nicht bloß in der Einbildung) beſitzet
und inne hat; erwartete deßhalb nicht, deſſen Vorwachen zu
beunruhigen. Um ſo weniger, da ich, mit vollem Bewußt-
ſeyn der Aufrichtigkeit, unſerem, wie jedem kommenden Ge-
ſchlechte anwuͤnſche: daß es aus einem tiefgefuͤhlten
Beduͤrfniſſe ſtets vom Kuͤnſtler, auch hinſichtlich der Aufgabe,
nichts ſeiner Unwuͤrdiges begehren moͤge; hingegen dem
Kuͤnſtler unſerer und kuͤnftiger Zeiten: daß er aus ſeinem
Inneren hervor ſtets die edelſte Richtung einſchlagen,
ihm dargebotene Aufgaben ſtets im beſten Sinne ergreifen,
und zur Darſtellung auch des Beſten und Hoͤchſten jederzeit
hinlaͤnglich geruͤſtet ſeyn moͤge. Ueberhaupt war ja mein
Zweck, nicht etwa dem Schoͤnen des Gegenſtandes, welches
mir wohl ſo viel gilt, als Anderen, ſeinen eigenthuͤmlichen
Werth zu entziehen; nicht etwa den Kuͤnſtler, oder den Goͤn-
ner vom Schoͤnen zum Unſchoͤnen zu verlocken (was in um-
gekehrter Richtung derſelbe Mißgriff ſeyn wuͤrde, den ich
beſtritten habe und beſtreite); vielmehr nur dieſer: die Her-
vorbringung des Schoͤnen in den bildenden Kuͤnſten vor
Hemmungen ſicher zu ſtellen, welche aus einer falſch angeleg-
ten Theorie hervorgehn.
— Haͤtte der Kuͤnſtler wohl jemals mit Bewußtſeyn
das Unſchoͤne dem Schoͤnen vorgezogen? waͤre er wohl je-
mals, wo die Wahl ihm freygeſtanden, abſichtlich darauf aus-
gegangen, das Unſchoͤne darzuſtellen? Ich bezweifle, daß
irgend ein Kuͤnſtler, gleichſam der Abtoͤdtung willen, jemals
auf eine ſolche Grille verfallen ſey; vielmehr bin ich aus
inneren, wie auch aus hiſtoriſchen Gruͤnden davon uͤberzeugt:
daß der Kuͤnſtler uͤberall, wo er das Unſchoͤne dargeſtellt,
entweder einem aͤußern Zwange (den Foderungen ſeiner Goͤn-
ner, der Beſchraͤnktheit ſeiner Umgebungen), oder auch, ohne
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