Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

schönstes Werk, die Verzierung der Orgel des Domes, und
unmittelbar darauf ebendaselbst das eherne Thor der Sacri-
stey unternehmen läßt) auf falschen Nachrichten, oder gewag-
ten Vermuthungen. *) Gewiß war Luca schon im Jahre
1439. ein bekannter und geachteter Meister; allein, da er um
1460 und später noch lebte, so gehört er nicht in den Anbe-
ginn, sondern in die Mitte des Jahrhunderts, wo wir ihn
späterhin wiederum aufsuchen wollen. Denn vor der Hand
liegt es näher, die Bestrebungen der Maler nachzuholen, welche
augenscheinlich durch das Beyspiel der Bildner geweckt, **)
nun endlich ebenfalls nach Mehrung und tieferer Begründung
ihrer Darstellung zu streben beginnen.

Aus früheren Bemerkungen erinnern wir uns, daß die
giotteske Manier zu Florenz bis zum Anfang und in ver-
einzelten Fällen (Chelini) bis gegen die Mitte des funfzehn-
ten Jahrhundertes ausgeübt worden. Innerhalb dieses Zeit-
raumes mochten verschiedene Maler, gleich dem Lorenzo di
Bicci
sich bemüht haben, ihre Bezeichnungen zu schärfen, und
gleich diesem ins Fratzenhafte verfallen seyn, wovon häufige
Spuren vorkommen. Indeß blieb dieses schwächliche Streben
ohne Einfluß auf das allgemeine Gedeihen der Kunst; denn
jene gänzliche Umwandlung der malerischen Darstellung, welche,

*) S. Belege IV. 3. s.
**) Raccolta di lett. sulla pitt. etc. To. V. lett. CXLII. s. sucht
Bottari die Zweifel des Zannotti über ein Wort des Michelangelo
aufzuheben: -- "che la scultura fosse la lanterna della pittura, et
che dell' una all' altra fosse quella differenza, chee dal sole alla
luna
."
-- Bottari's Auslegung scheint mir sehr ungenügend;
Michelangelo mochte sagen wollen, daß die Bildner den Malern
den Weg zur Rundung gezeigt haben.

ſchoͤnſtes Werk, die Verzierung der Orgel des Domes, und
unmittelbar darauf ebendaſelbſt das eherne Thor der Sacri-
ſtey unternehmen laͤßt) auf falſchen Nachrichten, oder gewag-
ten Vermuthungen. *) Gewiß war Luca ſchon im Jahre
1439. ein bekannter und geachteter Meiſter; allein, da er um
1460 und ſpaͤter noch lebte, ſo gehoͤrt er nicht in den Anbe-
ginn, ſondern in die Mitte des Jahrhunderts, wo wir ihn
ſpaͤterhin wiederum aufſuchen wollen. Denn vor der Hand
liegt es naͤher, die Beſtrebungen der Maler nachzuholen, welche
augenſcheinlich durch das Beyſpiel der Bildner geweckt, **)
nun endlich ebenfalls nach Mehrung und tieferer Begruͤndung
ihrer Darſtellung zu ſtreben beginnen.

Aus fruͤheren Bemerkungen erinnern wir uns, daß die
giotteske Manier zu Florenz bis zum Anfang und in ver-
einzelten Faͤllen (Chelini) bis gegen die Mitte des funfzehn-
ten Jahrhundertes ausgeuͤbt worden. Innerhalb dieſes Zeit-
raumes mochten verſchiedene Maler, gleich dem Lorenzo di
Bicci
ſich bemuͤht haben, ihre Bezeichnungen zu ſchaͤrfen, und
gleich dieſem ins Fratzenhafte verfallen ſeyn, wovon haͤufige
Spuren vorkommen. Indeß blieb dieſes ſchwaͤchliche Streben
ohne Einfluß auf das allgemeine Gedeihen der Kunſt; denn
jene gaͤnzliche Umwandlung der maleriſchen Darſtellung, welche,

*) S. Belege IV. 3. s.
**) Raccolta di lett. sulla pitt. etc. To. V. lett. CXLII. s. ſucht
Bottari die Zweifel des Zannotti uͤber ein Wort des Michelangelo
aufzuheben: — „che la scultura fosse la lanterna della pittura, et
che dell’ una all’ altra fosse quella differenza, cheé dal sole alla
luna
.“
Bottari’s Auslegung ſcheint mir ſehr ungenuͤgend;
Michelangelo mochte ſagen wollen, daß die Bildner den Malern
den Weg zur Rundung gezeigt haben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0260" n="242"/>
&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;tes Werk, die Verzierung der Orgel des Domes, und<lb/>
unmittelbar darauf ebenda&#x017F;elb&#x017F;t das eherne Thor der Sacri-<lb/>
&#x017F;tey unternehmen la&#x0364;ßt) auf fal&#x017F;chen Nachrichten, oder gewag-<lb/>
ten Vermuthungen. <note place="foot" n="*)">S. Belege <hi rendition="#aq">IV. 3. s.</hi></note> Gewiß war <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118638688">Luca</persName> &#x017F;chon im Jahre<lb/>
1439. ein bekannter und geachteter Mei&#x017F;ter; allein, da er um<lb/>
1460 und &#x017F;pa&#x0364;ter noch lebte, &#x017F;o geho&#x0364;rt er nicht in den Anbe-<lb/>
ginn, &#x017F;ondern in die Mitte des Jahrhunderts, wo wir ihn<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;terhin wiederum auf&#x017F;uchen wollen. Denn vor der Hand<lb/>
liegt es na&#x0364;her, die Be&#x017F;trebungen der Maler nachzuholen, welche<lb/>
augen&#x017F;cheinlich durch das Bey&#x017F;piel der Bildner geweckt, <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">Raccolta di lett. sulla pitt. etc. To. V. lett. CXLII. s.</hi> &#x017F;ucht<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/120278952">Bottari</persName> die Zweifel des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100413528">Zannotti</persName> u&#x0364;ber ein Wort des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118582143">Michelangelo</persName><lb/>
aufzuheben: &#x2014; <hi rendition="#aq">&#x201E;che la scultura fosse la lanterna della pittura, et<lb/>
che dell&#x2019; una all&#x2019; altra fosse quella differenza, <hi rendition="#g">cheé dal sole alla<lb/>
luna</hi>.&#x201C;</hi> &#x2014; <persName ref="http://d-nb.info/gnd/120278952">Bottari&#x2019;s</persName> Auslegung &#x017F;cheint mir &#x017F;ehr ungenu&#x0364;gend;<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118582143">Michelangelo</persName> mochte &#x017F;agen wollen, daß die Bildner den Malern<lb/>
den Weg zur Rundung gezeigt haben.</note><lb/>
nun endlich ebenfalls nach Mehrung und tieferer Begru&#x0364;ndung<lb/>
ihrer Dar&#x017F;tellung zu &#x017F;treben beginnen.</p><lb/>
          <p>Aus fru&#x0364;heren Bemerkungen erinnern wir uns, daß die<lb/>
giotteske Manier zu <placeName>Florenz</placeName> bis zum Anfang und in ver-<lb/>
einzelten Fa&#x0364;llen (<persName ref="vocab.getty.edu/ulan/500331116">Chelini</persName>) bis gegen die Mitte des funfzehn-<lb/>
ten Jahrhundertes ausgeu&#x0364;bt worden. Innerhalb die&#x017F;es Zeit-<lb/>
raumes mochten ver&#x017F;chiedene Maler, gleich dem <persName ref="http://d-nb.info/gnd/131771841">Lorenzo di<lb/>
Bicci</persName> &#x017F;ich bemu&#x0364;ht haben, ihre Bezeichnungen zu &#x017F;cha&#x0364;rfen, und<lb/>
gleich die&#x017F;em ins Fratzenhafte verfallen &#x017F;eyn, wovon ha&#x0364;ufige<lb/>
Spuren vorkommen. Indeß blieb die&#x017F;es &#x017F;chwa&#x0364;chliche Streben<lb/>
ohne Einfluß auf das allgemeine Gedeihen der Kun&#x017F;t; denn<lb/>
jene ga&#x0364;nzliche Umwandlung der maleri&#x017F;chen Dar&#x017F;tellung, welche,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0260] ſchoͤnſtes Werk, die Verzierung der Orgel des Domes, und unmittelbar darauf ebendaſelbſt das eherne Thor der Sacri- ſtey unternehmen laͤßt) auf falſchen Nachrichten, oder gewag- ten Vermuthungen. *) Gewiß war Luca ſchon im Jahre 1439. ein bekannter und geachteter Meiſter; allein, da er um 1460 und ſpaͤter noch lebte, ſo gehoͤrt er nicht in den Anbe- ginn, ſondern in die Mitte des Jahrhunderts, wo wir ihn ſpaͤterhin wiederum aufſuchen wollen. Denn vor der Hand liegt es naͤher, die Beſtrebungen der Maler nachzuholen, welche augenſcheinlich durch das Beyſpiel der Bildner geweckt, **) nun endlich ebenfalls nach Mehrung und tieferer Begruͤndung ihrer Darſtellung zu ſtreben beginnen. Aus fruͤheren Bemerkungen erinnern wir uns, daß die giotteske Manier zu Florenz bis zum Anfang und in ver- einzelten Faͤllen (Chelini) bis gegen die Mitte des funfzehn- ten Jahrhundertes ausgeuͤbt worden. Innerhalb dieſes Zeit- raumes mochten verſchiedene Maler, gleich dem Lorenzo di Bicci ſich bemuͤht haben, ihre Bezeichnungen zu ſchaͤrfen, und gleich dieſem ins Fratzenhafte verfallen ſeyn, wovon haͤufige Spuren vorkommen. Indeß blieb dieſes ſchwaͤchliche Streben ohne Einfluß auf das allgemeine Gedeihen der Kunſt; denn jene gaͤnzliche Umwandlung der maleriſchen Darſtellung, welche, *) S. Belege IV. 3. s. **) Raccolta di lett. sulla pitt. etc. To. V. lett. CXLII. s. ſucht Bottari die Zweifel des Zannotti uͤber ein Wort des Michelangelo aufzuheben: — „che la scultura fosse la lanterna della pittura, et che dell’ una all’ altra fosse quella differenza, cheé dal sole alla luna.“ — Bottari’s Auslegung ſcheint mir ſehr ungenuͤgend; Michelangelo mochte ſagen wollen, daß die Bildner den Malern den Weg zur Rundung gezeigt haben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/260
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/260>, abgerufen am 25.06.2024.