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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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lässigung in der Ausführung des größten Theiles der genann-
ten Werke wirft auf die gefeyerte Kunstliebe Leo X. ein we-
nig günstiges Licht. Da Raphael gleichzeitig für entlegene
Kirchen, für Privatpersonen, viele seiner herrlichsten Bilder
gemalt hat, so muß die Ursache seiner Vernachlässigung dessen,
was er für den Fürsten gemalt, in dem Geschmacke, oder in
der Gleichgültigkeit dieses letzten liegen. Diese Vermuthung
trifft mit einer Andeutung des Vasari überein, daß Leo, wel-
cher dem Künstler große Summen schuldete, diesen mit der
Hoffnung auf reiche Pfründen und kirchliche Auszeichnungen
hingehalten habe *).

Unter den Werken Raphaels, auf welche der Fürst kei-
nen Einfluß ausgeübt, behaupten die Sibyllen in la Pace die
erste Stelle. Ich habe bereits gezeigt, daß die Gründe, nach
welchen man dieses Werk schon unter Julius II. entstehen
läßt, ganz unhaltbar sind; es bleibt mir, zu zeigen, daß sie
in den ersten Jahren der Regierung Leo X., um 1515, ge-
malt seyn müssen.

Der Hauptgrund ergiebt sich aus dem Technischen.
Noch in der Messe von Bolsena, im Heliodor, tritt, der Form,
wie besonders der Farbe nach, das Einzelne nicht selten als
ein für sich Bestehendes, für sich Durchgebildetes, aus dem
Ganzen zum Nachtheil der Gesammterscheinung zu deutlich
hervor. In viel späteren Jahren wiederum überließ Raphael
die Ausführung der Mauergemälde seinen Gehülfen, welche
bekanntlich sehr fleckig und wenig harmonisch a fresco ge-

*) Vasari, P. c. p. 87. -- Perche, avendo tanti anni servito la
corte, et essendo creditore di Leone di buona somma, gli era stato
dato indizio, che alla fine della sala (di Costantino) -- il Papa gli
avrebbe dato un capello rosso.

laͤſſigung in der Ausfuͤhrung des groͤßten Theiles der genann-
ten Werke wirft auf die gefeyerte Kunſtliebe Leo X. ein we-
nig guͤnſtiges Licht. Da Raphael gleichzeitig fuͤr entlegene
Kirchen, fuͤr Privatperſonen, viele ſeiner herrlichſten Bilder
gemalt hat, ſo muß die Urſache ſeiner Vernachlaͤſſigung deſſen,
was er fuͤr den Fuͤrſten gemalt, in dem Geſchmacke, oder in
der Gleichguͤltigkeit dieſes letzten liegen. Dieſe Vermuthung
trifft mit einer Andeutung des Vaſari uͤberein, daß Leo, wel-
cher dem Kuͤnſtler große Summen ſchuldete, dieſen mit der
Hoffnung auf reiche Pfruͤnden und kirchliche Auszeichnungen
hingehalten habe *).

Unter den Werken Raphaels, auf welche der Fuͤrſt kei-
nen Einfluß ausgeuͤbt, behaupten die Sibyllen in la Pace die
erſte Stelle. Ich habe bereits gezeigt, daß die Gruͤnde, nach
welchen man dieſes Werk ſchon unter Julius II. entſtehen
laͤßt, ganz unhaltbar ſind; es bleibt mir, zu zeigen, daß ſie
in den erſten Jahren der Regierung Leo X., um 1515, ge-
malt ſeyn muͤſſen.

Der Hauptgrund ergiebt ſich aus dem Techniſchen.
Noch in der Meſſe von Bolſena, im Heliodor, tritt, der Form,
wie beſonders der Farbe nach, das Einzelne nicht ſelten als
ein fuͤr ſich Beſtehendes, fuͤr ſich Durchgebildetes, aus dem
Ganzen zum Nachtheil der Geſammterſcheinung zu deutlich
hervor. In viel ſpaͤteren Jahren wiederum uͤberließ Raphael
die Ausfuͤhrung der Mauergemaͤlde ſeinen Gehuͤlfen, welche
bekanntlich ſehr fleckig und wenig harmoniſch a fresco ge-

*) Vasari, P. c. p. 87. — Perche, avendo tanti anni servito la
corte, et essendo creditore di Leone di buona somma, gli era stato
dato indizio, che alla fine della sala (di Costantino) — il Papa gli
avrebbe dato un capello rosso.
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[126/0148] laͤſſigung in der Ausfuͤhrung des groͤßten Theiles der genann- ten Werke wirft auf die gefeyerte Kunſtliebe Leo X. ein we- nig guͤnſtiges Licht. Da Raphael gleichzeitig fuͤr entlegene Kirchen, fuͤr Privatperſonen, viele ſeiner herrlichſten Bilder gemalt hat, ſo muß die Urſache ſeiner Vernachlaͤſſigung deſſen, was er fuͤr den Fuͤrſten gemalt, in dem Geſchmacke, oder in der Gleichguͤltigkeit dieſes letzten liegen. Dieſe Vermuthung trifft mit einer Andeutung des Vaſari uͤberein, daß Leo, wel- cher dem Kuͤnſtler große Summen ſchuldete, dieſen mit der Hoffnung auf reiche Pfruͤnden und kirchliche Auszeichnungen hingehalten habe *). Unter den Werken Raphaels, auf welche der Fuͤrſt kei- nen Einfluß ausgeuͤbt, behaupten die Sibyllen in la Pace die erſte Stelle. Ich habe bereits gezeigt, daß die Gruͤnde, nach welchen man dieſes Werk ſchon unter Julius II. entſtehen laͤßt, ganz unhaltbar ſind; es bleibt mir, zu zeigen, daß ſie in den erſten Jahren der Regierung Leo X., um 1515, ge- malt ſeyn muͤſſen. Der Hauptgrund ergiebt ſich aus dem Techniſchen. Noch in der Meſſe von Bolſena, im Heliodor, tritt, der Form, wie beſonders der Farbe nach, das Einzelne nicht ſelten als ein fuͤr ſich Beſtehendes, fuͤr ſich Durchgebildetes, aus dem Ganzen zum Nachtheil der Geſammterſcheinung zu deutlich hervor. In viel ſpaͤteren Jahren wiederum uͤberließ Raphael die Ausfuͤhrung der Mauergemaͤlde ſeinen Gehuͤlfen, welche bekanntlich ſehr fleckig und wenig harmoniſch a fresco ge- *) Vasari, P. c. p. 87. — Perche, avendo tanti anni servito la corte, et essendo creditore di Leone di buona somma, gli era stato dato indizio, che alla fine della sala (di Costantino) — il Papa gli avrebbe dato un capello rosso.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/148>, abgerufen am 23.11.2024.