schlechter aufgefaßt, als dort. Hingegen hat der Künstler im Campo santo viel Lust an landschaftlichen und architectoni- schen Beywerken dargelegt, was zu den spätesten Beziehungen seines großen Talentes gehören mag. *)
An einer Stelle des Anhanges zur neuen Ausgabe der Werke Winckelmanns wird die Einwirkung der ältesten Bil- dung auf die Entwickelung der griechischen Kunst durchhin auf technische Vortheile beschränkt und zur Erläuterung, als eine bereits ausgemachte Thatsache, angeführt, daß auch die Italiener bey Aneignung der malerischen Technik der Nieder- deutschen sich vor anderweitigen Anregungen bewahrt und frey erhalten haben. Indeß waren die Herausgeber des trefflichen Werkes in der Wahl dieses Beyspieles höchst unglücklich, da die Sache sich ganz anders verhält, als sie annehmen. Denn schon seit der Mitte des funfzehnten Jahrhundertes strebten viele italienische Maler den Niederländern eben ihre meister- liche Nachbildung des Mannichfaltigen in der Erscheinung der Dinge abzugewinnen, während die Oelmalerey nicht früher, als gegen das Ende desselben Jahrhundertes die hergebrachte, damals freylich höchst ausgebildete Malerey a tempera ver- drängte.
Allerdings war die Oelmalerey den Florentinern schon ungleich früher historisch bekannt, wie aus dem bekannten Co- dex des Cennino erhellet. Auch erzählt uns Vasari im Leben des Andrea dal Castagno, dieser Maler habe sich bisweilen des Oeles bedient, dessen Gebrauch sein Freund Domenico von
*) Dieses Werk erwarb ihm seine Grabstätte, deren Inschrift Vasari und Spätere richtig aufführen, wie folgt: hic tumulus est Benotii Florentini, qui proxime has pinxit hystorias. hunc sibi Pi- sanorum donavit humanitas. M. CCCC. LXXVIII.
ſchlechter aufgefaßt, als dort. Hingegen hat der Kuͤnſtler im Campo santo viel Luſt an landſchaftlichen und architectoni- ſchen Beywerken dargelegt, was zu den ſpaͤteſten Beziehungen ſeines großen Talentes gehoͤren mag. *)
An einer Stelle des Anhanges zur neuen Ausgabe der Werke Winckelmanns wird die Einwirkung der aͤlteſten Bil- dung auf die Entwickelung der griechiſchen Kunſt durchhin auf techniſche Vortheile beſchraͤnkt und zur Erlaͤuterung, als eine bereits ausgemachte Thatſache, angefuͤhrt, daß auch die Italiener bey Aneignung der maleriſchen Technik der Nieder- deutſchen ſich vor anderweitigen Anregungen bewahrt und frey erhalten haben. Indeß waren die Herausgeber des trefflichen Werkes in der Wahl dieſes Beyſpieles hoͤchſt ungluͤcklich, da die Sache ſich ganz anders verhaͤlt, als ſie annehmen. Denn ſchon ſeit der Mitte des funfzehnten Jahrhundertes ſtrebten viele italieniſche Maler den Niederlaͤndern eben ihre meiſter- liche Nachbildung des Mannichfaltigen in der Erſcheinung der Dinge abzugewinnen, waͤhrend die Oelmalerey nicht fruͤher, als gegen das Ende deſſelben Jahrhundertes die hergebrachte, damals freylich hoͤchſt ausgebildete Malerey a tempera ver- draͤngte.
Allerdings war die Oelmalerey den Florentinern ſchon ungleich fruͤher hiſtoriſch bekannt, wie aus dem bekannten Co- dex des Cennino erhellet. Auch erzaͤhlt uns Vaſari im Leben des Andrea dal Caſtagno, dieſer Maler habe ſich bisweilen des Oeles bedient, deſſen Gebrauch ſein Freund Domenico von
*) Dieſes Werk erwarb ihm ſeine Grabſtaͤtte, deren Inſchrift Vaſari und Spaͤtere richtig auffuͤhren, wie folgt: hic tumulus est Benotii Florentini, qui proxime has pinxit hystorias. hunc sibi Pi- sanorum donavit humanitas. M. CCCC. LXXVIII.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0279"n="261"/>ſchlechter aufgefaßt, als dort. Hingegen hat der Kuͤnſtler im<lb/><hirendition="#aq">Campo santo</hi> viel Luſt an landſchaftlichen und architectoni-<lb/>ſchen Beywerken dargelegt, was zu den ſpaͤteſten Beziehungen<lb/>ſeines großen Talentes gehoͤren mag. <noteplace="foot"n="*)">Dieſes Werk erwarb ihm ſeine Grabſtaͤtte, deren Inſchrift<lb/><persNameref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName> und Spaͤtere richtig auffuͤhren, wie folgt: <hirendition="#aq">hic tumulus est<lb/><persNameref="http://d-nb.info/gnd/118696831">Benotii Florentini</persName>, qui proxime has pinxit hystorias. hunc sibi Pi-<lb/>
sanorum donavit humanitas. M. CCCC. LXXVIII</hi>.</note></p><lb/><p>An einer Stelle des Anhanges zur neuen Ausgabe der<lb/>
Werke <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118633600">Winckelmanns</persName> wird die Einwirkung der aͤlteſten Bil-<lb/>
dung auf die Entwickelung der griechiſchen Kunſt durchhin<lb/>
auf techniſche Vortheile beſchraͤnkt und zur Erlaͤuterung, als<lb/>
eine bereits ausgemachte Thatſache, angefuͤhrt, daß auch die<lb/>
Italiener bey Aneignung der maleriſchen Technik der Nieder-<lb/>
deutſchen ſich vor anderweitigen Anregungen bewahrt und frey<lb/>
erhalten haben. Indeß waren die Herausgeber des trefflichen<lb/>
Werkes in der Wahl dieſes Beyſpieles hoͤchſt ungluͤcklich, da<lb/>
die Sache ſich ganz anders verhaͤlt, als ſie annehmen. Denn<lb/>ſchon ſeit der Mitte des funfzehnten Jahrhundertes ſtrebten<lb/>
viele italieniſche Maler den Niederlaͤndern eben ihre meiſter-<lb/>
liche Nachbildung des Mannichfaltigen in der Erſcheinung der<lb/>
Dinge abzugewinnen, waͤhrend die Oelmalerey nicht fruͤher,<lb/>
als gegen das Ende deſſelben Jahrhundertes die hergebrachte,<lb/>
damals freylich hoͤchſt ausgebildete Malerey <hirendition="#aq">a tempera</hi> ver-<lb/>
draͤngte.</p><lb/><p>Allerdings war die Oelmalerey den Florentinern ſchon<lb/>
ungleich fruͤher hiſtoriſch bekannt, wie aus dem bekannten Co-<lb/>
dex des <persNameref="http://d-nb.info/gnd/100735797">Cennino</persName> erhellet. Auch erzaͤhlt uns <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName> im Leben<lb/>
des <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118638653">Andrea dal Caſtagno</persName>, dieſer Maler habe ſich bisweilen<lb/>
des Oeles bedient, deſſen Gebrauch ſein Freund <persNamexml:id="pn9a"ref="http://d-nb.info/gnd/119028514"next="#pn9b">Domenico von</persName><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[261/0279]
ſchlechter aufgefaßt, als dort. Hingegen hat der Kuͤnſtler im
Campo santo viel Luſt an landſchaftlichen und architectoni-
ſchen Beywerken dargelegt, was zu den ſpaͤteſten Beziehungen
ſeines großen Talentes gehoͤren mag. *)
An einer Stelle des Anhanges zur neuen Ausgabe der
Werke Winckelmanns wird die Einwirkung der aͤlteſten Bil-
dung auf die Entwickelung der griechiſchen Kunſt durchhin
auf techniſche Vortheile beſchraͤnkt und zur Erlaͤuterung, als
eine bereits ausgemachte Thatſache, angefuͤhrt, daß auch die
Italiener bey Aneignung der maleriſchen Technik der Nieder-
deutſchen ſich vor anderweitigen Anregungen bewahrt und frey
erhalten haben. Indeß waren die Herausgeber des trefflichen
Werkes in der Wahl dieſes Beyſpieles hoͤchſt ungluͤcklich, da
die Sache ſich ganz anders verhaͤlt, als ſie annehmen. Denn
ſchon ſeit der Mitte des funfzehnten Jahrhundertes ſtrebten
viele italieniſche Maler den Niederlaͤndern eben ihre meiſter-
liche Nachbildung des Mannichfaltigen in der Erſcheinung der
Dinge abzugewinnen, waͤhrend die Oelmalerey nicht fruͤher,
als gegen das Ende deſſelben Jahrhundertes die hergebrachte,
damals freylich hoͤchſt ausgebildete Malerey a tempera ver-
draͤngte.
Allerdings war die Oelmalerey den Florentinern ſchon
ungleich fruͤher hiſtoriſch bekannt, wie aus dem bekannten Co-
dex des Cennino erhellet. Auch erzaͤhlt uns Vaſari im Leben
des Andrea dal Caſtagno, dieſer Maler habe ſich bisweilen
des Oeles bedient, deſſen Gebrauch ſein Freund Domenico von
*) Dieſes Werk erwarb ihm ſeine Grabſtaͤtte, deren Inſchrift
Vaſari und Spaͤtere richtig auffuͤhren, wie folgt: hic tumulus est
Benotii Florentini, qui proxime has pinxit hystorias. hunc sibi Pi-
sanorum donavit humanitas. M. CCCC. LXXVIII.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/279>, abgerufen am 25.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.