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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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nen Bogengange umgeben. Gegen den Garten hin, wo man
den gefälligen Anblick des vulkanischen Gebirges Amiata und
den Ueberblick des regellosen Bettes der Orcia genießt, beklei-
det die Mittagsseite des Hauses durch alle Stockwerke ein
dreyfacher Säulengang. Die unteren Gemächer sind gewölbt;
die oberen haben hölzerne Decken, von den schiersten Tannen-
stämmen gebildet, und durch Vergoldung und Malerey auf
das schönste geziert. Für Wasservorräthe, eben wie für Küche
und Keller, war trefflich gesorgt worden.

Bey Gründung der Kirche, welche bestimmt war, den
Hauptplatz von der Seite des Abhanges zu schließen, fanden
sich große Schwierigkeiten in der ungleichen Beschaffenheit des
unterliegenden Gesteines. Man hatte daher, von einer Felsen-
masse zur anderen, die Fugen und Spalten, welche sie tren-
nen, sorgfältig überwölbt und erst auf diesen Wölbungen wa-
ren die Grundmauern angelegt worden. Trotz dieser Vorsicht
war ein bedeutender Riß in der Kirchenmauer entstanden, der
noch immer, jedoch ohne weiteren Schaden zu veranlassen, die
ganze Höhe des Gebäudes durchläuft. Alles Bezeichnete, auch
ein Ziehbrunnen auf dem Platze, mit zierlichem Säulengestelle,
war, bis auf den Kirchenthurm, in dem Zeitraume von drey
Jahren völlig beendet worden.

Man hatte gesucht, den Pabst zu überreden, daß der
Baumeister dieser Werke Unterschleif und Baufehler begangen
habe. Vorzüglich ward ihm Schuld gegeben, daß er den An-
schlag, der nur auf acht bis zehntausend Goldgulden ging, bis
auf die Summe von funfzigtausenden überschritten habe. "Der
Baumeister war ein Florentiner, Namens Bernhard.
Pius, nachdem er alles wohl betrachtet hatte, befahl, ihn her-
beyzurufen. Diesen, der nach einigen Tagen eintraf, redete

nen Bogengange umgeben. Gegen den Garten hin, wo man
den gefaͤlligen Anblick des vulkaniſchen Gebirges Amiata und
den Ueberblick des regelloſen Bettes der Orcia genießt, beklei-
det die Mittagsſeite des Hauſes durch alle Stockwerke ein
dreyfacher Saͤulengang. Die unteren Gemaͤcher ſind gewoͤlbt;
die oberen haben hoͤlzerne Decken, von den ſchierſten Tannen-
ſtaͤmmen gebildet, und durch Vergoldung und Malerey auf
das ſchoͤnſte geziert. Fuͤr Waſſervorraͤthe, eben wie fuͤr Kuͤche
und Keller, war trefflich geſorgt worden.

Bey Gruͤndung der Kirche, welche beſtimmt war, den
Hauptplatz von der Seite des Abhanges zu ſchließen, fanden
ſich große Schwierigkeiten in der ungleichen Beſchaffenheit des
unterliegenden Geſteines. Man hatte daher, von einer Felſen-
maſſe zur anderen, die Fugen und Spalten, welche ſie tren-
nen, ſorgfaͤltig uͤberwoͤlbt und erſt auf dieſen Woͤlbungen wa-
ren die Grundmauern angelegt worden. Trotz dieſer Vorſicht
war ein bedeutender Riß in der Kirchenmauer entſtanden, der
noch immer, jedoch ohne weiteren Schaden zu veranlaſſen, die
ganze Hoͤhe des Gebaͤudes durchlaͤuft. Alles Bezeichnete, auch
ein Ziehbrunnen auf dem Platze, mit zierlichem Saͤulengeſtelle,
war, bis auf den Kirchenthurm, in dem Zeitraume von drey
Jahren voͤllig beendet worden.

Man hatte geſucht, den Pabſt zu uͤberreden, daß der
Baumeiſter dieſer Werke Unterſchleif und Baufehler begangen
habe. Vorzuͤglich ward ihm Schuld gegeben, daß er den An-
ſchlag, der nur auf acht bis zehntauſend Goldgulden ging, bis
auf die Summe von funfzigtauſenden uͤberſchritten habe. „Der
Baumeiſter war ein Florentiner, Namens Bernhard.
Pius, nachdem er alles wohl betrachtet hatte, befahl, ihn her-
beyzurufen. Dieſen, der nach einigen Tagen eintraf, redete

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[180/0198] nen Bogengange umgeben. Gegen den Garten hin, wo man den gefaͤlligen Anblick des vulkaniſchen Gebirges Amiata und den Ueberblick des regelloſen Bettes der Orcia genießt, beklei- det die Mittagsſeite des Hauſes durch alle Stockwerke ein dreyfacher Saͤulengang. Die unteren Gemaͤcher ſind gewoͤlbt; die oberen haben hoͤlzerne Decken, von den ſchierſten Tannen- ſtaͤmmen gebildet, und durch Vergoldung und Malerey auf das ſchoͤnſte geziert. Fuͤr Waſſervorraͤthe, eben wie fuͤr Kuͤche und Keller, war trefflich geſorgt worden. Bey Gruͤndung der Kirche, welche beſtimmt war, den Hauptplatz von der Seite des Abhanges zu ſchließen, fanden ſich große Schwierigkeiten in der ungleichen Beſchaffenheit des unterliegenden Geſteines. Man hatte daher, von einer Felſen- maſſe zur anderen, die Fugen und Spalten, welche ſie tren- nen, ſorgfaͤltig uͤberwoͤlbt und erſt auf dieſen Woͤlbungen wa- ren die Grundmauern angelegt worden. Trotz dieſer Vorſicht war ein bedeutender Riß in der Kirchenmauer entſtanden, der noch immer, jedoch ohne weiteren Schaden zu veranlaſſen, die ganze Hoͤhe des Gebaͤudes durchlaͤuft. Alles Bezeichnete, auch ein Ziehbrunnen auf dem Platze, mit zierlichem Saͤulengeſtelle, war, bis auf den Kirchenthurm, in dem Zeitraume von drey Jahren voͤllig beendet worden. Man hatte geſucht, den Pabſt zu uͤberreden, daß der Baumeiſter dieſer Werke Unterſchleif und Baufehler begangen habe. Vorzuͤglich ward ihm Schuld gegeben, daß er den An- ſchlag, der nur auf acht bis zehntauſend Goldgulden ging, bis auf die Summe von funfzigtauſenden uͤberſchritten habe. „Der Baumeiſter war ein Florentiner, Namens Bernhard. Pius, nachdem er alles wohl betrachtet hatte, befahl, ihn her- beyzurufen. Dieſen, der nach einigen Tagen eintraf, redete

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/198>, abgerufen am 28.11.2024.