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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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wie Vasari, der etwas älteren in der sixtinischen Kappelle
vergessend, anzunehmen scheint. Der Heilige Hieronymus,
welcher, als Vasari schrieb von der Wand abgenommen und
an die Stelle nächst dem Chore versetzt worden, wo er noch
immer zu suchen ist, zeigt auf dem Fichtenholze des Schreib-
tisches die Jahreszahl MCCCCLXXX. In diesem Ge-
mälde, welches zu den ausgebildetsten Stillleben gehört, welche
ich je gesehn, strebte Domenico offenbar deutschen Mustern
nach, die überhaupt stark auf ihn eingewirkt und ihn ange-
reizt haben, jenen vielseitigsten Wetteifer mit der Erscheinung
der Dinge zu unternehmen, in welchem ihm das Außeror-
dentliche geglückt ist, durch welchen er die Technik besonders
der Malerey a fresco zu einer, wie schon Vasari zugab, nie
übertroffenen Vollendung gebracht -- ein Beyspiel für den
Satz: daß die malerische Technik nicht durch Nachahmung
vortrefflicher Kunstwerke, sondern eben nur durch Wetteifer mit
der Erscheinung wirklicher Dinge entwickelt werde. -- Doch
sind in diesem Bilde, seiner Rundung ungeachtet, besonders
im Fleische, gewisse kreidige Lichter, welche, wenn sie nicht
etwa aus alten Wiederherstellungen zu erklären sind, beweisen
dürften, daß Ghirlandajo auch in ganz technischen Dingen da-
mals noch nicht auf der Höhe seiner Kunst war. Noch un-
gleich mehr Unbehülflichkeit verräth das Abendmahl im Re-
fectorio des genannten Klosters, welches Domenico, wie die
Zahl unter der Figur des Judas anzeigt, in demselben Jahre
1480. beendigt hat. Da ein so umfassendes Werk Zeit er-
foderte, so wird anzunehmen seyn, daß solches früher, als
jener glücklicher beendigte Hieronymus, gemalt und vielleicht
schon in dem vorangehenden Jahre begonnen sey. In diesem
Gemälde hielt sich Domenico an die alte, aus Bildwerken

wie Vaſari, der etwas aͤlteren in der ſixtiniſchen Kappelle
vergeſſend, anzunehmen ſcheint. Der Heilige Hieronymus,
welcher, als Vaſari ſchrieb von der Wand abgenommen und
an die Stelle naͤchſt dem Chore verſetzt worden, wo er noch
immer zu ſuchen iſt, zeigt auf dem Fichtenholze des Schreib-
tiſches die Jahreszahl MCCCCLXXX. In dieſem Ge-
maͤlde, welches zu den ausgebildetſten Stillleben gehoͤrt, welche
ich je geſehn, ſtrebte Domenico offenbar deutſchen Muſtern
nach, die uͤberhaupt ſtark auf ihn eingewirkt und ihn ange-
reizt haben, jenen vielſeitigſten Wetteifer mit der Erſcheinung
der Dinge zu unternehmen, in welchem ihm das Außeror-
dentliche gegluͤckt iſt, durch welchen er die Technik beſonders
der Malerey a fresco zu einer, wie ſchon Vaſari zugab, nie
uͤbertroffenen Vollendung gebracht — ein Beyſpiel fuͤr den
Satz: daß die maleriſche Technik nicht durch Nachahmung
vortrefflicher Kunſtwerke, ſondern eben nur durch Wetteifer mit
der Erſcheinung wirklicher Dinge entwickelt werde. — Doch
ſind in dieſem Bilde, ſeiner Rundung ungeachtet, beſonders
im Fleiſche, gewiſſe kreidige Lichter, welche, wenn ſie nicht
etwa aus alten Wiederherſtellungen zu erklaͤren ſind, beweiſen
duͤrften, daß Ghirlandajo auch in ganz techniſchen Dingen da-
mals noch nicht auf der Hoͤhe ſeiner Kunſt war. Noch un-
gleich mehr Unbehuͤlflichkeit verraͤth das Abendmahl im Re-
fectorio des genannten Kloſters, welches Domenico, wie die
Zahl unter der Figur des Judas anzeigt, in demſelben Jahre
1480. beendigt hat. Da ein ſo umfaſſendes Werk Zeit er-
foderte, ſo wird anzunehmen ſeyn, daß ſolches fruͤher, als
jener gluͤcklicher beendigte Hieronymus, gemalt und vielleicht
ſchon in dem vorangehenden Jahre begonnen ſey. In dieſem
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[278/0296] wie Vaſari, der etwas aͤlteren in der ſixtiniſchen Kappelle vergeſſend, anzunehmen ſcheint. Der Heilige Hieronymus, welcher, als Vaſari ſchrieb von der Wand abgenommen und an die Stelle naͤchſt dem Chore verſetzt worden, wo er noch immer zu ſuchen iſt, zeigt auf dem Fichtenholze des Schreib- tiſches die Jahreszahl MCCCCLXXX. In dieſem Ge- maͤlde, welches zu den ausgebildetſten Stillleben gehoͤrt, welche ich je geſehn, ſtrebte Domenico offenbar deutſchen Muſtern nach, die uͤberhaupt ſtark auf ihn eingewirkt und ihn ange- reizt haben, jenen vielſeitigſten Wetteifer mit der Erſcheinung der Dinge zu unternehmen, in welchem ihm das Außeror- dentliche gegluͤckt iſt, durch welchen er die Technik beſonders der Malerey a fresco zu einer, wie ſchon Vaſari zugab, nie uͤbertroffenen Vollendung gebracht — ein Beyſpiel fuͤr den Satz: daß die maleriſche Technik nicht durch Nachahmung vortrefflicher Kunſtwerke, ſondern eben nur durch Wetteifer mit der Erſcheinung wirklicher Dinge entwickelt werde. — Doch ſind in dieſem Bilde, ſeiner Rundung ungeachtet, beſonders im Fleiſche, gewiſſe kreidige Lichter, welche, wenn ſie nicht etwa aus alten Wiederherſtellungen zu erklaͤren ſind, beweiſen duͤrften, daß Ghirlandajo auch in ganz techniſchen Dingen da- mals noch nicht auf der Hoͤhe ſeiner Kunſt war. Noch un- gleich mehr Unbehuͤlflichkeit verraͤth das Abendmahl im Re- fectorio des genannten Kloſters, welches Domenico, wie die Zahl unter der Figur des Judas anzeigt, in demſelben Jahre 1480. beendigt hat. Da ein ſo umfaſſendes Werk Zeit er- foderte, ſo wird anzunehmen ſeyn, daß ſolches fruͤher, als jener gluͤcklicher beendigte Hieronymus, gemalt und vielleicht ſchon in dem vorangehenden Jahre begonnen ſey. In dieſem Gemaͤlde hielt ſich Domenico an die alte, aus Bildwerken

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/296>, abgerufen am 22.11.2024.