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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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den üblichen unmittelbaren Darstellungen desselben, so wird
Giovanni im Vortheil stehn.

Der Gruß der Elisabeth, fast wie jener des Taddeo
Gaddi
, doch in den Hauptfiguren mehr Stärke des Affectes.

Die Geburt Christi, ganz die herkömmliche Zusammen-
stellung; doch sind die Hirten hier auf denselben Plan gestellt.

Die Flucht nach Aegypten; in dieser in den ältesten Zei-
ten sehr seltenen Vorstellung, scheint der Künstler seinen eige-
nen Eingebungen gefolgt zu seyn, die ihn hier sehr glücklich
geleitet haben. Der Esel ist überraschend wohl gezeichnet und
ausgeführt, Joseph schön bewegt und gewandet. Der treffli-
chen Madonnengestalt folgt eine Magd mit Geräth und ein
Knecht, der die Hand auf die Gruppe des Esels legt.

Der Kindermord; dieser Gegenstand lag offenbar an sich
selbst außerhalb der Richtung und Kraft unseres Meisters. Er
nutzte dessen Motive zu anmuthigen Bewegungen und Stel-
lungen.

Christus im Tempel unter den Schriftgelehrten; die Figu-
ren sind unter einem hohen gothischen Dome einfach und
regelmäßig vertheilt.

In dem achten, durch eine eingebrochene Seitenthüre ver-
kleinerten Gemälde scheinen Joseph und Maria mit dem jun-
gen Christus aus Jerusalem heimzukehren. Sie haben ihn
in der Mitte und Joseph hält ihn bey der Hand, als wenn
er fürchtete, ihn von neuem zu verlieren. Das Bild möchte
durch das Brechen der Mauer gelitten haben und theilweis
ergänzt seyn. Ein neuntes zur Hälfte von der Orgel verdeck-
tes Bild, gehört zur selben Folge. Man sieht in den unver-
deckten Theilen eine herrliche Weibergruppe und einige Priester

den uͤblichen unmittelbaren Darſtellungen deſſelben, ſo wird
Giovanni im Vortheil ſtehn.

Der Gruß der Eliſabeth, faſt wie jener des Taddeo
Gaddi
, doch in den Hauptfiguren mehr Staͤrke des Affectes.

Die Geburt Chriſti, ganz die herkoͤmmliche Zuſammen-
ſtellung; doch ſind die Hirten hier auf denſelben Plan geſtellt.

Die Flucht nach Aegypten; in dieſer in den aͤlteſten Zei-
ten ſehr ſeltenen Vorſtellung, ſcheint der Kuͤnſtler ſeinen eige-
nen Eingebungen gefolgt zu ſeyn, die ihn hier ſehr gluͤcklich
geleitet haben. Der Eſel iſt uͤberraſchend wohl gezeichnet und
ausgefuͤhrt, Joſeph ſchoͤn bewegt und gewandet. Der treffli-
chen Madonnengeſtalt folgt eine Magd mit Geraͤth und ein
Knecht, der die Hand auf die Gruppe des Eſels legt.

Der Kindermord; dieſer Gegenſtand lag offenbar an ſich
ſelbſt außerhalb der Richtung und Kraft unſeres Meiſters. Er
nutzte deſſen Motive zu anmuthigen Bewegungen und Stel-
lungen.

Chriſtus im Tempel unter den Schriftgelehrten; die Figu-
ren ſind unter einem hohen gothiſchen Dome einfach und
regelmaͤßig vertheilt.

In dem achten, durch eine eingebrochene Seitenthuͤre ver-
kleinerten Gemaͤlde ſcheinen Joſeph und Maria mit dem jun-
gen Chriſtus aus Jeruſalem heimzukehren. Sie haben ihn
in der Mitte und Joſeph haͤlt ihn bey der Hand, als wenn
er fuͤrchtete, ihn von neuem zu verlieren. Das Bild moͤchte
durch das Brechen der Mauer gelitten haben und theilweis
ergaͤnzt ſeyn. Ein neuntes zur Haͤlfte von der Orgel verdeck-
tes Bild, gehoͤrt zur ſelben Folge. Man ſieht in den unver-
deckten Theilen eine herrliche Weibergruppe und einige Prieſter

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[88/0106] den uͤblichen unmittelbaren Darſtellungen deſſelben, ſo wird Giovanni im Vortheil ſtehn. Der Gruß der Eliſabeth, faſt wie jener des Taddeo Gaddi, doch in den Hauptfiguren mehr Staͤrke des Affectes. Die Geburt Chriſti, ganz die herkoͤmmliche Zuſammen- ſtellung; doch ſind die Hirten hier auf denſelben Plan geſtellt. Die Flucht nach Aegypten; in dieſer in den aͤlteſten Zei- ten ſehr ſeltenen Vorſtellung, ſcheint der Kuͤnſtler ſeinen eige- nen Eingebungen gefolgt zu ſeyn, die ihn hier ſehr gluͤcklich geleitet haben. Der Eſel iſt uͤberraſchend wohl gezeichnet und ausgefuͤhrt, Joſeph ſchoͤn bewegt und gewandet. Der treffli- chen Madonnengeſtalt folgt eine Magd mit Geraͤth und ein Knecht, der die Hand auf die Gruppe des Eſels legt. Der Kindermord; dieſer Gegenſtand lag offenbar an ſich ſelbſt außerhalb der Richtung und Kraft unſeres Meiſters. Er nutzte deſſen Motive zu anmuthigen Bewegungen und Stel- lungen. Chriſtus im Tempel unter den Schriftgelehrten; die Figu- ren ſind unter einem hohen gothiſchen Dome einfach und regelmaͤßig vertheilt. In dem achten, durch eine eingebrochene Seitenthuͤre ver- kleinerten Gemaͤlde ſcheinen Joſeph und Maria mit dem jun- gen Chriſtus aus Jeruſalem heimzukehren. Sie haben ihn in der Mitte und Joſeph haͤlt ihn bey der Hand, als wenn er fuͤrchtete, ihn von neuem zu verlieren. Das Bild moͤchte durch das Brechen der Mauer gelitten haben und theilweis ergaͤnzt ſeyn. Ein neuntes zur Haͤlfte von der Orgel verdeck- tes Bild, gehoͤrt zur ſelben Folge. Man ſieht in den unver- deckten Theilen eine herrliche Weibergruppe und einige Prieſter

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/106>, abgerufen am 24.11.2024.