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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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Wer haͤtte nicht irgend ein Mal jene bekannteſte Antitheſe
vernommen: daß die Malerey den neueren und chriſtlichen
Zeiten, die Bildnerey hingegen der antiken Bildung angehoͤre.
Indeß beruhet dieſer Satz, in ſo fern er aus der Erfahrung
abgezogen worden, auf ſeichter und wenig gruͤndlicher Beobach-
tung; in ſo fern derſelbe aus der ſicher hoͤchſt abweichenden
Richtung und Geſinnung antiker und neuerer Zeiten erklaͤret
wird, auf einer gaͤnzlichen Verwechſelung des Geiſtes mit den
Formen ſeiner Thaͤtigkeit und Aeußerung.

Hiſtoriſch falſch iſt er, weil die Alten unzweifelhaft auch
in der Malerey das Ueberſchwengliche geleiſtet, die neueren
Bildner aber bis gegen das Ende des funfzehnten Jahrhun-
dertes die Leiſtungen der gleichzeitigen Maler durchhin uͤber-
troffen haben und nicht fruͤher, als nach dem Jahre 1500 in
Abweichungen verfallen ſind, deren Urſprung einer nachzu-
holenden Betrachtung angehoͤrt. In ſich ſelbſt iſt er falſch,
weil die Bildnerey der Malerkunſt keinesweges ſo entſchie-
den entgegenſteht, daß man annehmen duͤrfte, beſtimmte
Richtungen des Geiſtes werden bald nur in der einen, bald
wiederum nur in der anderen ſich ausdruͤcken koͤnnen. In
beiden Kuͤnſten beruhet die Darſtellung an und fuͤr ſich auf
derſelben Bedingung einer inneren, gegebenen, nothwendigen
Bedeutſamkeit von Formen, deren Beziehung zur menſchlichen
Seele durch die koͤrperliche Nachbildung der einen, durch die
ſcheinbare der anderen nicht weſentlich veraͤndert wird; denn
jene Verbreitung uͤber den Reiz des Erſcheinens an ſich ſelbſt,
welche der Malerey gewaͤhrt iſt, jenes vielſeitige, erſchoͤpfende
Eingehn in die mannichfaltigſten Verſchmelzungen und Thei-
lungen der Form, welches die Bildnerey zulaͤßt, gehoͤret, wie
es einleuchten muͤßte, durchhin zu den untergeordneten Evolu-

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/426>, abgerufen am 17.02.2025.