Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.Die Tafel mit der angeführten Inschrift enthält einen sturm und durch den flandrischen Krieg, oder selbst durch die histo-
rische Barbarey der beiden letztverflossenen Jahrhunderte. Indeß möchten die miniirten Handschriften hier, wie in der byzantini- schen Kunstgeschichte, aushelfen können. -- In der öffentlichen Bibliothek zu Hamburg wird eine solche, wie ich höre, aus dem Nachlasse eines Churfürsten von Cölln erstandene Handschrift auf- bewahrt, welche viele gute Miniaturgemälde enthält, in denen bey einiger Spur der Beachtung byzantinischer Vorbilder und der Fort- pflanzung byzantinischer Handgriffe, doch schon viel eigene Beach- tung des Lebens, viel eigener Geist dargelegt ist. Diese Handschrift dürfte, hinsichtlich ihrer schon ausgebildeten, doch regelmäßigen und unverzierten gothischen Züge nicht älter, als das Jahr 1250. nicht viel neuer, als das Jahr 1350. seyn können. Die nähere Untersu- chung und Bekanntmachung dieser kunsthistorischen Merkwürdigkeit wird den gelehrten Aufsehern jener trefflichen Sammlung zukom- men. -- Auch auf der königlichen Bibliothek zu Copenhagen wur- den mir verzierte Handschriften gezeigt, welche dienen könnten, die Verbreitung byzantinischer Anregungen in die Rhein- und Schelde- gegenden, von dort aus auch über England hin, in ein besseres Licht zu setzen. -- Wahrscheinlich traf diese Begebenheit mit jener (Abhdl. VII.) in Italien nachgewiesenen Umwandlung der maleri- schen Manieren zusammen und stand, wie jene, mit der fränkischen Plünderung Constantinopels in enger Verbindung. Die Tafel mit der angefuͤhrten Inſchrift enthaͤlt einen ſturm und durch den flandriſchen Krieg, oder ſelbſt durch die hiſto-
riſche Barbarey der beiden letztverfloſſenen Jahrhunderte. Indeß moͤchten die miniirten Handſchriften hier, wie in der byzantini- ſchen Kunſtgeſchichte, aushelfen koͤnnen. — In der oͤffentlichen Bibliothek zu Hamburg wird eine ſolche, wie ich hoͤre, aus dem Nachlaſſe eines Churfuͤrſten von Coͤlln erſtandene Handſchrift auf- bewahrt, welche viele gute Miniaturgemaͤlde enthaͤlt, in denen bey einiger Spur der Beachtung byzantiniſcher Vorbilder und der Fort- pflanzung byzantiniſcher Handgriffe, doch ſchon viel eigene Beach- tung des Lebens, viel eigener Geiſt dargelegt iſt. Dieſe Handſchrift duͤrfte, hinſichtlich ihrer ſchon ausgebildeten, doch regelmaͤßigen und unverzierten gothiſchen Zuͤge nicht aͤlter, als das Jahr 1250. nicht viel neuer, als das Jahr 1350. ſeyn koͤnnen. Die naͤhere Unterſu- chung und Bekanntmachung dieſer kunſthiſtoriſchen Merkwuͤrdigkeit wird den gelehrten Aufſehern jener trefflichen Sammlung zukom- men. — Auch auf der koͤniglichen Bibliothek zu Copenhagen wur- den mir verzierte Handſchriften gezeigt, welche dienen koͤnnten, die Verbreitung byzantiniſcher Anregungen in die Rhein- und Schelde- gegenden, von dort aus auch uͤber England hin, in ein beſſeres Licht zu ſetzen. — Wahrſcheinlich traf dieſe Begebenheit mit jener (Abhdl. VII.) in Italien nachgewieſenen Umwandlung der maleri- ſchen Manieren zuſammen und ſtand, wie jene, mit der fraͤnkiſchen Pluͤnderung Conſtantinopels in enger Verbindung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0103" n="85"/> <p>Die Tafel mit der angefuͤhrten Inſchrift enthaͤlt einen<lb/> todten <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118557513">Chriſtus</persName>, den Maria und Magdalena unterſtuͤtzen, im<lb/> Grunde <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118557858">Johannes</persName>, den der Nimbus der vorderen Figuren faſt<lb/> verdeckt. Die Ausbildung des Nackten der bis an die Kniee<lb/> ſichtbaren Geſtalt des Heilandes, wie auch der Koͤpfe in den<lb/> uͤbrigen Figuren, uͤbertrifft jede billige Erwartung ſo weit, daß<lb/> man auf Uebermalung des Bildes durch eine gute Hand des<lb/> funfzehnten Jahrhundertes ſchließen duͤrfte, wenn deſſen zarte,<lb/> fein ausgeſtrichelte Behandlung weniger aus einem Guſſe,<lb/> wenn nicht dieſelbe Manier auch einer anderen noch vorhan-<lb/><note xml:id="fn13f" prev="#fn13i" place="foot" n="*)">ſturm und durch den flandriſchen Krieg, oder ſelbſt durch die hiſto-<lb/> riſche Barbarey der beiden letztverfloſſenen Jahrhunderte. Indeß<lb/> moͤchten die miniirten Handſchriften hier, wie in der byzantini-<lb/> ſchen Kunſtgeſchichte, aushelfen koͤnnen. — In der oͤffentlichen<lb/> Bibliothek zu <placeName>Hamburg</placeName> wird eine ſolche, wie ich hoͤre, aus dem<lb/> Nachlaſſe eines Churfuͤrſten von Coͤlln erſtandene Handſchrift auf-<lb/> bewahrt, welche viele gute Miniaturgemaͤlde enthaͤlt, in denen bey<lb/> einiger Spur der Beachtung byzantiniſcher Vorbilder und der Fort-<lb/> pflanzung byzantiniſcher Handgriffe, doch ſchon viel eigene Beach-<lb/> tung des Lebens, viel eigener Geiſt dargelegt iſt. Dieſe Handſchrift<lb/> duͤrfte, hinſichtlich ihrer ſchon ausgebildeten, doch regelmaͤßigen und<lb/> unverzierten gothiſchen Zuͤge nicht aͤlter, als das Jahr 1250. nicht<lb/> viel neuer, als das Jahr 1350. ſeyn koͤnnen. Die naͤhere Unterſu-<lb/> chung und Bekanntmachung dieſer kunſthiſtoriſchen Merkwuͤrdigkeit<lb/> wird den gelehrten Aufſehern jener trefflichen Sammlung zukom-<lb/> men. — Auch auf der koͤniglichen Bibliothek zu <placeName>Copenhagen</placeName> wur-<lb/> den mir verzierte Handſchriften gezeigt, welche dienen koͤnnten, die<lb/> Verbreitung byzantiniſcher Anregungen in die Rhein- und Schelde-<lb/> gegenden, von dort aus auch uͤber <placeName>England</placeName> hin, in ein beſſeres<lb/> Licht zu ſetzen. — Wahrſcheinlich traf dieſe Begebenheit mit jener<lb/> (Abhdl. <hi rendition="#aq">VII.</hi>) in <placeName>Italien</placeName> nachgewieſenen Umwandlung der maleri-<lb/> ſchen Manieren zuſammen und ſtand, wie jene, mit der fraͤnkiſchen<lb/> Pluͤnderung <placeName>Conſtantinopels</placeName> in enger Verbindung.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0103]
Die Tafel mit der angefuͤhrten Inſchrift enthaͤlt einen
todten Chriſtus, den Maria und Magdalena unterſtuͤtzen, im
Grunde Johannes, den der Nimbus der vorderen Figuren faſt
verdeckt. Die Ausbildung des Nackten der bis an die Kniee
ſichtbaren Geſtalt des Heilandes, wie auch der Koͤpfe in den
uͤbrigen Figuren, uͤbertrifft jede billige Erwartung ſo weit, daß
man auf Uebermalung des Bildes durch eine gute Hand des
funfzehnten Jahrhundertes ſchließen duͤrfte, wenn deſſen zarte,
fein ausgeſtrichelte Behandlung weniger aus einem Guſſe,
wenn nicht dieſelbe Manier auch einer anderen noch vorhan-
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*) ſturm und durch den flandriſchen Krieg, oder ſelbſt durch die hiſto-
riſche Barbarey der beiden letztverfloſſenen Jahrhunderte. Indeß
moͤchten die miniirten Handſchriften hier, wie in der byzantini-
ſchen Kunſtgeſchichte, aushelfen koͤnnen. — In der oͤffentlichen
Bibliothek zu Hamburg wird eine ſolche, wie ich hoͤre, aus dem
Nachlaſſe eines Churfuͤrſten von Coͤlln erſtandene Handſchrift auf-
bewahrt, welche viele gute Miniaturgemaͤlde enthaͤlt, in denen bey
einiger Spur der Beachtung byzantiniſcher Vorbilder und der Fort-
pflanzung byzantiniſcher Handgriffe, doch ſchon viel eigene Beach-
tung des Lebens, viel eigener Geiſt dargelegt iſt. Dieſe Handſchrift
duͤrfte, hinſichtlich ihrer ſchon ausgebildeten, doch regelmaͤßigen und
unverzierten gothiſchen Zuͤge nicht aͤlter, als das Jahr 1250. nicht
viel neuer, als das Jahr 1350. ſeyn koͤnnen. Die naͤhere Unterſu-
chung und Bekanntmachung dieſer kunſthiſtoriſchen Merkwuͤrdigkeit
wird den gelehrten Aufſehern jener trefflichen Sammlung zukom-
men. — Auch auf der koͤniglichen Bibliothek zu Copenhagen wur-
den mir verzierte Handſchriften gezeigt, welche dienen koͤnnten, die
Verbreitung byzantiniſcher Anregungen in die Rhein- und Schelde-
gegenden, von dort aus auch uͤber England hin, in ein beſſeres
Licht zu ſetzen. — Wahrſcheinlich traf dieſe Begebenheit mit jener
(Abhdl. VII.) in Italien nachgewieſenen Umwandlung der maleri-
ſchen Manieren zuſammen und ſtand, wie jene, mit der fraͤnkiſchen
Pluͤnderung Conſtantinopels in enger Verbindung.
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