Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.führt worden, ihm selbst, wie den damaligen Künstlern über- Werden nun die anatomischen Studien des Michelangelo, *) Die Hauptstelle im Leben des Tizian (Ed. c. P. III. p. 813.).
In beiden Originalausgaben wird die, Raphael besonders angehende Stelle wörtlich wiederholt, wie folgt (Vas . ed. Torrigiani 1550. P. III. p. 648. ed. Giunti 1568. P. III. p. 73.): E con tutto che egli havesse veduto tante anticaglie e che studiasse continovamente, non aveva pero per questo dato ancora alle sue figure una certa grandezza etc. -- Quatremere (p. 68. u. 83.) bezieht das nachstehende absolute (auf jede Art künstlerischer Forschung sich beziehende) studiasse auf das vorangehende anticaglie. Ohne vorher zu ergänzen: le studiasse, wo- mit übrigens Vasari, womit selbst die Crusca nicht möchte einverstan- den seyn, ist seine Uebersetzung gramm. falsch. Im Gegentheil ist, auch historisch, der eigentliche Sinn dieser schön gesagten Stelle dieser: ob- gleich Raphael so viele antike Denkmale (mit Lust) gesehn und un- aufhörlich (die Natur, sie nachbildend, sie analysirend) studirt hatte, so etc. Q. nimmt es mit seinen hist. Belegen überhaupt viel zu leicht; hier aber täuschte ihn sein Vorurtheil für den akademischen Studienweg. fuͤhrt worden, ihm ſelbſt, wie den damaligen Kuͤnſtlern uͤber- Werden nun die anatomiſchen Studien des Michelangelo, *) Die Hauptſtelle im Leben des Tizian (Ed. c. P. III. p. 813.).
In beiden Originalausgaben wird die, Raphael beſonders angehende Stelle wörtlich wiederholt, wie folgt (Vas . ed. Torrigiani 1550. P. III. p. 648. ed. Giunti 1568. P. III. p. 73.): E con tutto che egli havesse veduto tante anticaglie e che studiasse continovamente, non aveva però per questo dato ancora alle sue figure una certa grandezza etc. — Quatremère (p. 68. u. 83.) bezieht das nachſtehende abſolute (auf jede Art künſtleriſcher Forſchung ſich beziehende) studiasse auf das vorangehende anticaglie. Ohne vorher zu ergänzen: le studiasse, wo- mit übrigens Vaſari, womit ſelbſt die Crusca nicht möchte einverſtan- den ſeyn, iſt ſeine Ueberſetzung gramm. falſch. Im Gegentheil iſt, auch hiſtoriſch, der eigentliche Sinn dieſer ſchön geſagten Stelle dieſer: ob- gleich Raphael ſo viele antike Denkmale (mit Luſt) geſehn und un- aufhörlich (die Natur, ſie nachbildend, ſie analyſirend) ſtudirt hatte, ſo etc. Q. nimmt es mit ſeinen hiſt. Belegen überhaupt viel zu leicht; hier aber täuſchte ihn ſein Vorurtheil für den akademiſchen Studienweg. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0109" n="87"/> fuͤhrt worden, ihm ſelbſt, wie den damaligen Kuͤnſtlern uͤber-<lb/> haupt, vielleicht die Luſt, gewiß die Zeit fehlte. Die (ver-<lb/> haͤltnißmaͤßig ſparſamen) Studien nach antiken Denkmalen,<lb/> welche aus <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName> Zeitalter ſich erhalten haben, lehren ohne<lb/> Ausnahme, daß man nur um des unmittelbaren Nutzens willen,<lb/> ohne hiſtoriſche Strenge, ſolche nachzeichnete, und auf der<lb/> Stelle das Nachzuzeichnende in die eben uͤbliche Manier ſeiner<lb/> Schule uͤberſetzte. Seltener ſind reine Formenſtudien, haͤufiger<lb/> Compoſition, Typus, Coſtuͤme, das eigentliche Augenmerk des<lb/> Kuͤnſtlers. Nach ſolchen Proben aber wird, wem an hiſto-<lb/> riſcher Wahrheit mehr gelegen iſt, als an der Behauptung<lb/> vorgefaßter Meinungen, beurtheilen muͤſſen, was uͤber das<lb/> Studium der Denkmale von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName> an mehr als einer Stelle<lb/> angedeutet wird <note place="foot" n="*)">Die Hauptſtelle im Leben des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118622994">Tizian</persName> <hi rendition="#aq">(Ed. c. P. III. p. 813.).</hi><lb/> In beiden Originalausgaben wird die, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> beſonders angehende<lb/> Stelle wörtlich wiederholt, wie folgt <hi rendition="#aq">(<persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vas .</persName> ed. Torrigiani 1550. P. III.<lb/> p. 648. ed. Giunti 1568. P. III. p. 73.): E con tutto che egli havesse<lb/><hi rendition="#g">veduto</hi> tante anticaglie e che <hi rendition="#g">studiasse</hi> continovamente, non aveva<lb/> però per questo dato ancora alle sue figure una certa grandezza etc.<lb/> — <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118866737">Quatremère</persName> (p. 68. u. 83.)</hi> bezieht das nachſtehende abſolute (auf<lb/> jede Art künſtleriſcher Forſchung ſich beziehende) <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">studiasse</hi></hi> auf das<lb/> vorangehende <hi rendition="#aq">anticaglie</hi>. Ohne vorher zu ergänzen: <hi rendition="#aq">le studiasse</hi>, wo-<lb/> mit übrigens <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Vaſari</persName>, womit ſelbſt die <hi rendition="#aq">Crusca</hi> nicht möchte einverſtan-<lb/> den ſeyn, iſt ſeine Ueberſetzung gramm. <hi rendition="#g">falſch</hi>. Im Gegentheil iſt, auch<lb/> hiſtoriſch, der eigentliche Sinn dieſer ſchön geſagten Stelle dieſer: ob-<lb/> gleich <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> ſo viele antike Denkmale (mit Luſt) <hi rendition="#g">geſehn</hi> und un-<lb/> aufhörlich (die Natur, ſie nachbildend, ſie analyſirend) <hi rendition="#g">ſtudirt</hi> hatte,<lb/> ſo etc. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118866737">Q.</persName></hi> nimmt es mit ſeinen hiſt. Belegen überhaupt viel zu leicht;<lb/> hier aber täuſchte ihn ſein Vorurtheil für den akademiſchen Studienweg.</note>.</p><lb/> <p>Werden nun die anatomiſchen Studien des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118582143">Michelangelo</persName>,<lb/> wie <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphaels</persName> aͤſthetiſche der antiken Denkmale, zwar als et-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0109]
fuͤhrt worden, ihm ſelbſt, wie den damaligen Kuͤnſtlern uͤber-
haupt, vielleicht die Luſt, gewiß die Zeit fehlte. Die (ver-
haͤltnißmaͤßig ſparſamen) Studien nach antiken Denkmalen,
welche aus Raphaels Zeitalter ſich erhalten haben, lehren ohne
Ausnahme, daß man nur um des unmittelbaren Nutzens willen,
ohne hiſtoriſche Strenge, ſolche nachzeichnete, und auf der
Stelle das Nachzuzeichnende in die eben uͤbliche Manier ſeiner
Schule uͤberſetzte. Seltener ſind reine Formenſtudien, haͤufiger
Compoſition, Typus, Coſtuͤme, das eigentliche Augenmerk des
Kuͤnſtlers. Nach ſolchen Proben aber wird, wem an hiſto-
riſcher Wahrheit mehr gelegen iſt, als an der Behauptung
vorgefaßter Meinungen, beurtheilen muͤſſen, was uͤber das
Studium der Denkmale von Vaſari an mehr als einer Stelle
angedeutet wird *).
Werden nun die anatomiſchen Studien des Michelangelo,
wie Raphaels aͤſthetiſche der antiken Denkmale, zwar als et-
*) Die Hauptſtelle im Leben des Tizian (Ed. c. P. III. p. 813.).
In beiden Originalausgaben wird die, Raphael beſonders angehende
Stelle wörtlich wiederholt, wie folgt (Vas . ed. Torrigiani 1550. P. III.
p. 648. ed. Giunti 1568. P. III. p. 73.): E con tutto che egli havesse
veduto tante anticaglie e che studiasse continovamente, non aveva
però per questo dato ancora alle sue figure una certa grandezza etc.
— Quatremère (p. 68. u. 83.) bezieht das nachſtehende abſolute (auf
jede Art künſtleriſcher Forſchung ſich beziehende) studiasse auf das
vorangehende anticaglie. Ohne vorher zu ergänzen: le studiasse, wo-
mit übrigens Vaſari, womit ſelbſt die Crusca nicht möchte einverſtan-
den ſeyn, iſt ſeine Ueberſetzung gramm. falſch. Im Gegentheil iſt, auch
hiſtoriſch, der eigentliche Sinn dieſer ſchön geſagten Stelle dieſer: ob-
gleich Raphael ſo viele antike Denkmale (mit Luſt) geſehn und un-
aufhörlich (die Natur, ſie nachbildend, ſie analyſirend) ſtudirt hatte,
ſo etc. Q. nimmt es mit ſeinen hiſt. Belegen überhaupt viel zu leicht;
hier aber täuſchte ihn ſein Vorurtheil für den akademiſchen Studienweg.
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