Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

zu den Sitten jener Zeit; da sie Gedränge und gegenseitige
Beleidigungen der Schaulustigen veranlaßten, haben sie ver-
schiedentlich zu blutigen Partheykämpfen die Loosung gegeben.
Außerhalb des Thores sieht man eine reich angebaute Land-
schaft und Ritter und Damen zu Pferde, welche aufs Land,
oder auf die Jagd gehn. Obwohl dieser Theil des Gemäldes
etwas leer und die Landschaft minder gelungen ist, als die
Ansicht der Stadt, so verdient sie doch um so mehr Aufmerk-
samkeit, als sie zu den frühesten Versuchen gehört, Feld und
Wald und Anbau darzustellen; welche Dinge die meisten Ma-
ler dieser Zeit durch übereinkömmliche Zeichen anzudeuten
pflegten. *)

Die anderen Wände dieses Saales enthalten allegorische
Malereyen, deren Gegenstand und Zusammenhang gegenwär-
tig nur an der einen, dem Fenster gegenüberliegenden, zu erken-
nen ist, da die übrigen beynahe zerstört sind. Allein auch die
erhaltene bedurfte, gleich den meisten künstlerischen Andeutun-
gen des Begriffes, der Erklärung durch Wort und Schrift,
weßhalb der Künstler folgende Verse an den Rand des Ge-
mäldes setzte:

Questa santa virtu la, dove regge,
Induce ad unita li animi molti.
Et questi accio riciolti
Un ben comun per lor signor si fanno.
*) Ghiberti (cod. cit.) sagt von diesen Malereyen: im öffent-
lichen Palaste zu Siena malte er den Krieg und den Frieden und
das, was zum Frieden gehört, nämlich, wie der Handel mit aller
Sicherheit geführt wird. Auch ist die gehörige Anstrengung (stor-
sioni
) in den Schlachten. Die letzten sind nicht mehr erkennbar.

zu den Sitten jener Zeit; da ſie Gedraͤnge und gegenſeitige
Beleidigungen der Schauluſtigen veranlaßten, haben ſie ver-
ſchiedentlich zu blutigen Partheykaͤmpfen die Looſung gegeben.
Außerhalb des Thores ſieht man eine reich angebaute Land-
ſchaft und Ritter und Damen zu Pferde, welche aufs Land,
oder auf die Jagd gehn. Obwohl dieſer Theil des Gemaͤldes
etwas leer und die Landſchaft minder gelungen iſt, als die
Anſicht der Stadt, ſo verdient ſie doch um ſo mehr Aufmerk-
ſamkeit, als ſie zu den fruͤheſten Verſuchen gehoͤrt, Feld und
Wald und Anbau darzuſtellen; welche Dinge die meiſten Ma-
ler dieſer Zeit durch uͤbereinkoͤmmliche Zeichen anzudeuten
pflegten. *)

Die anderen Waͤnde dieſes Saales enthalten allegoriſche
Malereyen, deren Gegenſtand und Zuſammenhang gegenwaͤr-
tig nur an der einen, dem Fenſter gegenuͤberliegenden, zu erken-
nen iſt, da die uͤbrigen beynahe zerſtoͤrt ſind. Allein auch die
erhaltene bedurfte, gleich den meiſten kuͤnſtleriſchen Andeutun-
gen des Begriffes, der Erklaͤrung durch Wort und Schrift,
weßhalb der Kuͤnſtler folgende Verſe an den Rand des Ge-
maͤldes ſetzte:

Questa santa virtù la, dove regge,
Induce ad unità li animi molti.
Et questi acciò riciolti
Un ben comun per lor signor si fanno.
*) Ghiberti (cod. cit.) ſagt von dieſen Malereyen: im oͤffent-
lichen Palaſte zu Siena malte er den Krieg und den Frieden und
das, was zum Frieden gehoͤrt, naͤmlich, wie der Handel mit aller
Sicherheit gefuͤhrt wird. Auch iſt die gehoͤrige Anſtrengung (stor-
sioni
) in den Schlachten. Die letzten ſind nicht mehr erkennbar.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0121" n="103"/>
zu den Sitten jener Zeit; da &#x017F;ie Gedra&#x0364;nge und gegen&#x017F;eitige<lb/>
Beleidigungen der Schaulu&#x017F;tigen veranlaßten, haben &#x017F;ie ver-<lb/>
&#x017F;chiedentlich zu blutigen Partheyka&#x0364;mpfen die Loo&#x017F;ung gegeben.<lb/>
Außerhalb des Thores &#x017F;ieht man eine reich angebaute Land-<lb/>
&#x017F;chaft und Ritter und Damen zu Pferde, welche aufs Land,<lb/>
oder auf die Jagd gehn. Obwohl die&#x017F;er Theil des Gema&#x0364;ldes<lb/>
etwas leer und die Land&#x017F;chaft minder gelungen i&#x017F;t, als die<lb/>
An&#x017F;icht der Stadt, &#x017F;o verdient &#x017F;ie doch um &#x017F;o mehr Aufmerk-<lb/>
&#x017F;amkeit, als &#x017F;ie zu den fru&#x0364;he&#x017F;ten Ver&#x017F;uchen geho&#x0364;rt, Feld und<lb/>
Wald und Anbau darzu&#x017F;tellen; welche Dinge die mei&#x017F;ten Ma-<lb/>
ler die&#x017F;er Zeit durch u&#x0364;bereinko&#x0364;mmliche Zeichen anzudeuten<lb/>
pflegten. <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118539086">Ghiberti</persName></hi> (<hi rendition="#aq">cod. cit.</hi>) &#x017F;agt von die&#x017F;en Malereyen: im o&#x0364;ffent-<lb/>
lichen Pala&#x017F;te zu <placeName>Siena</placeName> malte er den Krieg und den Frieden und<lb/>
das, was zum Frieden geho&#x0364;rt, na&#x0364;mlich, wie der Handel mit aller<lb/>
Sicherheit gefu&#x0364;hrt wird. Auch i&#x017F;t die geho&#x0364;rige An&#x017F;trengung (<hi rendition="#aq">stor-<lb/>
sioni</hi>) in den Schlachten. Die letzten &#x017F;ind nicht mehr erkennbar.</note></p><lb/>
              <p>Die anderen Wa&#x0364;nde die&#x017F;es Saales enthalten allegori&#x017F;che<lb/>
Malereyen, deren Gegen&#x017F;tand und Zu&#x017F;ammenhang gegenwa&#x0364;r-<lb/>
tig nur an der einen, dem Fen&#x017F;ter gegenu&#x0364;berliegenden, zu erken-<lb/>
nen i&#x017F;t, da die u&#x0364;brigen beynahe zer&#x017F;to&#x0364;rt &#x017F;ind. Allein auch die<lb/>
erhaltene bedurfte, gleich den mei&#x017F;ten ku&#x0364;n&#x017F;tleri&#x017F;chen Andeutun-<lb/>
gen des Begriffes, der Erkla&#x0364;rung durch Wort und Schrift,<lb/>
weßhalb der Ku&#x0364;n&#x017F;tler folgende Ver&#x017F;e an den Rand des Ge-<lb/>
ma&#x0364;ldes &#x017F;etzte:</p><lb/>
              <lg type="poem">
                <lg n="1">
                  <l> <hi rendition="#aq">Questa santa virtù la, dove regge,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">Induce ad unità li animi molti.</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">Et questi acciò riciolti</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#aq">Un ben comun per lor signor si fanno.</hi> </l><lb/>
                </lg>
              </lg>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0121] zu den Sitten jener Zeit; da ſie Gedraͤnge und gegenſeitige Beleidigungen der Schauluſtigen veranlaßten, haben ſie ver- ſchiedentlich zu blutigen Partheykaͤmpfen die Looſung gegeben. Außerhalb des Thores ſieht man eine reich angebaute Land- ſchaft und Ritter und Damen zu Pferde, welche aufs Land, oder auf die Jagd gehn. Obwohl dieſer Theil des Gemaͤldes etwas leer und die Landſchaft minder gelungen iſt, als die Anſicht der Stadt, ſo verdient ſie doch um ſo mehr Aufmerk- ſamkeit, als ſie zu den fruͤheſten Verſuchen gehoͤrt, Feld und Wald und Anbau darzuſtellen; welche Dinge die meiſten Ma- ler dieſer Zeit durch uͤbereinkoͤmmliche Zeichen anzudeuten pflegten. *) Die anderen Waͤnde dieſes Saales enthalten allegoriſche Malereyen, deren Gegenſtand und Zuſammenhang gegenwaͤr- tig nur an der einen, dem Fenſter gegenuͤberliegenden, zu erken- nen iſt, da die uͤbrigen beynahe zerſtoͤrt ſind. Allein auch die erhaltene bedurfte, gleich den meiſten kuͤnſtleriſchen Andeutun- gen des Begriffes, der Erklaͤrung durch Wort und Schrift, weßhalb der Kuͤnſtler folgende Verſe an den Rand des Ge- maͤldes ſetzte: Questa santa virtù la, dove regge, Induce ad unità li animi molti. Et questi acciò riciolti Un ben comun per lor signor si fanno. *) Ghiberti (cod. cit.) ſagt von dieſen Malereyen: im oͤffent- lichen Palaſte zu Siena malte er den Krieg und den Frieden und das, was zum Frieden gehoͤrt, naͤmlich, wie der Handel mit aller Sicherheit gefuͤhrt wird. Auch iſt die gehoͤrige Anſtrengung (stor- sioni) in den Schlachten. Die letzten ſind nicht mehr erkennbar.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/121
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/121>, abgerufen am 21.11.2024.