Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

getheilten Folge von Urkunden, bey dem Künstler fertig vor-
handen seyn mußten; er verspricht (No. 1.) sie alsobald mit
dem übrigen rohen Materiale zu liefern, und bescheinigt schon
in seiner frühesten Quittung den Empfang des dafür ausbe-
dungenen Preises von 78 Pfund. Das rohe Material kostete
(No. 1.) 65. also die vier Löwen und sieben Basen nur 13
Pfund. Diese unverhältnißmäßige Wohlfeilheit erklärt sich eben
nur aus der Art ihrer Beschaffung. Der Gebrauch, Löwen
unter den Kanzeln, wie besonders unter dem Vordache der
Kirchthore anzubringen, war dazumal so ausgebreitet *), daß
man darauf speculiren mochte.

Daß Arnolfo nicht, wie Vasari berichtet, seines Mitge-
sellen Lapo Sohn war, vielmehr von einem unbekannten Cam-
bio
abstamme, wissen wir längst durch ältere Mittheilungen
aus einem gegenwärtig unzugänglichen florentinischen Archive **).
Hingegen lernen wir aus der zweiten Urkunde: daß der Vater

*) S. Sepulcral monuments, Introd. p. CXXIII., wo die Ent-
stehung dieses Symboles aus Psalm 91. erklärt wird, wo: concul-
cabis Leonem etc.
-- An der Vorseite des Domes zu Pisa liest man
die Worte: de ore Leonis libera me Domine etc. neben einem
schwarz auf weißem Marmor eingelegten Männchen inmitten zweyer
Unthiere. Vielleicht war dieses Symbol für die Geweihten eine
Anmahnung an die Streitigkeiten der Kirche mit der weltlichen Ge-
walt, welche der Zeit nach mit dessen jäher Ausbreitung zusam-
mentrifft.
**) S. Richa delle chiese di Firenze. To. VI. p. 17., wo aus
der Bestallung des Arnolfo zum ersten Werkmeister des Dombaues:
Arnolfus de Colle fil. quondam Cambii. -- In einem Briefe König
Karls von Anjou dd. 1277. Sept. X. Ind. VI. (Archiv. della Cancel-
leria X virale di Perugia A. No.
52. und abgedruckt bei Mariotti,
lett. perug.
) heißt er rundweg mag. Arnulfus de Florentia. Man
überging in der Fremde die specielle Angabe des Geburtsortes.

getheilten Folge von Urkunden, bey dem Kuͤnſtler fertig vor-
handen ſeyn mußten; er verſpricht (No. 1.) ſie alſobald mit
dem uͤbrigen rohen Materiale zu liefern, und beſcheinigt ſchon
in ſeiner fruͤheſten Quittung den Empfang des dafuͤr ausbe-
dungenen Preiſes von 78 Pfund. Das rohe Material koſtete
(No. 1.) 65. alſo die vier Loͤwen und ſieben Baſen nur 13
Pfund. Dieſe unverhaͤltnißmaͤßige Wohlfeilheit erklaͤrt ſich eben
nur aus der Art ihrer Beſchaffung. Der Gebrauch, Loͤwen
unter den Kanzeln, wie beſonders unter dem Vordache der
Kirchthore anzubringen, war dazumal ſo ausgebreitet *), daß
man darauf ſpeculiren mochte.

Daß Arnolfo nicht, wie Vaſari berichtet, ſeines Mitge-
ſellen Lapo Sohn war, vielmehr von einem unbekannten Cam-
bio
abſtamme, wiſſen wir laͤngſt durch aͤltere Mittheilungen
aus einem gegenwaͤrtig unzugaͤnglichen florentiniſchen Archive **).
Hingegen lernen wir aus der zweiten Urkunde: daß der Vater

*) S. Sepulcral monuments, Introd. p. CXXIII., wo die Ent-
ſtehung dieſes Symboles aus Pſalm 91. erklaͤrt wird, wo: concul-
cabis Leonem etc.
— An der Vorſeite des Domes zu Piſa lieſt man
die Worte: de ore Leonis libera me Domine etc. neben einem
ſchwarz auf weißem Marmor eingelegten Maͤnnchen inmitten zweyer
Unthiere. Vielleicht war dieſes Symbol fuͤr die Geweihten eine
Anmahnung an die Streitigkeiten der Kirche mit der weltlichen Ge-
walt, welche der Zeit nach mit deſſen jaͤher Ausbreitung zuſam-
mentrifft.
**) S. Richa delle chiese di Firenze. To. VI. p. 17., wo aus
der Beſtallung des Arnolfo zum erſten Werkmeiſter des Dombaues:
Arnolfus de Colle fil. quondam Cambii. — In einem Briefe Koͤnig
Karls von Anjou dd. 1277. Sept. X. Ind. VI. (Archiv. della Cancel-
leria X virale di Perugia A. No.
52. und abgedruckt bei Mariotti,
lett. perug.
) heißt er rundweg mag. Arnulfus de Florentia. Man
uͤberging in der Fremde die ſpecielle Angabe des Geburtsortes.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0173" n="155"/>
getheilten Folge von Urkunden, bey dem Ku&#x0364;n&#x017F;tler fertig vor-<lb/>
handen &#x017F;eyn mußten; er ver&#x017F;pricht (<hi rendition="#aq">No.</hi> 1.) &#x017F;ie al&#x017F;obald mit<lb/>
dem u&#x0364;brigen rohen Materiale zu liefern, und be&#x017F;cheinigt &#x017F;chon<lb/>
in &#x017F;einer fru&#x0364;he&#x017F;ten Quittung den Empfang des dafu&#x0364;r ausbe-<lb/>
dungenen Prei&#x017F;es von 78 Pfund. Das rohe Material ko&#x017F;tete<lb/>
(<hi rendition="#aq">No.</hi> 1.) 65. al&#x017F;o die vier Lo&#x0364;wen und &#x017F;ieben Ba&#x017F;en nur 13<lb/>
Pfund. Die&#x017F;e unverha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßige Wohlfeilheit erkla&#x0364;rt &#x017F;ich eben<lb/>
nur aus der Art ihrer Be&#x017F;chaffung. Der Gebrauch, Lo&#x0364;wen<lb/>
unter den Kanzeln, wie be&#x017F;onders unter dem Vordache der<lb/>
Kirchthore anzubringen, war dazumal &#x017F;o ausgebreitet <note place="foot" n="*)">S. <hi rendition="#aq">Sepulcral monuments, Introd. p. CXXIII.,</hi> wo die Ent-<lb/>
&#x017F;tehung die&#x017F;es Symboles aus P&#x017F;alm 91. erkla&#x0364;rt wird, wo: <hi rendition="#aq">concul-<lb/>
cabis Leonem etc.</hi> &#x2014; An der Vor&#x017F;eite des Domes zu <placeName>Pi&#x017F;a</placeName> lie&#x017F;t man<lb/>
die Worte: <hi rendition="#aq">de ore Leonis libera me Domine etc.</hi> neben einem<lb/>
&#x017F;chwarz auf weißem Marmor eingelegten Ma&#x0364;nnchen inmitten zweyer<lb/>
Unthiere. Vielleicht war die&#x017F;es Symbol fu&#x0364;r die Geweihten eine<lb/>
Anmahnung an die Streitigkeiten der Kirche mit der weltlichen Ge-<lb/>
walt, welche der Zeit nach mit de&#x017F;&#x017F;en ja&#x0364;her Ausbreitung zu&#x017F;am-<lb/>
mentrifft.</note>, daß<lb/>
man darauf &#x017F;peculiren mochte.</p><lb/>
          <p>Daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118645927">Arnolfo</persName> nicht, wie <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName> berichtet, &#x017F;eines Mitge-<lb/>
&#x017F;ellen <persName ref="nognd">Lapo</persName> Sohn war, vielmehr von einem unbekannten <persName ref="nognd">Cam-<lb/>
bio</persName> ab&#x017F;tamme, wi&#x017F;&#x017F;en wir la&#x0364;ng&#x017F;t durch a&#x0364;ltere Mittheilungen<lb/>
aus einem gegenwa&#x0364;rtig unzuga&#x0364;nglichen florentini&#x017F;chen Archive <note place="foot" n="**)">S. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/100323677">Richa</persName> delle chiese di <placeName>Firenze</placeName>. To. VI. p. 17.,</hi> wo aus<lb/>
der Be&#x017F;tallung des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118645927">Arnolfo</persName> zum er&#x017F;ten Werkmei&#x017F;ter des Dombaues:<lb/><hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118645927">Arnolfus de Colle</persName> fil. quondam <persName ref="nognd">Cambii</persName>.</hi> &#x2014; In einem Briefe Ko&#x0364;nig<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640100">Karls von Anjou</persName> <hi rendition="#aq">dd. 1277. Sept. X. Ind. VI. (Archiv. della Cancel-<lb/>
leria X virale di <placeName>Perugia</placeName> A. No.</hi> 52. und abgedruckt bei <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117551996">Mariotti</persName>,<lb/>
lett. perug.</hi>) heißt er rundweg <hi rendition="#aq">mag. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118645927">Arnulfus</persName> de <placeName>Florentia</placeName>.</hi> Man<lb/>
u&#x0364;berging in der Fremde die &#x017F;pecielle Angabe des Geburtsortes.</note>.<lb/>
Hingegen lernen wir aus der zweiten Urkunde: daß der Vater<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0173] getheilten Folge von Urkunden, bey dem Kuͤnſtler fertig vor- handen ſeyn mußten; er verſpricht (No. 1.) ſie alſobald mit dem uͤbrigen rohen Materiale zu liefern, und beſcheinigt ſchon in ſeiner fruͤheſten Quittung den Empfang des dafuͤr ausbe- dungenen Preiſes von 78 Pfund. Das rohe Material koſtete (No. 1.) 65. alſo die vier Loͤwen und ſieben Baſen nur 13 Pfund. Dieſe unverhaͤltnißmaͤßige Wohlfeilheit erklaͤrt ſich eben nur aus der Art ihrer Beſchaffung. Der Gebrauch, Loͤwen unter den Kanzeln, wie beſonders unter dem Vordache der Kirchthore anzubringen, war dazumal ſo ausgebreitet *), daß man darauf ſpeculiren mochte. Daß Arnolfo nicht, wie Vaſari berichtet, ſeines Mitge- ſellen Lapo Sohn war, vielmehr von einem unbekannten Cam- bio abſtamme, wiſſen wir laͤngſt durch aͤltere Mittheilungen aus einem gegenwaͤrtig unzugaͤnglichen florentiniſchen Archive **). Hingegen lernen wir aus der zweiten Urkunde: daß der Vater *) S. Sepulcral monuments, Introd. p. CXXIII., wo die Ent- ſtehung dieſes Symboles aus Pſalm 91. erklaͤrt wird, wo: concul- cabis Leonem etc. — An der Vorſeite des Domes zu Piſa lieſt man die Worte: de ore Leonis libera me Domine etc. neben einem ſchwarz auf weißem Marmor eingelegten Maͤnnchen inmitten zweyer Unthiere. Vielleicht war dieſes Symbol fuͤr die Geweihten eine Anmahnung an die Streitigkeiten der Kirche mit der weltlichen Ge- walt, welche der Zeit nach mit deſſen jaͤher Ausbreitung zuſam- mentrifft. **) S. Richa delle chiese di Firenze. To. VI. p. 17., wo aus der Beſtallung des Arnolfo zum erſten Werkmeiſter des Dombaues: Arnolfus de Colle fil. quondam Cambii. — In einem Briefe Koͤnig Karls von Anjou dd. 1277. Sept. X. Ind. VI. (Archiv. della Cancel- leria X virale di Perugia A. No. 52. und abgedruckt bei Mariotti, lett. perug.) heißt er rundweg mag. Arnulfus de Florentia. Man uͤberging in der Fremde die ſpecielle Angabe des Geburtsortes.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/173
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/173>, abgerufen am 16.05.2024.